Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Jahresbericht Amnesty International: Amnesty spricht von Horrorjahr: Enthauptungen und Massenhinrichtungen

Jahresbericht Amnesty International

Amnesty spricht von Horrorjahr: Enthauptungen und Massenhinrichtungen

    • |

    Für Amnesty International  war 2014 ein besonders verhängnisvolles Jahr. Für die Organisation war das vergangene Jahr "katastrophal" und niederschmetternd".In der Mitteilung zum Jahresbericht von Amnesty International heißt es, dass angesichts der neuen Art von Gewalt, die von Gruppen wie dem IS und Boko Haram ausgeht, die internationale Gemeinschaft überfordert sei.

    Versklavte Mädchen und Frauen, Massenhinrichtungen vor Kinderaugen, zu Propagandazwecken gefilmte Enthauptungen: Der Terror in Syrien und im Irak ist derzeit für Amnesty International eine der größten Bedrohungen für die Menschenrechte überhaupt, mit Auswirkungen über die Region hinaus - auch auf die Menschenrechte in Europa und den USA

    Amnesty im Jahresbericht: Wachsende Macht der IS besorgniserregend

    Das ist die Organisation IS

    IS ist eine islamistische Organisation. Sie hat das Ziel, einen Islamischen Staat zu errichten. Dieses Kalifat soll die Länder Syrien und Irak, aber auch den Libanon, Israel und Jordanien miteinander vereinen.

    IS steht für Islamischer Staat. Gebräuchlich ist auch die Abkürzung ISIL, das steht für Islamischer Staat im Irak und in der Levante oder ISIS für Islamischer Staat im Irak und in Syrien.

    Ihr Ziel verfolgen die Anhänger der Organisation mit militärischen Mitteln und brutalster Gewalt, darunter Bombenattentate, Folter, und Hinrichtungen von Zivilisten.

    IS kämpft an vielen Fronten. Die Terrorgruppe geht bewaffnet gegen die Regierungen in Syrien und im Irak vor, führt Krieg gegen schiitische Gläubige und vermeintliche sunnitische Kollaborateure.

    Die IS hat ihre Wurzeln in der Widerstandsbewegung gegen die Besetzung des Iraks nach dem Irakkrieg 2003.

    Die Gruppe profitierte 2013 vom Machtkampf der von Schiiten dominierten Regierung in Bagdad mit Sunniten und beherrscht inzwischen weite Teile des Iraks.

    Im syrischen Bürgerkrieg hat Isis vor allem im Nordosten des Landes die Kontrolle erlangt. Dort griff die Gruppe kurdische Städte an und massakrierten Zivilisten.

    In den besetzten Gebieten verordnen die Dschihadisten der Bevölkerung strenge Regeln. So sollen Frauen die Häuser nur noch verlassen, wenn es unbedingt notwendig ist. Alkohol und Rauchen ist verboten, ebenso Veranstaltungen und freie Presse.

    Im April 2014 sagte sich IS von Al-Kaida los. Deren Führung habe sich von den Grundsätzen des "Heiligen Krieges" entfernt, hieß es.

    Wie viele Menschen sich IS angeschlossen haben, ist unklar. Schätzungen sprechen von bis zu 15.000 Kämpfern.

    Anführer der Bewegung ist seit Mai 2010 Abu Bakr al-Baghdadi. Die USA führt ihn als einen der meistgesuchten Terroristen der Welt.

    IS wirbt im Internet aktiv um Kämpfer aus Europa. «Isis macht eine sehr gute Öffentlichkeitsarbeit», sagte der EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung, Gilles de Kerchove. Die Islamisten hätten sogar Kameras auf ihre Kalaschnikows geschraubt, um ihre Operationen in Echtzeit im Internet zu übertragen.

    Finanziert wurde IS zu Beginn von saudischen und katarischen Gönnern. Mittlerweile hat die Organisation mit mafiösen Methoden eigene Einnahmequellen erzeugt, etwa mit dem Schmuggel von Öl.

    "Besonders besorgniserregend ist die wachsende Macht nicht-staatlicher Gruppen, darunter die Gruppe, die sich selbst Islamischer Staat (IS) nennt", heißt es in der Mitteilung zum Jahresbericht der Organisation, die Verstöße gegen Menschenrechte in 160 Ländern untersucht hat. Auch Boko Haram in Nigeria und Al-Shabaab in Somalia gehören zu den Gruppierungen, die quasi-staatliche Strukturen anstreben und nicht an etablierten Landesgrenzen haltmachen. Die Gewalt, die von ihnen ausgeht, habe zugenommen, schreibt Amnesty nüchtern.

