Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Alleinerziehende brauchen dringend mehr Unterstützung

Kommentar

Alleinerziehende brauchen dringend mehr Unterstützung

Lea Thies
    • |
    Während die Zahl der Familien in den vergangenen 20 Jahren insgesamt abgenommen hat, gibt es immer mehr Elternteile, die ohne Partner mit Kindern leben.
    Während die Zahl der Familien in den vergangenen 20 Jahren insgesamt abgenommen hat, gibt es immer mehr Elternteile, die ohne Partner mit Kindern leben. Foto: Peter Kneffel, dpa (Symbolbild)

    Alleinerziehende Eltern sind in Deutschland längst keine Seltenheit mehr: In knapp jeder fünften Familie erziehen Eltern nicht gemeinsam, Tendenz steigend. 2,4 Millionen Kinder lebten 2017 bei nur einem Elternteil – auch hier Tendenz steigend. In neun von zehn Familien ist eine Mutter das Oberhaupt einer solchen Einelternfamilie. Wie die jüngste Statistik zudem zeigt, verdienen alleinerziehende Eltern nach wie vor in der Regel weniger, sind häufiger überschuldet und wesentlich armutsgefährdeter als Zweielternfamilien. Im Alltag bedeutet das: Geldnot bereitet Sorgen. Gestresste Eltern, gestresste Kinder. Manch Mutter oder Vater droht zudem die Altersarmut, weil sie nicht genügend in die Rentenkassen einzahlen und auch keinen Cent für eine private Altersversorgung zur Seite legen können, wenn das Geld im Alltag schon an allen Ecken und Enden fehlt.

    Es ist daher allerhöchste Zeit, dass diese Familien auf breiter Front mehr Unterstützung bekommen: von den Parteien, dem Gesetzgeber, der Wirtschaft, den Behörden und auch der Gesellschaft. Schließlich kümmern sich nicht nur klassische Familien und Lebensgemeinschaften darum, dass die nächste Generation von Rentenzahlern aufwächst. Dieser Beitrag für die Gesellschaft ist unbezahlbar. Kinder sind unser wertvollster Rohstoff – und deren sorgenfreies Aufwachsen sollte uns einiges wert sein.

    Es hat sich schon ein bisschen was getan

    Alleinerziehende sind zum Glück gesellschaftlich nicht mehr so stark stigmatisiert wie noch in den 1960er oder 1970er Jahren, wobei sich viele Betroffene an dem Wort „alleinerziehend“ an sich stören, weil es nach ausgegrenzt, alleingelassen klingt. Sie sprechen daher lieber von Einelternfamilien. Gesellschaftlich ist dieser Status jedenfalls relativ normal geworden. Durch das Internet können sich Einelternfamilien heute zudem besser vernetzen. Der Gesetzgeber hat ebenfalls ein Stück weit reagiert: Für Elternteile, deren Ex-Partner keinen Unterhalt bezahlt, wurde beispielsweise das Unterhaltvorschussgesetz ausgeweitet. Es gibt steuerliche Sonderregelungen für Einelternfamilien. Diese Entlastungen reichen aber an die von verheirateten Paaren (ob mit oder ohne Kinder) bei weitem nicht heran und bringen Gutverdienern Extra-Euros in die Tasche, nicht aber etwa den 33 Prozent der Alleinerziehenden, die von Armut bedroht sind. Wer wenig Steuern zahlt, bekommt auch wenig Steuern zurück.

    Selbst Arbeitgeber zögern, wenn es um Mütter geht

    Für den Staat gibt es noch viel zu tun: Eine Kindergrundsicherung beispielsweise würde vielen Einelternfamilien helfen. Ein schnellerer Kita-Ausbau und mehr Einrichtungen, die auch bis abends geöffnet haben, würden Väter und Mütter unterstützen, Familie und Arbeit besser unter einen Hut zu bekommen und sich so vor Altersarmut zu schützen. Oder wie wäre es mit einer Ausweitung der Mütterrente, wodurch auch die wichtige Erziehungsleistung von nicht arbeitenden oder teilzeitbeschäftigten Eltern anerkannt würde?

    Auch die Arbeitgeber müssen flexibler sein. Manch Personaler stellt keine Alleinerziehenden ein, mit dem Argument: „Was, wenn das Kind krank ist?“. Dass viele Alleinerziehende zwangsläufig gut organisieren und netzwerken können, wird da oft übersehen. Und ebenfalls, dass es durch die Digitalisierung so einfach wie nie ist, auch mal im Homeoffice zu arbeiten.

    Letztlich würden auch viele Einelternfamilien davon profitieren, wenn Behörden unbürokratisch und mit Weitsicht Einzelfallentscheidungen treffen, anstatt Eltern in Schubladen zu pressen und im Behördendschungel Zeit und Nerven zu rauben – Zeit und Kraft, die ihnen für ihre Kinder dann fehlen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden