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Kommentar: Bayerns Albtraum: Hört das denn nie auf?

Kommentar

Bayerns Albtraum: Hört das denn nie auf?

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    Bayern fühlt sich seit einer Woche im Ausnahmezustand.
    Bayern fühlt sich seit einer Woche im Ausnahmezustand. Foto: Andreas Gebert, dpa

    Es ist unser Job, kühlen Kopf zu bewahren – auch dann, wenn wir fassungslos sind, wenn uns eigentlich zum Heulen zumute ist. Seit einer Woche prasseln rund um die Uhr Informationen, Spekulationen, Falschmeldungen, Vorwürfe auf uns ein. Unsere Aufgabe ist es, zu sortieren, Antworten zu geben. Nur welche Antworten?

    Emotionen haben wenig Platz, wenn immer neue Eilmeldungen die Lage im Stundentakt verändern. Eigentlich will man schreien: Hört das denn nie auf? Eigentlich will man das Smartphone in die Ecke werfen. Diese Woche ist einfach zu viel für die Menschen in Bayern.

    Es war kein Terror-Angriff: Darf man da erleichtert sein?

    Es ist schon spät in der Nacht zum Samstag, als die Münchner Polizei Entwarnung gibt. Der Attentäter ist tot, er hatte keine Komplizen. Und vor allem: Er war kein Islamist. Ein komisches Gefühl kommt auf. Nach dem Schock, nach der Unsicherheit, nach dem Stress. Es ist Erleichterung.

    Aber darf man überhaupt erleichtert sein? Darf man Aufatmen, weil es kein Terroranschlag war? Die Opfer sind tot und das Leben vieler Menschen wird nie mehr so sein wie zuvor. Für sie macht es keinen Unterschied, welche Motive der Mörder hatte.

    In unserer Berichterstattung ist es trotzdem wichtig, zu unterscheiden. Selten war es so schwierig, den Überblick zu behalten, Nachrichten richtig einzuschätzen, Meinungen von Fakten zu trennen.

    Sind jetzt alle verrückt geworden?

    Während wir noch zu erklären versuchen, wie der Asylbewerber in Würzburg zur tickenden Zeitbombe werden konnte, sterben in München die ersten Menschen. Während wir noch Hinweise suchen, wie ein Deutsch-Iraner, der sein ganzes Leben in Bayern verbracht hat, zum Amokläufer werden konnte, geht in Ansbach eine Bombe hoch.

    Sind denn jetzt alle verrückt geworden? Diese Frage stellt ein Freund auf Facebook. Es ist eine jener Fragen, die sich viele Menschen gerade stellen und auf die weder Politiker noch Medien Antworten haben – auch wenn viele das offenbar erwarten. Auch wenn Leute über Regierende schimpfen, die sich nicht schnell genug vor eine Fernsehkamera stellen. Wenn Zuschauer sich beschweren, dass die Kollegen vom Fernsehen zwar auf Dauersendung sind, aber vieles einfach noch nicht wissen.

    Es gilt, einen kühlen Kopf zu bewahren

    Die sozialen Netzwerke sind die Bühne der Vereinfacher, der Populisten, der Nörgler und Verschwörungstheoretiker. Doch gerade in diesen furchtbaren Tagen darf es nicht darum gehen, möglichst schnell irgendetwas zu antworten. Das gilt für die Ermittler, für die verantwortlichen Politiker, für uns Journalisten.

    Es ist unser aller Job, kühlen Kopf zu bewahren, auch wenn das momentan verdammt schwerfällt.

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