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Parlamentswahlen: Der Präsident ist fast am Ziel

Parlamentswahlen

Der Präsident ist fast am Ziel

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    Schon kurz nach der Stimmabgabe im Wahllokal zeigte sich der französische Präsident Emmanuel Macron in Siegerpose. Er sollte recht behalten. Sein Lager gewann die erste Runde der Parlamentswahlen mit großem Vorsprung. 	 	„Wir müssen heute alle für Macrons Partei wählen gehen, damit er regieren kann.“
    Schon kurz nach der Stimmabgabe im Wahllokal zeigte sich der französische Präsident Emmanuel Macron in Siegerpose. Er sollte recht behalten. Sein Lager gewann die erste Runde der Parlamentswahlen mit großem Vorsprung. „Wir müssen heute alle für Macrons Partei wählen gehen, damit er regieren kann.“ Foto: Christophe Petit Tesson, afp

    Der Kellner in einem Pariser Café hat ein starkes politisches Sendungsbedürfnis. Manchen seiner Gäste serviert er an diesem sonnigen Sonntag neben einem kühlen Getränk auch eine Aufforderung: „Wir müssen heute alle für Macrons Partei wählen gehen, damit er regieren kann. Alles andere würde uns ins Chaos führen.“

    In wenigen Worten hat er damit zusammengefasst, worauf es gestern bei der ersten Runde der französischen Parlamentswahlen ankam: Zum einen auf die Wahlbeteiligung, die mit weniger als 50 Prozent besonders tief lag und damit nicht gerade ein überwältigendes Interesse der Franzosen widerspiegelt. Zum anderen ergab sich ein hohes Ergebnis von mehr als 32 Prozent für die Präsidentenpartei La République En Marche (REM), die für die zweite Runde am kommenden Sonntag sehr gut positioniert zu sein scheint.

    Ersten Hochrechnungen zufolge könnte die Partei zwischen 390 und 430 der insgesamt 577 Sitze gewinnen. Demnach wird sie auf eine spektakulär eindeutige Weise eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung erreichen. Das gibt Präsident Emmanuel Macron großen Handlungsspielraum für die Umsetzung seiner politischen Projekte, allen voran Reformen des Arbeitsrechts, aber auch in den Bereichen der Sicherheit oder der Bildungspolitik.

    Der 39-Jährige wird damit ein Präsident mit einer enormen Machtfülle sein – so groß, dass er sich selbst etwas sorgte, wenn man dem Enthüllungsblatt Le Canard Enchaîné glaubt. „Wir werden viele Abgeordnete haben, fast zu viele“, sagte der Präsident demzufolge. Macron wird sie führen müssen, um ein Durcheinander zu vermeiden.

    Denn zum einen handelt es sich bei den REM-Bewerbern Macrons Versprechen einer Erneuerung gemäß um zahlreiche Politik-Neulinge, die bislang andere Jobs ausübten, und eine hohe Anzahl von Frauen. Zum anderen erscheint die Opposition so geschwächt wie nie zuvor nach einem langen, aufreibenden Präsidentschaftswahlkampf und dem Sieg Macrons.

    Die Sozialisten, die bislang eine Mehrheit mit fast 300 der insgesamt 577 Sitze innehatten, stürzten ab und könnten nur noch 20 bis 35 halten. Parteichef Jean-Christophe Cambadélis sprach von „beispiellosen Verlusten der gesamten Linken“. Die Partei hat sich in fünf Jahren unter Präsident François Hollande in Anhänger einer moderat unternehmerfreundlichen Regierungslinie einerseits und einen Flügel der Parteilinken als innerparteilicher Opposition andererseits gespalten, denen wiederum die radikale Linke um ihren Spitzenkandidaten Jean-Luc Mélenchon Konkurrenz machte. Mélenchon punktete gestern wenig und lag mit rund elf Prozent unter den Erwartungen. Zwischen elf und 21 Sitze könnten für die Kandidaten des Linkspopulisten herauskommen. Alle Parteien, die mehr als 12,5 Prozent der Stimmen erhielten, qualifizieren sich für die zweite Runde.

    Stärkste und zugleich massiv geschwächte Oppositionskraft werden wohl die konservativen Republikaner, die ersten Hochrechnungen zufolge gestern bei 21,5 Prozent lagen. Indem Macron bei der Regierungsbildung so demonstrativ auf die Republikaner zuging, dass er mit Édouard Philippe und Bruno Le Maire sogar rechtsbürgerliche Premierminister und Wirtschaftsminister einsetzte, sorgte er für zusätzliche Unruhe in der Partei, die die zweite Runde der Präsidentschaftswahl verpasst hatte.

    Stattdessen war Rechtspopulistin Marine Le Pen der Einzug in die Stichwahl im Mai gelungen. Zwar fuhr die Chefin des Front National mit 34 Prozent einen historischen Erfolg ein – doch wahrgenommen wurde er als Niederlage, weil er ihr die Grenzen aufzeigte.

    Auch in der gestrigen ersten Parlamentswahlrunde erzielte der Front National mit rund 14 Prozent ein enttäuschendes Ergebnis, das ihm drei bis zehn Sitze einbringen könnte. Für die Bildung einer eigenen Gruppe sind aber 15 Abgeordnetensitze nötig. Le Pen selbst lag in ihrem Wahlkreis im Norden des Landes an der Spitze, ein Mandat scheint in Reichweite.

    Doch anders als bei vielen Wahlen in den vergangenen Jahren bestimmte nicht die Rechtspopulistin die Analysen des Abends. Man fokussierte sich auf Macrons Partei wie so mancher Pariser Kellner.

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