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Österreich: Christian Kern: Ein Seiteneinsteiger steigt aus

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Christian Kern: Ein Seiteneinsteiger steigt aus

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    Christian Kern bei seinem letzten Auftritt: „Einen guten Roten erkennt man am Abgang“
    Christian Kern bei seinem letzten Auftritt: „Einen guten Roten erkennt man am Abgang“ Foto: Hans Punz, dpa

    Zum Schluss seiner Politikerkarriere hat Christian Kern noch einen Scherz auf Lager: "Einen guten Roten erkennt man am Abgang", sagt der frühere österreichische Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzende, als er am Samstagmittag seinen endgültigen Rückzug aus der Politik verkündet. Auf der Hochzeitsfeier von Gerhard Schröder im Berliner Hotel Adlon am Freitag sei die endgültige Entscheidung gefallen, heißt es. Erst am Samstagmorgen um 8 Uhr informierte Kern seine Nachfolgerin, SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Kern will nun doch nicht als Spitzenkandidat der Sozialdemokraten bei der Europawahl antreten, obwohl er das bei seinem Rücktritt vom Parteivorsitz vor zwei Wochen angekündigt hatte.

    Andreas Schieder soll ersten SPÖ-Listenplatz bekommen

    Statt Kern wird der erfahrene Außenpolitiker Andreas Schieder den ersten SPÖ-Listenplatz bekommen, ein Trostpflaster für die Parteilinke: Schieder muss als bisheriger Fraktionschef im Nationalrat zugunsten von Rendi-Wagner zurücktreten. Kern erklärte, er habe versucht, ein breites Bündnis mit Liberalen und Grünen gegen die Allianz von Rechts in Europa zu schmieden. In Österreich wollte er eine gemeinsame Liste mit Grünen und Neos aufstellen. Auf der sollten auch unabhängige Kandidaten stehen. Das lehnte die SPÖ-Spitze entschieden ab. Besonders die Gewerkschaften stellten sich quer. Er habe erfahren, "dass es als ehemaliger Regierungschef nicht möglich ist, die innenpolitische Bühne zu verlassen", sagte Kern. Die Diskussion über die Europawahl als "Schlacht aller Schlachten" habe nicht im Vordergrund gestanden, sondern eine Fortsetzung des "innenpolitischen Klein-Kleins".

    Kern fühlte sich als Oppositionschef nicht wohl

    In der ungeliebten Rolle des Oppositionschefs gegen den jungen konservativen ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz, der ihm im Wahlkampf die Schau als Modernisierer gestohlen hatte, fühlte sich Kern nie besonders wohl. Am 18. September trat er völlig überraschend vom SPÖ-Vorsitz zurück und kündigte Stunden später an, sich künftig auf die Europapolitik konzentrieren zu wollen.

    Doch nun möchte der 52-Jährige, der als Manager Karriere gemacht hatte, bevor er als Seiteneinsteiger in die Politik kam, zurück in die Wirtschaft. "Ich hab immer gesagt, ich bin kein Berufspolitiker und ich möchte nicht bis an mein Lebensende in der Berufspolitik – bei allem Respekt davor – bleiben", sagte Kern. Mit konkreten Posten habe er sich aber noch nicht beschäftigt. Zuletzt war Kern Chef der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) und zuvor Vorstand des größten österreichischen Energieversorgers Verbund AG.

    Seine von ihm entdeckte Nachfolgerin spottet über ihn

    Seine Nachfolgerin als SPÖ-Chefin wird die 47-jährige Joy Pamela Rendi-Wagner – ebenfalls eine Art Seiteneinsteigerin. Kern holte die Medizinprofessorin 2017 als Gesundheitsministerin in sein Kabinett. Rendi-Wagner ist selbst erst seit eineinhalb Jahren Mitglied der SPÖ und hat dort keine Hausmacht. Dass Kern ihr Förderer war, hilft ihr bei der Wahl zur Parteivorsitzenden im November nicht. Doch von ihrem Förderer hat sie sich längst emanzipiert: Auf die Frage, warum man ihr nach all den Turbulenzen in der SPÖ vertrauen solle, antwortete sie jüngst: "Weil ich nicht Christian Kern bin."

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