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Nomen est Omen: Erwartung an Namen: Warum Menschen oft so aussehen, wie sie heißen

Nomen est Omen

Erwartung an Namen: Warum Menschen oft so aussehen, wie sie heißen

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    Wissenschaftler haben untersucht, ob Namen das Aussehen von Menschen beeinflussen können.
    Wissenschaftler haben untersucht, ob Namen das Aussehen von Menschen beeinflussen können. Foto: Justin Lane/EPA/dpa

    Menschen ähneln optisch offenbar tatsächlich dem mit ihrem Namen assoziierten Erscheinungsbild. Einfacher ausgedrückt: Viele Menschen sehen so aus, wie wir es uns vorstellen, wenn wir ihren Namen hören. Versuchspersonen können mit erstaunlicher Trefferquote unbekannten Menschen den richtigen Namen zuordnen, schreibt ein internationales Forscherteam im Fachblatt "Journal of Personality and Social Pschology"

    Doch nicht nur bei Menschen funktioniert die Assoziation von Aussehen und Namen. Auch Computer ließen sich darauf trainieren, Gesichtern den richtigen Namen zu geben. Nach dem Prinzip einer selbsterfüllenden Prophezeiung seien es vor allem stereotype Vorstellungen von Namen, die dafür sorgten, dass eine Person sich äußerlich dem annähere, was andere erwarteten, schreiben die Wissenschaftler.

    Menschen assoziieren Namen mit Aussehen und Charakter

    Bereits Kinder bekommen gesagt, dass sie Menschen nicht nach ihrem Äußeren beurteilen sollen. Aber dennoch tun wir es alle, schreiben die Forscher um Yonat Zwebner von der Hebrew University of Jerusalem in ihrem Artikel. Vom Aussehen eines Menschen schließen wir auf Charaktereigenschaften wie Intelligenz, Vertrauenswürdigkeit oder Warmherzigkeit. Und auch der Name lässt sich mit dem Aussehen assoziieren.

    Die Frage sei: Funktioniert das auch andersherum? Beeinflusst das Urteil anderer Menschen unser Aussehen? Konkret untersuchten die Wissenschaftler, ob der Name eines Menschen seine Erscheinung beeinflusse. Sie führten dazu zahlreiche Experimente durch. 

    So legten sie Hunderten Versuchspersonen Fotos und eine Auswahl von vier bis fünf Namen vor. Aufgabe war es, den passenden Namen für den Mensch auf dem Foto zu wählen. Die Versuchspersonen schafften das deutlich häufiger als nach dem Zufallsprinzip zu erwarten gewesen wäre, nämlich je nach Experiment in 25 bis 40 Prozent der Fälle. Hätten sie bloße Zufallstreffer gelandet, hätte die Quote von Aussehen und Namen nicht mehr als 20 bis 25 Prozent betragen dürfen. 

    Warum Namen wie Candida oder Gorgon verschwinden

    „Ausgestorbene Vornamen“ gibt es viele. Der ehemaligen Kreisheimatpfleger und Autor Professor Walter Pötzl spricht gar von Tausenden, wenn man bis in Mittelalter zurückgehen würde. Doch diese „ausgestorbenen Namen“ seien wichtig, wenn man die Ortsnamen erforsche. Oft sei der erste Teil des Wortes dabei ein Name. Wie zum Beispiel bei Dinkelscherben, das auf den Namen „Dankilo“ zurückgehe, erklärt Pötzl.

    Familiennamen gibt es im ländlichen Bereich erst im 13. und 14. Jahrhundert. Zuvor seien laut Pötzl nur Vornamen gebräuchlich gewesen. Die Familiennamen kommen als Erstes in den Städten auf, weil man dort angesichts wachsender Bevölkerung eine Unterscheidung brauchte.

    „Im Verlauf des hohen Mittelalters, ab etwa 1250, setzen sich die Namen der Heiligen durch“, berichtet Pötzl. In den katholischen Gegenden sei dies bis ins vorige Jahrhundert hinein der Brauch gewesen. Der Name des Heiligen wurde mit Bedacht ausgesucht, denn der Patron sollte den Täufling beschützen. Aus diesem Grund wurde auch ausschließlich der Namenstag und nicht der Geburtstag gefeiert.

    Früher sei der Name auch stark in die Sippe beziehungsweise Großfamilie eingebunden gewesen, so Pötzl. Das heißt, ein Vorname wurde weitervererbt, und der Sohn hieß dann wie der Vater oder der Taufpate. „Das spielt heute aber kaum noch eine Rolle“, erklärt Pötzl. Auch der Standespatron habe in der Vergangenheit eine wichtige Rolle gespielt, sagt der ehemalige Kreisheimatpfleger. So war der heilige Josef beispielsweise der Standespatron der Zimmerleute, und wer dieser Zunft angehörte, taufte oftmals auch seinen Sohn auf diesen Namen. Gleiches treffe auch auf den Kirchenpatron der jeweiligen Gegend zu. Wenn heute eine Frau Felizitas heiße, komme sie oder ihre Vorfahren oft aus Bobingen oder Anried, sagt Pötzl.

    Katakombenheilige sind Personen aus der Zeit des frühen Christentums, deren Gebeine aus den Katakomben in Rom entfernt wurden. Typischerweise sind solche Reliquien reich mit Gold und Edelsteinen verziert. Derartige Reliquien finden sich beispielsweise in Biberbach. „Dort gab es die heilige Candida, und aus diesem Grund hießen früher auch einige Frauen in dem Ort so“, erklärt Pötzl. Die Gutsherren seien damals darauf bedacht gewesen, dass die Leute ihre Kinder auf diese Namen taufen ließen. Aus diesem Grund gab es in Hiltenfingen Männer mit dem Namen Gorgon. Auch Thekla war früher ein eher seltener Vorname. Als in Welden die Theklakirche gebaut worden war, zahlten die Fugger jedem, der seine Tochter auf den Namen Thekla taufen ließ, fünf Taler. „Das entsprach immerhin dem Preis für eine halbe Kuh“, sagt Pötzl. Kein Wunder also, dass dort der Name sehr beliebt wurde.

    Die Forscher zeigten weiterhin, dass kulturelle Stereotype die Ergebnisse beeinflussen: Französische Testpersonen konnten französische Namen und Gesichter besser zuordnen, israelische Versuchspersonen besser hebräische Namen mit israelischen Gesichtern in Verbindung bringen.

    Schon die Frisur lässt sich mit bestimmten Namen assoziieren

    Schließlich fanden die Wissenschaftler heraus, dass einzelne kontrollierbare Charakteristika eines Gesichts - etwa die Frisur - ausreichten, um die Trefferquote bei der Namenszuordnung zu erhöhen. Und dass auch Computer lernen konnten, welche Gesichter zu welchen Namen passen. Das Programm, das sie mit fast 100.000 Gesichts-Namen-Paaren trainiert hatten, erreichte bei der Zuordnung von Namen und Aussehen eine Trefferquote von 54 bis 64 Prozent. 

    Ein soziales Etikett wie der Name beeinflusst scheinbar unser Aussehen, fasst Mitautorin Ruth Mayo, ebenfalls von der Hebrew University of Jerusalem, die Ergebnisse zusammen. "Von der Minute unserer Geburt unterliegen wir einer sozialen Gestaltung, nicht nur durch Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit und sozioökonomischen Status, sondern einfach durch die Wahl, die andere für unseren Namen getroffen haben." dpa/sh

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