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Flüchtlinge: Dauerstreitthema Familiennachzug: Fragen und Antworten

Flüchtlinge

Dauerstreitthema Familiennachzug: Fragen und Antworten

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    Verheiratete Flüchtlinge waren meist mit ihren Ehepartnern und Kindern nach Deutschland geflohen.
    Verheiratete Flüchtlinge waren meist mit ihren Ehepartnern und Kindern nach Deutschland geflohen. Foto: Carsten Rehder, dpa

    Ob am Kabinetts- oder am Stammtisch - das Thema "Familiennachzug" ist seit dem Flüchtlingszustrom in den Jahren 2015 und 2016 stets für einen handfesten Streit gut. Dabei sind sich die Kontrahenten oft nicht einmal über die Zahl der erwarteten nachziehenden Familienangehörigen von Flüchtlingen einig. Von einigen Hunderttausenden ist immer mal wieder die Rede. Andere sprechen von einer Million, AfD-Fraktionschef Alexander Gauland argumentiert sogar mit vier Millionen. Forscher haben nun versucht, Klarheit in das Zahlen-Wirrwarr zu bringen. Hier Antworten auf die wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit dem Thema "Familiennachzug":

    Warum ist das Thema "Familiennachzug" ein Dauerstreitthema?

    Mit dem Thema "Familiennachzug" verbinden vielen Menschen die Furcht vor einer zweiten Flüchtlingswelle - ähnlich der in den Jahren 2015 und 2016. Allein 2015 waren mehr als 800.000 Asylsuchende nach Deutschland gekommen - so viele wie nie zuvor. Dabei fehle es schon jetzt an Wohnungen, heißt es oft. Schulen und Kindergärten würden mit den nachziehenden Kindern überfordert. Dem hatte der frühere Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Frank-Jürgen Weise, stets entgegenhalten: Wer seine Familie in seinem Heimatland zurücklassen müsse, fasse in Deutschland nicht Fuß. 

    Mit welchen Dimensionen muss Deutschland nach Einschätzung von Fachleuten beim Familiennachzug von Flüchtlingen rechnen?

    Es gibt bisher nur wenige seriöse Prognosen dazu. Die derzeit wahrscheinlich zuverlässigste ist die des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Der Migrationsforscher Herbert Brücker, der sich auf eine Befragung von 4800 Flüchtlingen beruft, geht in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie für die in den Jahren 2015 und 2016 nach Deutschland eingereisten Flüchtlinge von 100.000 bis 120.000 nachziehenden Ehepartnern und Kindern aus - eine Menge, die Brücker für bewältigbar hält.

    Was bedeutet es, wenn auch Angehörige von Flüchtlingen mit einem eingeschränkten Schutzstatus, sogenannte subsidiär Geschützte, nach Deutschland einreisen dürfen?  

    Das würde nach der jüngsten IAB-Erhebung die Zahl der nachziehenden Ehegatten und Kinder deutlich erhöhen - nämlich um rund 50 Prozent auf 150.000 bis 180.000. Dass es nicht mehr sind, hat nach Brückers Erkenntnissen vor allem zwei Gründe: Viele der in den Jahren 2015 und 2016 nach Deutschland gekommenen Asylbewerber sind jung und ledig. Von jenen wiederum, die verheiratet sind und Kinder haben, sind verhältnismäßig viele zusammen mit ihren Familien nach Deutschland geflüchtet. Dadurch kämen auf jeden in dem Zeitraum Geflüchteten statistisch nur 0,28 Ehepartner und Minderjährige.

    Wie stehen die Chancen, dass 2018 auch Flüchtlinge mit einem eingeschränkten Schutzstatus ihre Angehörigen nach Deutschland nachholen dürfen?

    Das hängt vom Ausgang der anstehenden Regierungsbildung in Berlin ab - und ob sich die Befürworter in einer möglichen Jamaika-Koalition durchsetzen werden. Für einen Familiennachzug für Flüchtlinge mit einem sogenannten subsidiären Schutzstatus haben sich wiederholt die Grünen und die FDP ausgesprochen. Die beiden Unionsparteien wollen dagegen dieser Flüchtlingsgruppe über den 15. März 2018 hinaus verbieten, enge Familienangehörige nachziehen zu lassen. 

    Was ist von dem Argument zu halten, dass mit dem Familiennachzug für engste Angehörige auch weitere Verwandte versuchen werden, in den Genuss der Familiennachzugs-Regelung zu kommen - also auch Eltern und Geschwister von Geflüchteten?

    Migrationsforscher Brücker schließt eine solche Möglichkeit wegen der Gesetzeslage weitgehend aus: Entferntere Verwandte sind nicht nachzugsberechtigt - mal von einzelnen Härtefällen abgesehen. Eher rechnet er aufgrund früherer Erfahrungen mit dem Familiennachzug damit, dass längst nicht alle im Herkunftsland zurückgebliebenen Ehefrauen und Kinder auch tatsächlich nach Deutschland nachziehen werden. Manche fühlten sich pflegbedürftigen Angehörigen in ihrer Heimat verpflichtet, andere seien dort weiter stark verwurzelt. Für andere sei schließlich ein deutsches Konsulat unerreichbar weit entfernt. Und einige könnten sich eine Reise nach Deutschland schlicht und einfach nicht leisten. dpa

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