Mit Anfang 60 den Beruf an den Nagel hängen und die Zeit nur noch mit den Enkeln in der Natur verbringen, und das bei vollen Rentenbezügen? Das will die Große Koalition in Deutschland für kurze Zeit Arbeitnehmern ermöglichen, die 45 Jahre lang berufstätig waren. Aber weltweit geht der Trend in eine andere Richtung. Global gesehen ist sogar die Rente mit 70 längst kein Tabu mehr.
EU-Kommissar Günther Oettinger hat dieser Tage mit seiner Forderung nach einer längeren Lebensarbeitszeit viele aus ihren Träumen gerissen. Wie eine Antwort darauf klingen die neuesten Nachrichten aus Australien. Dort müssen sich die Bürger in den kommenden Jahren darauf einstellen, erst mit 70 in den Ruhestand gehen zu können.
Schatzkanzler Joe Hockey von der neuen liberalen Regierung in Canberra hat angekündigt, die Reform bis 2029 durchzusetzen. Damit befänden sich die Australier in guter Gesellschaft: Die britische Regierung hat bereits im Herbst jungen Arbeitnehmern eröffnet, dass sie wohl mit einem Berufsleben bis 70 rechnen müssen.
In manchen Ländern gibt es keine Altersgrenze
Bis 2050 werden die Menschen in den meisten OECD-Ländern frühestens mit 67 in Rente gehen, schätzt die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in einer Studie von 2013. Diese Entwicklung lässt sich auch in der EU ablesen: 20 europäische Regierungen wollen das Renteneintrittsalter in den kommenden Jahren anheben. Das reicht derzeit von rund 60 Jahre für Franzosen bis 66 Jahre für Italiener und Iren.
Die Finnen dürfen zwischen 63 und 68 Jahren selbst entscheiden, wann sie zu Hause bleiben wollen - je nachdem, wie lange sie schon gearbeitet haben. In Schweden und Tschechien gibt es gar keine Altersgrenze.
Gleich wie lange Arbeitnehmer künftig auf ihren Ruhestand warten müssen, einen Trost sollte es geben. Mit steigender Lebenserwartung verlängern sich nicht nur die Arbeitsjahre, sondern, hoffentlich, auch die Zeit danach.