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Italien: Bürgermeister in Italien wehren sich gegen harte Flüchtlingspolitik

Italien

Bürgermeister in Italien wehren sich gegen harte Flüchtlingspolitik

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    Die Regierung in Italien weigert sich, Flüchtlingsboote in Italien anlegen zu lassen.
    Die Regierung in Italien weigert sich, Flüchtlingsboote in Italien anlegen zu lassen. Foto: Chris Grodotzki/Sea-Watch.org, dpa

    Neues Jahr, alte Probleme. Wie schon im vergangenen Jahr weigert sich die Regierung in Rom, Flüchtlingsschiffe von Nichtregierungsorganisationen im Mittelmeer in italienische Häfen einlaufen zu lassen. 49 Menschen warten weiterhin auf zwei Schiffen der deutschen Hilfsorganisationen Sea-Watch und Sea-Eye vor Malta darauf, dass sich die europäischen Politiker auf eine Lösung einigen.

    Allerdings regt sich in Italien immer mehr Unmut über die amtliche Gnadenlosigkeit. Die Bürgermeister der Städte Palermo und Neapel haben sich zur Aufnahme der Flüchtlinge bereit erklärt. Auch der katholische Bischof von Turin sagte, seine Diözese würde einige Familien aufnehmen.

    Bürgermeister kritisieren harte Linie von Innenminister Salvini

    Vor allem auf lokaler Ebene regt sich der Widerstand gegen die harte Linie von Innenminister Matteo Salvini. Die Rede ist vom „Aufstand der Bürgermeister“. Palermos Stadtoberhaupt Leoluca Orlando gilt als Anführer, weil er sich als erster gegen das neue Sicherheitsgesetz der Populisten-Regierung in Rom stellte, das Ende Dezember in Kraft trat. Darin wird die „Aufenthaltsgenehmigung aus humanitären Gründen“ für Migranten de facto abgeschafft. Von ihr profitierten in Italien bislang etwa 120.000 Menschen. Das könnte die Städte ins Chaos stürzen, fürchtet Orlando. Die Betroffenen würden ihren Anspruch auf Grundversorgung verlieren und stünden plötzlich auf der Straße, „so, als wären sie eben von einem Boot gestiegen“, sagte Orlando der Zeitung Die Welt.

    Seine Amtskollegen in Mailand, Neapel, Florenz sowie in zahlreichen kleineren Städten und Gemeinden zeigten sich solidarisch. Orlando war allerdings am weitesten gegangen. Mit einer Anordnung hatte er die Stadtbeamten Palermos angewiesen, die Vorgaben des neuen Sicherheitsgesetzes zu ignorieren und das alte Recht anzuwenden.

    „Solange ich Minister bin, werden die Regeln respektiert“, entgegnete Innenminister Salvini. „Es gibt nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten.“ Am Montag teilten die Präsidenten der Regionen Toskana, Umbrien und Piemont mit, dass sie Beschwerde gegen das Sicherheitsgesetz beim Verfassungsgericht einreichen wollen.

    Flüchtlingsschiffe dürfen nicht anlegen

    Salvini hat wie schon im Vorjahr einen Hafen-Stopp gegen die Schiffe der Hilfsorganisationen verfügt. Auch Malta erlaubt zwei Schiffen deutscher Hilfsorganisationen bislang nicht, den Hafen von La Valetta anzulaufen. Die „Sea-Watch 3“ einer Berliner Hilfsorganisation hat seit über zwei Wochen 32 Personen an Bord. Auch das Schiff der Regensburger Organisation Sea-Eye liegt in Wartestellung vor der Mittelmeerinsel. Am 29. Dezember nahm die Besatzung 17 Menschen auf.

    Die Bedingungen an Bord der Schiffe verschlechtern sich offenbar. Am Montag wurde bekannt, dass einige Migranten auf der Sea-Watch 3 die Nahrung verweigerten. „Wir fürchten, dass sich ihr psychischer und gesundheitlicher Zustand deutlich verschlechtert“, twitterte Sea-Watch. Auf der Sea-Eye würden Wasservorräte jetzt streng rationiert, teilte die Organisation mit. Papst Franziskus hatte am Sonntag die EU-Staaten zu „konkreter Solidarität“ aufgerufen.

    Trotz Salvinis Blockadehaltung zeichnet sich ein Kompromiss ab. Das berichteten italienische Medien am Montag. Wie es heißt, verhandle Premier Giuseppe Conte mit den Regierungen in Deutschland, Frankreich, Portugal, den Niederlanden und Malta. Italien sei bereit, 15 Personen aufzunehmen. Sobald Malta die Landung der Schiffe im Hafen von La Valletta gestatte, könnten die Flüchtlinge auf die betreffenden Staaten verteilt werden. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin sagte, Deutschland habe „sehr früh entschieden“, sich an einer europäischen Lösung zur Aufnahme der Geretteten zu beteiligen. Dazu sei aber die „Mitwirkung der europäischen Partner“ nötig.

    Streit um Flüchtlinge ist Belastungsprobe für Regierung

    Für die italienische Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega ist der Streit um die Flüchtlinge eine neue Belastungsprobe. Immer mehr Anhänger und Politiker der Fünf Sterne gehen auf Distanz zu Parteichef Luigi Di Maio, insbesondere weil er letztlich die harte Sicherheitspolitik von Innenminister und Lega-Chef Salvini mittrage. Erst vergangene Woche hatte die Parteiführung zwei Senatoren ausgeschlossen, weil sie im Parlament gegen das Sicherheitsgesetz gestimmt hatten. Die Regierungsmehrheit in der entscheidenden Parlamentskammer ist damit geschwächt. Das Bündnis hat im Senat nur noch vier Stimmen Vorsprung vor der Opposition.

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