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Landtagswahl im Saarland: Annegret Kramp-Karrenbauer bremst den Schulz-Zug

Landtagswahl im Saarland

Annegret Kramp-Karrenbauer bremst den Schulz-Zug

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    Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer am Samstag beim Straßenwahlkampf in Saarbrücken.
    Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer am Samstag beim Straßenwahlkampf in Saarbrücken. Foto: Imago

    Annegret Kramp-Karrenbauer pflegt einen nüchtern-analytischen Politikstil, wirkt stets überlegt und unaufgeregt. Man könnte auch sagen cool. Stets wurde die CDU-Ministerpräsidentin des Saarlands gefragt, ob sie nicht Angst vor dem „Schulz-Effekt“ habe, der die SPD in den Umfragen nach oben schnellen ließ. Tatsächlich gab es in den vergangenen Wochen ein halbes Dutzend Umfragen, wonach die 54-jährige gebürtige Saarländerin als Randfigur vom Sog eines kaum zu bremsenden „Schulz-Zug“ weggewirbelt werden könnte. Doch Kramp-Karrenbauer blieb stets gelassen, wenn sie auf die Begeisterung um SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz angesprochen wurde. „Ich sehe keine Wechselstimmung an der Saar“, sagte sie trocken. Am Ende behielt sie recht. Nicht die SPD, sondern ihre CDU legte deutlich zu.

    In Berlin im Willy-Brandt-Haus in Berlin-Kreuzberg war an diesem Sonntagabend eigentlich alles für eine rauschende Siegesparty vorbereitet. Eine Woche nach dem Sonderparteitag, bei dem Schulz mit dem historischen Wert von 100 Prozent zum neuen SPD-Chef gekürt worden ist, sollten der Triumph im Saarland und die Regierungsübernahme in Saarbrücken an der Seite der Linken gefeiert werden.

    Anhänger der CDU jubeln in Saarbrücken.
    Anhänger der CDU jubeln in Saarbrücken. Foto: Oliver Dietze (dpa)

    Doch als um Punkt 18 Uhr die Prognosen der Meinungsforschungsinstitute über die aufgestellten Monitore flimmern, bleibt den Genossinnen und Genossen buchstäblich der Jubel im Hals stecken. Von einem Moment auf den anderen ist die gute Stimmung verflogen, eisiges Schweigen macht sich breit. Ist das nur ein kleiner Dämpfer, Ausdruck der sehr speziellen Verhältnisse im Saarland – oder der Anfang vom Ende des Hypes um den neuen SPD-Chef Martin Schulz? Verpufft der Schulz-Effekt sogar, bevor das Superwahljahr in seine heiße Phase gekommen ist?

    Zu eindeutig ist das Ergebnis, zu klar der Vorsprung der CDU mit Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer, zu groß der Rückstand der SPD. Schon nach der Prognose ist klar: Für Rot-Rot an der Saar reicht es nicht. Es bleibt nur die Fortsetzung der ungeliebten Großen Koalition. Es gibt kein Signal für eine Mehrheit links der Mitte. „Ohje“, stöhnt eine Sozialdemokratin, „das darf doch nicht wahr sein“, ruft ein anderer.

    Justizminister Heiko Maas, selber Saarländer, gibt unverzüglich die Devise aus: „Das war keine Testwahl für den Bund“, auch wenn er etwas kleinlaut zugeben muss: „Die Bäume sind für uns nicht in den Himmel gewachsen.“ Man habe sich ein besseres Ergebnis gewünscht.

    Das ist Martin Schulz

    Martin Schulz wurde am 20. Dezember 1955 in Hehlrath (heute Stadt Eschweiler) geboren. Mit seiner Frau Inge hat er zwei gemeinsame Kinder.

    Der gerlernte Buchhändler tratt 1974 in der SPD ein und engagierte sich bei den Jusos (Jungsozialisten).

    Seit 1999ist Schulz Mitglied des SPD-Parteivorstandes und Parteipräsidiums.

    Schulz und die Europa-Politik: Mitglied des Europäischen Parlaments ist Martin Schulz seit 1994. Von 2014 bis 2017 war er der Präsident des Europäischen Parlaments.

    Ende 2016 kündigte Schulz seinen Wechsel in die Bundespolitik an:

    Seit kurzem ist bekannt, dass er als neuer SPD-Kanzlerkandidat bei der Bundestagswahl 2017 antreten wird. Der Parteivorsitzende Gabriel hat auf dieses Posten verzichtet.

    2016 wurde die Biografie "Martin Schulz - vom Buchhändler zum Mann für Europa" veröffentlicht. In dem Buch kommen unter anderem die Wegbegleiter Sigmar Gabriel und Jean-Claude Juncker zu Wort.

    Martin Schulz wird immer wieder als wortgewant, witzig, impulsiv und direkt beschrieben.

    Lesen und Fußball sollen zu seinen Hobbys zählen.

