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Bundestagswahl: 35 Parteien bei Bundestagswahl chancenlos - wieso treten sie an?

Bundestagswahl

35 Parteien bei Bundestagswahl chancenlos - wieso treten sie an?

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    Geballt auf einer Stellwand: Plakate der Außenseiter. 35 von 42 Parteien, die zur Bundestagswahl antreten, werden an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.
    Geballt auf einer Stellwand: Plakate der Außenseiter. 35 von 42 Parteien, die zur Bundestagswahl antreten, werden an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Foto: Holger Hollmann, dpa

    Wenn am Wahlsonntag die Balken steigen und verraten, wie viele Wähler nun für welche Partei gestimmt haben … Wer schaut da schon auf die rechte Seite der Skala? Der graue Balken ist unscheinbar. Vielleicht erwähnt ein Moderator, wie viele „Sonstige“ gewählt haben – danach wird nicht mehr über die kleinsten Parteien gesprochen.

    Eigentlich stehen Kandidaten von 42 Parteien zur Wahl. Dass aber zum Beispiel die V-Partei³ – die drei V stehen für Veränderung, Vegetarier und Veganer – in den Bundestag einzieht, gilt als ausgeschlossen. Trotzdem steht sie in zwölf Ländern, unter anderem in Bayern, auf dem Stimmzettel. Auch die Urbane, eine Hip-Hop-Partei, die es bisher nur in Berlin gibt, hat keine reale Chance. So geht es 35 Parteien, die nicht CDU, CSU, SPD, Linke, Grüne, FDP oder AfD heißen.

    Warum treten sie dann an? „In aller Regel aus Idealismus“, sagt Michael Koß, Politikwissenschaftler von der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Es gebe Ausnahmen. Doch grundsätzlich glaubten die Parteien, etwas bewirken zu können. Oft sind es Ein-Thema-Parteien, die ihr Anliegen in die Öffentlichkeit rücken wollen. Bei einigen käme dazu vielleicht noch ein gewisser Narzissmus, ein Geltungsbedürfnis. „Das ist im Bundestag aber auch nicht anders.“

    Kandidaten winkt über Parteienfinanzierung viel Geld

    Eine der Ausnahmen sei etwa „Die Partei“ – die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative. Die Satirepartei sei eher Marketing für „selbst ernannte Comedians im Allgemeinen und das Magazin Titanic im Besonderen“. Redakteure des Satireblattes haben sie 2004 gegründet, Vorsitzender ist der ehemalige Chefredakteur Martin Sonneborn. „Ich glaube, dass die Titanic damit ihre Verbreitung steigern konnte.“ Viele Mitglieder arbeiten im Bereich Satire oder Comedy. Sie versuchen durch „Die Partei“ bekannter zu werden und im Gespräch zu bleiben, schätzt Koß. (Zuletzt übernahmen sie geheime AfD-Gruppen auf Facebook.)

    Doch über die Parteienfinanzierung winkt den Kandidaten eine Menge Geld. 2016 wurden insgesamt 160,5 Millionen Euro an die Parteien überwiesen. Die Großen im Bundestag erhielten den Löwenanteil von knapp 140 Millionen. An FDP und AfD, die bei der letzten Bundestagswahl knapp scheiterten, gingen noch einmal etwas mehr als 15 Millionen Euro (FDP: 9,2 Millionen, AfD: 6,1 Millionen).

    Und auch der Rest ist ungleich verteilt. Mit Abstand vor den Kleinsten folgten 2016 Freie Wähler (1,6 Millionen), NPD (1,1 Millionen), Piraten (800.000) und ÖDP (800.000). Zehn weitere Parteien erhielten kleinere Beträge, das Schlusslicht bildete die von der Tierschutzpartei abgespaltene Tierschutzallianz mit knapp 3000 Euro.

    "Keine weitere Nische" für kleine Parteien

    Wie Koß zusammenfasst: „Wenn man vergleicht, was man reinsteckt und was man herausbekommt … Es gibt einfachere Wege, um an Geld zu kommen.“ Denn, um überhaupt staatliche Förderungen zu bekommen, müssen einige Hürden genommen werden. Bei einer Landtagswahl sind ein Prozent der Stimmen nötig, bei einer Europa- oder Bundestagswahl sind es 0,5 Prozent. Und eine Partei kann maximal so viel Steuergeld erhalten, wie sie selbst erwirtschaftet hat. Sie kann also höchstens zu 50 Prozent vom Staat finanziert werden.

    Für die ersten vier Millionen Stimmen gibt es dann einen Euro, für jede weitere 85 Cent. Koß sagt: „Die stehen nicht im Regen, wenn sie das halbe Prozent bei einer Bundestagswahl erreichen. Aber das fällt ja auch nicht vom Himmel.“ Viele Parteien gehen daher komplett leer aus, auch wenn sie eine Menge Arbeit in ihren Wahlkampf stecken.

    Sollten wir uns die kleinen Parteien merken? „Nee, ich glaube nicht“, antwortet der Experte. Zwar gebe es kleine Parteien, die sich über Jahre halten. Doch dass eine davon in den nächsten Jahren im großen politischen Betrieb mitmischen kann, glaubt er nicht. „Ich sehe da aktuell keine weitere Nische.“

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