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Problem Wildpinkler: Wie Städte gegen Wildbiesler kämpfen

Problem Wildpinkler

Wie Städte gegen Wildbiesler kämpfen

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    Wildbiesler verwenden das Ulmer Münster immer wieder als Pissoir. Deshalb hat die Stadt das Bußgeld erhöht.
    Wildbiesler verwenden das Ulmer Münster immer wieder als Pissoir. Deshalb hat die Stadt das Bußgeld erhöht. Foto: Birgit Holzer

    Egal ob in Paris, Hamburg, Köln, Mainz, Ulm oder jeder anderen großen und kleinen Stadt – sie sind überall: Wildbiesler. Also Menschen – meist Männer – , die, wenn sie mal dringend müssen, nicht die nächste Toilette nutzen. Stattdessen suchen sie die nächste Hauswand oder mehr oder weniger unbeobachtete Ecken auf. Zurück bleiben Gestank und Urinspuren.

    In Ulm etwa kämpft die Stadt seit Längerem gegen Menschen, die sich am Münster erleichtern. „Das Münster wird, glaube ich, nicht häufiger benutzt als andere Orte in der Stadt“, sagt Stadtsprecherin Marlies Gildehaus. „Aber der Sandstein ist einfach sehr empfindlich. Und Harnsäure greift ihn an.“ Deshalb fällt es dort besonders auf, wenn jemand die historischen Mauern als Toilette nutzt. Um das zu stoppen, hat die Stadt sogar das Bußgeld erhöht. Wer erwischt wird, muss 150 Euro zahlen. „Das Problem ist nur, wir erwischen fast nie jemanden auf frischer Tat“, sagt Gildehaus. Denn der Ordnungsdienst habe nicht die Möglichkeit, das Münster rund um die Uhr zu bewachen.

    Andere deutsche Städte geht das nicht weit genug. In Mainz, Köln und Hamburg erfahren Wildpinkler am eigenen Leib, wie unangenehm so ein Urinstrahl sein kann. Dort sind ganze Wände mit einem Speziallack angestrichen. Pinkelt jemand dagegen, kommt der Urin im 90-Grad-Winkel zurück. Diese Methode wird etwa im Hamburger Stadtteil Sankt Pauli – in dem die Reeperbahn liegt – seit 2015 angewandt. Die Aktion trägt den schönen Titel: „St. Pauli pinkelt zurück.“

    Wildpinkler: So löst Frankreich das Problem

    Und auch in Frankreich gibt es nun eine Lösung für das Problem. In Paris werden gerade knallrote „Uritrottoirs“, die am Rand von Bürgersteigen („Trottoirs“) stehen, ausprobiert. Pinkeln Männer hinein, düngen sie gleichzeitig noch Pflanzen, die aus den Blumentopf-Pissoir wachsen. Zwei solcher Pinkeltöpfe wurden als ein Pilotprojekt am Pariser Bahnhof Gare de Lyon aufgestellt. Aus ihnen wuchern Thymian und Rosmarin.

    „Das Uritrottoir besteht aus zwei Teilen“, erklärt Victor Massip vom Unternehmen Faltazi, das die Idee entwickelt hat: „Oben ist ein dekorativer Bereich mit Pflanzen im Topf. Darunter befindet sich ein Urin-Reservoir aus trockenem Material wie Sägespänen oder Streu. Daraus wird später Kompost.“ Der Geruch werde so neutralisiert. Im Inneren ist ein Sensor angebracht, der misst, wie voll das Pissoir ist. Es fasst bis zu 240 Liter, also rund 600 Toilettengänge. Eine chemische Reinigung ist demnach nicht notwendig. Und das macht die Methode laut Massip besonders umweltfreundlich.

    Die Stadt Nantes, in der das Unternehmen Faltazi seinen Sitz hat, will die alternativen Pissoirs ebenfalls testen. Anfragen kamen auch aus Cannes, Lausanne oder London. Und die Stadt Paris kann sich vorstellen, die „Uritrottoirs“ auch anderswo aufzustellen. Denn selbst ein Bußgeld von 180 Euro für Wildpinkeln und eine „Sauberkeits-Brigade“, die seit Herbst unterwegs ist, um unzivilisiertes Verhalten zu ahnden, konnten wenig ausrichten.

    Bleibt nur die Frage, ob die Öko-Pissoirs auch angenommen werden. Ein Schnupper-Rundgang am Gare de Lyon zeigt jedenfalls, dass dort die Luft nicht reiner ist als vorher. Offenbar kam es noch keineswegs bei allen Wildpinklern an, wie und wo sie sich künftig auf ökologisch einwandfreie Art und Weise erleichtern können.

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