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Leitartikel: Angela Merkels CDU kann aus dem Vollen schöpfen

Leitartikel

Angela Merkels CDU kann aus dem Vollen schöpfen

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    Schwarz-Gelb in Düsseldorf und Jamaika in Kiel - Kanzlerin Angela Merkel hat gut lachen.
    Schwarz-Gelb in Düsseldorf und Jamaika in Kiel - Kanzlerin Angela Merkel hat gut lachen. Foto: Michael Kappeler, dpa (Archiv)

    Der erste Anlauf ging gründlich daneben. Im November 2009 bildete der damalige Ministerpräsident des Saarlandes, Peter Müller, die erste schwarz-gelb-grüne Jamaika-Koalition. Doch was damals euphorisch als Aufbruch in ein neues politisches Zeitalter gefeiert wurde, endete wegen heftiger Personalquerelen der Saar-FDP rasch im Chaos. Müllers Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer erklärte im Januar 2012 das Experiment für gescheitert und bildete eine Große Koalition mit der SPD. Der Traum der CDU, mit dem ungewöhnlichen Bündnis mit den Liberalen und Ökos eine neue Machtoption zu haben, war fürs Erste geplatzt. Jamaika blieb eine ferne Vision.

    Nun jedoch feiert das ungewöhnliche Dreierbündnis eine überraschende Wiedergeburt. In Schleswig-Holstein haben sich CDU, FDP und Grüne ebenso zügig wie geräuschlos auf einen Koalitionsvertrag geeinigt, der weit über das kleine Land zwischen der Nordsee und der Ostsee ausstrahlt. Drei Monate vor der Bundestagswahl ist die Botschaft aus Kiel im Rest der Republik unüberhörbar: Es muss nicht immer Große Koalition sein.

    Alle Beteiligten profitieren davon: Die Union kann mit allen Parteien außer der AfD und der Linken koalieren. Die FDP beweist, dass es sie noch gibt und dass sie aus dem Stand regierungsfähig ist. Und auch für die Grünen, die auf Bundesebene so verunsichert und orientierungslos wie schon lange nicht mehr sind, demonstrieren ihren Willen wie ihre Bereitschaft, Regierungsverantwortung zu übernehmen und bündnisfähig in beide Richtungen zu sein.

    Vom Dreierbündnis profitieren CDU, FDP und Grüne

    Für Angela Merkel könnte es kurz vor Beginn der heißen Phase des Wahlkampfes besser kaum laufen. Wie im Märchen vom Hasen und Igel müht sich die SPD vergebens. Was sie auch macht, sie steht mit leeren Händen da. Die CDU ist längst da und hat das Feld besetzt. Dass sich gleichzeitig in Nordrhein-Westfalen CDU-Wahlsieger Armin Laschet mit FDP-Chef Christian Lindner auf ein schwarz-gelbes Bündnis einigt, fügt sich in dieses Bild. Die liberal-konservative Koalition ist nicht tot, sondern könnte im Herbst nach den Umfragen sogar wieder möglich sein.

    Zweierbündnis, Dreierbündnis, mal mit der SPD, mal mit den Grünen, in NRW erstmals wieder mit der FDP, in Sachsen-Anhalt mit SPD und Grünen und nun in Schleswig-Holstein mit der FDP und den Grünen – unter Angela Merkel hat sich die Union in der Mitte so breitgemacht, dass für die SPD kein Platz mehr ist. Kanzlerkandidat Martin Schulz, eben noch als Heilsbringer gefeiert, verliert eine Machtoption nach der anderen. Rot-Rot-Grün stand ohnehin nie wirklich zur Debatte, nach ihrem Parteitag im Wochenende in Essen hat sich die Linke endgültig für die Fundamentalopposition entschieden. Und auch die Grünen, einst der natürliche Koalitionspartner im linken Lager, wenden sich zunehmend ab. Für die SPD-geführte Ampel, die in Rheinland-Pfalz gut funktioniert, gibt es auf Bundesebene so gut wie keine tragfähige Grundlage. Ohne eigene Machtoption aber wird es Schulz so ergehen wie seinen gescheiterten Vorgängern Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück.

    Angela Merkel dagegen kann aus dem Vollen schöpfen. Natürlich, Jamaika in Kiel ist ein Ergebnis der spezifischen Verhältnisse in Schleswig-Holstein. Was an der Küste funktioniert, muss noch lange nicht für den Bund taugen. Und doch regt das Bündnis, das den Ausgleich von Ökonomie und Ökologie, von Sicherheit und Freiheit, von sicheren Arbeitsplätzen und dem Schutz der Natur sucht, die Fantasie an. Es gibt Alternativen zur Großen Koalition – in Kiel und vielleicht bald auch schon in Berlin.

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