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Migration: Deutschland ist offener gegenüber Einwanderern

Migration

Deutschland ist offener gegenüber Einwanderern

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    Einer von vielen: Fast unbemerkt hat sich Deutschland auf Platz zwei der Einwanderungsländer geschoben.
    Einer von vielen: Fast unbemerkt hat sich Deutschland auf Platz zwei der Einwanderungsländer geschoben. Foto: Oliver Killig, dpa

    Deutschland – ein Einwanderungsland? Bis vor wenigen Jahren haben vor allem konservative Politiker dieser These noch vehement widersprochen. Mittlerweile jedoch hat die Bundesrepublik sogar klassische Einwanderungsländer wie Kanada und Australien überholt.

    Mit einem Saldo von 440 000 neu zugewanderten Mitbürgern im vergangenen Jahr liegt sie unter den großen Industrienationen auf Platz zwei hinter den USA. Gleichzeitig hat sich nach einer neuen Studie des Berlin-Institutes für Bevölkerung und Entwicklung auch die soziale Lage der Migranten verbessert.

    Einwanderer werden nicht mehr als Gäste betrachtet

    Die Deutschen begegneten Einwanderern heute mit einer „anderen Offenheit“ als früher, sagt der Direktor des Instituts, Reiner Klingholz. Anders als die ersten Gastarbeiter aus der Türkei, aus Italien oder dem damaligen Jugoslawien betrachteten sie diese Menschen nicht mehr als „Gäste“, die irgendwann schon wieder nach Hause zurückfahren werden.

    Zwar hapere es häufig noch an der Anerkennung ausländischer Abschlüsse oder an den fehlenden Möglichkeiten zur Weiterbildung – aus ökonomischer Sicht aber sind die Zuwanderer des 21. Jahrhunderts ein Segen.

    Die meisten dieser Migranten, heißt es in der Studie, „sind nicht nur jung, frischen also die hiesige Bevölkerung auf. Sie sind zu einem großen Teil auch gut bis sehr gut ausgebildet und können somit die entstehenden Lücken auf dem Arbeitsmarkt füllen.“

    Ob spanischer Ingenieur, griechischer Koch oder philippinische Pflegerin: Auf einer „Mangelliste“ des Innenministeriums stehen mehr als 50 Berufe, in denen Fachkräfte aus dem Ausland besonders gefragt sind – und zwar auch aus Ländern, die nicht zur Europäischen Union gehören. Eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis zu bekommen ist für solche Bewerber in der Regel kein Problem.

    Am besten integriert sind Einwanderer aus Frankreich, Schweden und Polen

    Am besten integriert sind nach den Recherchen des Berlin-Instituts heute Einwanderer aus EU-Ländern wie Frankreich, Schweden oder Polen, von denen in den Augen von Klingolz viele zur „europäischen Bildungselite“ gehören und häufig sogar bessere Abschlüsse haben als ihre neuen deutschen Kollegen.

    Die Kinder und Kindeskinder der ersten türkischen Gastarbeiter dagegen haben offenbar eine große Chance verpasst: Sie sind zwar bereits in Deutschland zur Schule gegangen, haben aber wie schon bei der letzten Studie vor fünf Jahren noch immer die mit Abstand größten Integrationsprobleme. „Nach wie vor,“ klagt Klingolz, „vererben viele Migranten ihren Bildungsstand an ihre Kinder.“ In der Altersklasse der 20- bis 30-Jährigen zum Beispiel, haben heute mehr als 40 Prozent der Deutschen das Abitur gemacht, aber lediglich 15 Prozent der Türkischstämmigen.

    „In einer Wissensgesellschaft wie der deutschen“, heißt es in der Studie, „ist Bildung der Schlüssel zur Teilhabe.“ Hier reichten Migranten mit türkischen Hintergrund aber „noch lange nicht“ an den Durchschnitt aller Migranten oder den der Einheimischen heran.

    Mehr junge Deutschtürkinnen haben Abitur

    Größere Fortschritte erkennen die Gutachter nur bei den jungen Deutschtürkinnen, bei denen sich der Anteil der Schulabgängerinnen mit Abitur innerhalb einer Generation verdoppelt hat. Entgegen dem weitverbreiteten und von der CSU im Wahlkampf lustvoll gepflegten Vorurteil, kommen im Übrigen auch aus Rumänien und Bulgarien überdurchschnittlich viele Akademiker.

    Obwohl seine Studie einen optimistischen Grundton verbreitet, verschweigt Klingolz auch die „Altlasten verpasster Integrationspolitik“ nicht. Auch heute sind Menschen mit Migrationshintergrund noch doppelt so oft arbeitslos wie Einheimische, vor allem bei älteren Zuwanderern ließen sich viele Bildungsdefizite gar nicht mehr beheben – und auch auf die jungen, tüchtigen Neu-Einwanderer sollte Deutschland sich nicht einfach so verlassen.

    Die nämlich seien nicht nur hoch qualifiziert, warnt Klingholz, sondern auch hoch mobil. „Sobald sich die Wirtschaftslage in ihren Heimatregionen wieder verbessert, könnten sie auch wieder weg sein.“

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