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Interview: Chef der Augsburger Aktienbank erklärt, wie Sparer heute noch Erfolg haben

Interview

Chef der Augsburger Aktienbank erklärt, wie Sparer heute noch Erfolg haben

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    Für Geld auf dem Sparbuch gibt es derzeit so gut wie keine Zinsen.
    Für Geld auf dem Sparbuch gibt es derzeit so gut wie keine Zinsen. Foto: Daniel Karmann, dpa

    Herr Behrens, als Kinder brachten wir zum Weltspartag immer unser Sparschwein zur Bank. Wie soll man den Kleinen heute noch erklären, dass sich Sparen rentiert, wenn es dafür vielleicht 0,1 Prozent Zins gibt?

    Lothar Behrens: Der Anreiz zu sparen wird derzeit durch die niedrigen Zinsen für jeden geringer. Das ist für meine kleine Tochter nicht anders als für mich selbst. Trotzdem hat der Weltspartag seine Berechtigung. Es geht um die Grundidee der Vorsorge: Ich lege etwas zurück, um später etwas für mich zu haben. Der Zins ist eine zusätzliche Belohnung für das Sparen. Leider ist er heute eher negativ als positiv.

    EZB-Chef Mario Draghi hat am Donnerstag eine Reduzierung der Anleihekäufe angekündigt. Ist das der erste Schritt für eine baldige Zinswende für die Sparer?

    Behrens: Die Europäische Zentralbank reduziert zwar das Volumen, kauft jedoch auch 2018 weiterhin monatlich Anleihen für 30 Milliarden Euro. Eine Zinserhöhung für Sparer ist damit vor dem Jahr 2019 wohl nicht mehr zu erwarten. Die Aktienmärkte reagierten sofort mit neuen Rekordhochs und zeigen ebenfalls deutlich, dass wir weiter mit sehr niedrigen Zinsen rechnen müssen.

    Brauchen denn die Banken unser Geld nicht mehr?

    Behrens: Die niedrigen Zinsen sind von der Notenbank gewollt. Die Notenbank will, dass die Wirtschaft gestützt wird und die Menschen ihr Geld lieber ausgeben als es auf die hohe Kante zu legen. Es gibt viel daran zu kritisieren, man muss aber auch sagen: Es funktioniert. Die Konjunktur in Deutschland ist stark. Gehen Sie nur einmal in ein Möbelhaus. Dort haben die Berater in der Einbauküchen-Abteilung viel zu tun. Und viele Handwerksbetriebe sind ausgebucht.

    Sparen ist also nicht en vogue. Trotzdem steigt das private Geldvermögen in Deutschland. Wie kann das sein?

    Behrens: Die Deutschen sparen zwar weniger, aber sie sparen nach wie vor. Die Frage ist, ob sie in der richtigen Art und Weise sparen. Mit 0,1 Prozent Zins auf dem Tagesgeldkonto kann es mit der Altersvorsorge schwierig werden. Die Deutschen mögen aufgrund mehrerer Erfahrungen bei der Geldanlage kein Risiko. Gerade wer langfristig Geld zurücklegt, darf aber ein paar Risiken eingehen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich Rückschläge über die Zeit ausgleichen.

    Wie spart man heute denn richtig?

    Behrens: Finanzplanung ist zuallererst Lebensplanung. Klugerweise fängt man damit an, zu überlegen, was man im Leben vorhat. Jeder ist in einer anderen Lebensphase. Der eine ist jung, der andere etwas älter. Einer will eine Familie gründen, ein Haus bauen, der andere eine Rücklage für Unvorhergesehenes bilden. Das alles hat Bedeutung für die Wahl des richtigen Produkts.

    Angenommen, ich bin 21 und spare für den nächsten Urlaub. Was tun?

    Behrens: Wenn ich jetzt spare, um nächstes Jahr nach Mallorca zu fliegen, sollte ich Geld einfach auf die Seite legen. Wenn ich Aktien kaufe, kann es sein, dass mein Urlaub platzt, weil die Aktien gerade weniger wert sind. Wenn Sie männlich und 21 sind, dann sollten Sie aber auch daran denken, dass Sie statistisch 90 Jahre alt werden, Frauen sogar 94 Jahre. Denn wenn wir über die Altersvorsorge nachdenken, besteht die berechtigte Sorge, dass wir jetzt unsere Zukunft verkonsumieren. Das Gegenteil wäre notwendig. Wenn der Zins sinkt, müsste man eigentlich mehr sparen, um im Alter das Gleiche zu haben.

    Wie spart man richtig für die Rente?

    Behrens: Wer 30 Jahre vor sich hat, in denen er monatlich Geld zurücklegen kann, um im Alter eine zusätzliche Versorgung zu haben, der sollte auf jeden Fall in Aktien anlegen. Diese erwirtschaften erfahrungsgemäß auf so lange Sicht die beste Rendite. Auch an eine Lebensversicherung sollte man denken, auch wenn darüber kontrovers diskutiert wird.

    Lebensversicherungen stehen wegen der niedrigen Verzinsung in der Kritik…

    Behrens: Viele halten Lebensversicherungen als nicht mehr empfehlenswert, da der Versicherungsgedanke verkannt wird. Wer einen Angehörigen im Pflegeheim hat, weiß, was es bedeutet, lange zu leben. Ein langes Leben kann ganz schön teuer werden. Wer also davon ausgeht, dass er alt wird, muss wissen, dass er bis zum letzten Tag ein Einkommen braucht. Dafür ist eine Versicherung ein gutes Instrument. Das Rentnerdasein wird immer länger dauern. Heute 18-Jährige werden statistisch weit über 90 Jahre alt werden. Dafür sollte das Geld vom Rentenbeginn bis zum Lebensende reichen, sonst wird es 20 bis 30 Jahre lang extrem ungemütlich.

    Kommen wir zurück zu den Aktien. Wie spart man richtig mit Aktien?

    Behrens: Bei langfristiger Vorsorge sollte man darauf achten, dass man sich nicht eine einzelne Aktie aussucht. Denn wenn man Pech hat, war es die Air-Berlin-Aktie. Besser ist es, mehrere zu haben. Besäße man zum Beispiel gleichzeitig Lufthansa-Aktien, sieht die Lage besser aus. Der Lufthansa-Kurs hat sich in den letzten Jahren verdoppelt. Man muss also breit streuen, am besten sehr breit. Dies kann man mit Investmentfonds oder Einzelaktien, falls man etwas mehr Geld hat.

    Wird aber bei Dax-Rekordständen von zuletzt über 13.000 Punkten nicht langsam das Eis an der Börse dünn?

    Behrens: In der aktuellen Situation, darf man sich fragen, ob bei den Rekordständen der ideale Zeitpunkt ist, alles Geld am Aktienmarkt zu investieren. Das kann schiefgehen. Es kann immer Korrekturen geben. In den Rekorden an den US-Börsen steckt aus meiner Sicht schon viel Fantasie. Andererseits besteht die Gefahr, dass man für immer von der Seitenlinie aus zuschaut, wenn man nie einsteigt. Auch 9000 Punkte waren einmal ein Dax-Rekord. Ich glaube, dass die Empfehlung, in kleinen Schritten, breit gestreut und über einen längeren Zeitraum zu investieren, die richtige ist. Denn damit minimiere ich das Risiko, bei einem Kauf den teuersten Tag zu erwischen. Das ideale Instrument ist meines Erachtens dafür ein Sparplan über längere Zeit.

    Ein Sparplan überzeugt alle Sparer, wenn die Kurse steigen. Was aber, wenn es einmal abwärtsgeht?

    Behrens: Genau da liegt der Vorteil des Sparplans. Kauft man jeden Monat fix für 100 Euro, bekommt man zum Beispiel mehr Fondsanteile, wenn der Fonds im Wert fällt. Dieser Effekt ist gut für mich als Anleger. Ein Sparplan diszipliniert auch. Das ist es, was man an der Börse braucht: Geduld. Der stärkste Verbündete des Aktienanlegers ist die Zeit.

    Sparpläne werden häufig an Fonds geknüpft. Davon gibt es viele. Welche eignen sich für Privatanleger?

    Behrens: Die wichtigste Frage ist: In was investiere ich eigentlich? Wer auf die weltweite Wirtschaft setzt, kann in den Aktienindex MSCI World mit 1600 Aktien investieren. Ein Fonds, der diesen Index abbildet – ein ETF – ist dann keine schlechte Idee. Ich muss mir als Anleger aber bewusst sein, dass ich dann genau die Wertentwicklung des Index bekomme. Es gibt keinen Manager, der die Bremse zieht, wenn es in die falsche Richtung geht. Wer in eine spezielle Branche investieren will, für den kann es besser sein, einen aktiv gemanagten Fonds zu kaufen. Die Biotech-Branche zum Beispiel ist sehr schwankungsanfällig. Da kann es gut sein, einen Experten zu haben, der eine Auswahl trifft.

    Wie erkenne ich einen gut gemanagten Fonds?

    Behrens: Ich würde schauen, wie lange es den Fonds gibt, welche Bewertung er von einer Ratingagentur hat, ob er eine vernünftige Größe hat und wie hoch die Kosten sind.

    Manche Leute haben kein Geld zum Sparen, sondern Schulden – zum Beispiel nach dem Hauskauf. Was bedeutet es für sie, wenn die Zinsen steigen?

    Behrens: Wer in letzter Zeit Kredite aufgenommen hat, profitiert von einem sehr günstigen Zins. Steigt einmal der Zins und die Zinsbindung wird fällig, dann wird der Kredit teurer. Angenommen, man hat eine Baufinanzierung zu zwei Prozent mit einem Prozent Tilgung und einer Laufzeit von zehn Jahren abgeschlossen. Dann ist nach 10 Jahren nicht viel getilgt. Steigt das Zinsniveau auf vier Prozent, wird der Kredit doppelt so teuer, die monatliche Rate würde sich fast verdoppeln. Die Empfehlung lautet also: Die Laufzeit länger festschreiben oder aufteilen. Und sich auf keinen Fall zu hohe Schulden aufladen. Besser ist es deshalb, die Tilgung lieber auf zwei bis drei Prozent zu setzen. Dann hat man bei steigenden Zinsen einen Puffer und kann im Notfall die Tilgung herunterschrauben.

    Was würden Sie eigentlich raten, wie man seine Ersparnisse aufteilt?

    Behrens: Mindestens drei Gehälter sollten kurzfristig verfügbar sein. Das Auto oder die Waschmaschine kann immer kaputt gehen. Alles, was darüber hinausgeht, kann man als Ersparnis aufteilen. Je längerfristig man anlegt, desto höher darf der Aktienanteil sein. Etwas Gold darf man auch haben – praktisch als Versicherung gegen politische Betriebsunfälle. Aber nicht mehr als zehn Prozent. Und eines sollte man nicht vergessen: zu leben.

    Zur Person: Lothar Behrens, 48, ist Vorstandssprecher der Augsburger Aktienbank, zu der seit 2015 auch die Netbank gehört.

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