    Auch Martin Schulz, der trotz des kräftigen Dämpfers an der Saar mit lautem Beifall und Jubel empfangen wird, redet nicht lange um den heißen Brei herum, sondern räumt die Niederlage ein. Das sei ein klarer Sieg der amtierenden Ministerpräsidentin des Saarlandes, die nicht nur die Potenziale der Union voll ausgeschöpft habe, sondern der es auch gelungen sei, „in umfangreicher Weise“ zu mobilisieren. „Da gibt es nichts zu beschönigen, das ist nicht der Abend, den wir uns erhofft haben.“ Der angestrebte Regierungswechsel sei zumindest an der Saar nicht möglich. Gleichwohl will sich Schulz nicht entmutigen lassen. In der Politik sei es wie im Fußball, wenn man ein frühes Tor kassiere, müsse die Mannschaft zusammenrücken und kämpfen. „Wir werden die nächsten Tore auf unserer Seite machen“, meint er mit Blick auf die Wahlen in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen im Mai. „Das ist ein Langstreckenlauf und kein Sprint.“

    Einige Kilometer westwärts, im Konrad-Adenauer-Haus am Rande des Tiergartens, können die Christdemokraten dagegen ihr Glück kaum fassen. Bis vor wenigen Tagen noch prognostizierten die Meinungsforscher ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit knappem Ausgang und sogar einen Machtverlust zugunsten einer Koalition von SPD und Linken, intern fürchtete man sich gar vor einem „Fehlstart“ ins Superwahljahr. Umso größer ist die Erleichterung, dass ihr populäres Zugpferd Kramp-Karrenbauer quasi im Alleingang die CDU zu einem in dieser Höhe nicht erwarteten Sieg geführt hat. Die Regierungschefin an der Saar, die wegen ihres unaufgeregten, pragmatischen und unprätentiösen Auftretens auch als „kleine Merkel“ gilt, profitiert von ihren extrem guten Werten und hat die SPD klar geschlagen.

    Landtagswahl Saarland 2017

    „Es gibt eine klare Wahlsiegerin, dass ist die CDU mit Annegret Kramp-Karrenbauer“, jubelt Generalsekretär Peter Tauber. Die Menschen im Saarland hätten sich „für Stabilität und Verlässlichkeit entschieden“, gibt er den Tenor für den Bundestagswahlkampf vor, in dem die Union mit ähnlichen Attributen für die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel werben wird. Zudem sei die CDU die einzige Partei, die sich klar von den „Populisten von links und rechts“ distanziert habe. Vor allem registriert man im Adenauer-Haus aufmerksam, dass selbst eine Mehrheit der SPD-Wähler eine rot-rote Koalition abgelehnt und sich für ein Fortsetzen der Großen Koalition ausgesprochen habe.

    Wahlsiegerin Kramp-Karrenbauer gilt als Vertraute der Kanzlerin und sitzt seit 2010 für die CDU im Bundespräsidium. Sie war immer wieder für höchste politische Ämter in Berlin im Gespräch, das Magazin Cicero handelte sie sogar einmal als Merkel-Nachfolgekandidatin. Im kleinsten Flächenland der Republik ist sie geboren und aufgewachsen, da lebt ihre Familie und dort spricht man Saarländer Dialekt: „Für mich ist, wenn ich mich wirklich daheim fühlen will, es absolut notwendig, dass ich Platt rede“, sagt sie.

    Anke Rehlinger (SPD/l) Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) werden die Koalition wohl fortsetzen.
    Anke Rehlinger (SPD/l) Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) werden die Koalition wohl fortsetzen. Foto: Uwe Anspach (dpa)

    Ihre steile Politik-Karriere hat sie nicht geplant. „Viele glückliche Zufälle haben mir dabei geholfen“, sagt die Mutter von drei Söhnen, seit 2011 erste Ministerpräsidentin des Saarlandes. Eigentlich wollte sie vor dem Abi Hebamme werden, danach dachte sie an Lehrerin. Als 18-Jährige trat sie in die CDU ein und studierte Jura und Politik. Ihre politische Leidenschaft hatte sie da bereits entdeckt – für ihr Heimatland im Südwesten Deutschlands.

    „Ich fühle mich hier im Saarland ungeheuer wohl.“ In ihrer Heimat gilt sie als sehr volksnah. Sie kann gut mit den Leuten „schwätzen“, wie es hier heißt. Laut Wahlanalysen hat sie einen überragend hohen Beliebtheitsgrad, weit vor allen Bundespolitikern. Ganze 80 Prozent der Wähler attestieren ihr gute Arbeit. AKK, wie sie im Saarland genannt wird, ist beliebt: Gesprächspartner loben ihre „offene, kommunikative Art“. Im Karneval tritt sie seit Jahren als „Putzfrau Gretel vom Landtag“ auf und zieht Politiker aller Couleur durch den Kakao, sich selbst eingeschlossen: „Man muss sich auch auf die Schippe nehmen können.“ (mit dpa)

    Lesen Sie auch: Kommentar zur Saarland-Wahl: Dämpfer für die Schulz-SPD

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