    Doch nicht nur Terroristen quälten die Bevölkerung mit Anschlägen, Morden und Folter. Praktisch im selben Atemzug nennen die Menschenrechtler die Reaktionen von Regierungen. "Von Baga (im nigerianischen Bundesstaat Borno) bis Bagdad (im Irak) haben Regierungschefs versucht, Menschenrechtsverletzung zu rechtfertigen mit Reden von der Notwendigkeit, die Welt "sicher" zu machen", kritisiert Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty.

    Amnesty International: IS lenkt von Gewalt der syrischen Regierung ab

    Das ist die Terror-Sekte "Boko Haram"

    Die Terror-Sekte Boko Haram kämpft im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias für einen islamischen Staat. Der Name bedeutet so viel wie „westliche Erziehung ist Sünde“.

    Bei Angriffen und Anschlägen auf Sicherheitskräfte, Behörden, Schulen und Kirchen soll die Gruppierung seit dem Jahr 2009 mehr als zehntausend Menschen getötet haben.

    Schlagzeilen machen die Islamisten mit der Entführung von 276 Schülerinnen im April 2014. Der Aufruf #bringbackourgirls geht um die Welt.

    Die „nigerianischen Taliban“, wie sich die Islamisten auch nennen, machen erstmals 2004 mit einem Trainingslager „Afghanistan“ an der Grenze zum Nachbarland Niger auf sich aufmerksam.

    Gegründet wird die Sekte wohl 2002 vom Prediger Mohammed Yusuf. Er stirbt 2009 bei Kämpfen mit den Streitkräften. 2014 gilt Abubakar Shekau als Anführer.

    Die Regierung in Nigeria ist trotz des massiven Einsatzes der Armee nicht in der Lage, der Gewalt Herr zu werden.

    Beispiel Syrien: Die Schreckenstaten des IS hätten für eine Weile abgelenkt von der Gewalt der syrischen Regierungskräfte, heißt es. Diese setzten Fassbomben ein, griffen Krankenhäuser an und blockierten die Versorgung Unbeteiligter mit Nahrung, Wasser und Medikamenten. Den Fassbomben-Vorwurf hat Präsident Baschar al-Assad erst vor rund zwei Wochen in einem BBC-Interview als "kindisch" zurückgewiesen. Allerdings erheben ihn auch andere Gruppen, etwa Human Rights Watch.

    In Nigeria leidet die Bevölkerung ebenfalls unter staatlicher Gewalt. "Gemeinden, die seit Jahren von Boko Haram terrorisiert werden, sind zunehmend Übergriffen der staatlichen Sicherheitskräfte ausgesetzt, die regelmäßig mit außergerichtlichen Tötungen, willkürlichen Massenfestnahmen und Folter geantwortet haben", schreibt Amnesty. 

    Im Irak habe die Regierung angesichts des Terrors schiitische Milizen auf sunnitische Gemeinden "losgelassen", die angeblich mit dem IS sympathisierten. Alleine von Januar bis Oktober habe der Konflikt im Irak 10 000 Zivilisten das Leben gekostet. Auch unter der neuen Regierung kämen bei Luftangriffen auf IS-Gebiete Zivilisten um.

    "Globale Antwort war beschämend und wirkungslos"

    Die internationale Gemeinschaft findet keine Antwort auf die Gewaltexzesse, militärisches Eingreifen stoppt die Spirale der Gewalt bislang nicht. "Die globale Antwort auf Konflikte und Misshandlungen durch Staaten und bewaffnete Gruppen war beschämend und wirkungslos", beklagt Generalsekretär Shetty. 

    "Trostlos" sei der Ausblick auf das laufende Jahr, wenn sich daran nichts ändere: Mehr Zivilisten, die unter der quasi-staatlichen Herrschaft brutaler Terrorgruppen leben müssen, mehr Flüchtlinge. Aber auch mehr Überwachung im Westen, wo Regierungen und Geheimdienste den "Krieg gegen den Terror" als Vorwand nutzten, um die eigene Bevölkerung zu bespitzeln. 

    Aber was sollen sie stattdessen tun? Darauf liefert der Amnesty-Bericht auch keine Antwort. Die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats sollen auf ihr Vetorecht verzichten, so lautet die einzige konkrete Forderung - sie richtet sich gegen Moskau und Peking, die immer wieder Resolutionsentwürfe zum Syrien-Konflikt gestoppt haben. Dass sie ihr Recht auf ein Nein verbindlich aufgeben, scheint unrealistisch. dpa/AZ

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden