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Richard von Weizsäcker: Deutschland nimmt Abschied: Staatsakt für von Weizsäcker

Richard von Weizsäcker

Deutschland nimmt Abschied: Staatsakt für von Weizsäcker

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    Am Samstag starb der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker im Alter von 94 Jahren. Am 11. Februar wird er mit einem Staatsakt geehrt.
    Am Samstag starb der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker im Alter von 94 Jahren. Am 11. Februar wird er mit einem Staatsakt geehrt. Foto: Jan Woitas (dpa)

    Mit einer Rede zur Verantwortung für die Nazi-Verbrechen und zur Bedeutung des Kriegsendes setzte Richard von Weizsäcker ein Zeichen und verschaffte Deutschland neues Ansehen in der Welt. Am 11. Februar wird das Land offiziell Abschied nehmen. Für diesen Tag hat von Weizsäckers Nachfolger, Joachim Gauck, einen Staatsakt zu Ehren des am Samstag gestorbenen früheren Bundespräsidenten angeordnet.

    Das ehemalige Staatsoberhaupt wurde 94 Jahre alt. Politiker im In- und Ausland würdigten sein politisches Lebenswerk. Sie erinnerten vor allem an «Ein Tag der Befreiung»: Weizsäckers berühmteste RedeBundespräsidentseine Rede vom 8. Mai 1985 zum 40. Jahrestag des Kriegsendes, in der er sich ohne Beschönigung mit den Verbrechen der Nazi-Zeit auseinandersetzte - und von Befreiung statt Niederlage sprach.

    Joachim Gauck: Richard von Weizsäcker war eine "moralische Instanz"

    Gauck nannte von Weizsäcker eine "moralische Instanz". In einem Kondolenzbrief an die Witwe Marianne Freifrau von Weizsäcker schrieb er: "Wir verlieren einen großartigen Menschen und ein herausragendes Staatsoberhaupt." 

    Bundeskanzlerin Angela Merkel bescheinigte dem Verstorbenen: "Wie er von 1984 bis 1994 sein Amt als Bundespräsident ausgeübt hat, das hat Maßstäbe gesetzt." Er habe seinen Intellekt, seine Würde und die Fähigkeit zur klugen Rede jahrzehntelang in den Dienst der Demokratie gestellt. "Der Tod Richard von Weizsäckers ist ein großer Verlust für Deutschland", sagte Merkel. "Richard von Weizsäcker war eine der wichtigsten und geachtetsten Persönlichkeiten unseres Landes."

    Der CDU-Politiker war von 1984 bis 1994 sechster Bundespräsident - er beeinflusste mit wegweisenden, visionären Reden das politische Klima in Deutschland. In seiner berühmt gewordenen Rede im Bundestag zum Kriegsende sagte er: "Der 8. Mai 1945 war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft."

    Internationale Politiker ehren den verstorbenen von Weizsäcker

    Die Bundespräsidenten der BRD

    Theodor Heuss (FDP): 1949 - 1959 Er war der erste Bundespräsident der BRD. "Papa Heuss", wie ihn der Volksmund liebevoll nannte, hat das Ansehen Deutschlands im Ausland maßgeblich verbessert. Der einstige FDP-Vorsitzende konnte viele seiner demokratischen Ideale im Grundgesetz verankern.

    Heinrich Lübke (CDU): 1959 - 1969 Seine Nominierung beruhte darauf, dass sich Konrad Adenauer, der eigentlich für das Amt vorgesehen war, zurückgezogen hatte. Die Presse hat ihn vielfach wegen seiner rhetorischen Ausrutscher verspottet. Er hat das Amt vorzeitig niedergelegt, als seine angebliche Nazi-Vergangenheit publik wurde.

    Gustav Heinemann (SPD): 1969 - 1974 Er verstand sich selbst als "Bürgerpräsident" und gab sich volksnah. Ursprünglich gehörte er der CDU an. Heinemann verließ die Christdemokraten, weil sich die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik nicht mit seinen moralischen Überzeugungen verinbaren ließ.

    Walter Scheel (FDP): 1974 - 1979 Der ehemalige Außenminister blieb nur für eine Amtszeit Bundespräsident. Im Rahmen einer Fernsehshow gab er, bevor er sein Amt antrat, eine eigene Interpretation des Volksliedes "Hoch auf dem gelben Wagen" zum Besten. Seine politischen Ambitionen vereitelte der damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt.

    Karl Carstens (CDU): 1979 – 1984 Charakteristisch für den Konservativen aus Norddeutschland war seine ausgeprägte Wanderleidenschaft. Seine Mitgliedschaft bei der NSDAP während der Nazi-Herrschaft hat ihm heftige Kritik eingetragen.

    Richard von Weizsäcker (CDU): 1984 - 1994 Der ehemalige Bürgermeister von Berlin hat vor allem durch seine Reden Akzente gesetzt. Er machte aus dem 8. Mai, dem "Tag der Niederlage", kurzerhand den "Tag der Befreiung". Als "Gewissen der Nation" erinnerte er an die Schuld des deutschen Volkes und kritisierte scharf den Parteienstaat.

    Roman Herzog (CDU): 1994 - 1999 Herzog war vor seiner Amtzeit Präsident des Bundesverfassungsgerichts. Mit seiner berühmten Berliner "Ruck-Rede" versuchte er 1997, das Volk aus seiner Passivität zu befreien. Herzog hat sich sehr für den interkulturellen Dialog eingesetzt.

    Johannes Rau (SPD): 1999 - 2004 Er bemühte sich um die Integration ausländischer Mitbürger und setzte auf das Motto "Versöhnen statt spalten". Seine Bibelfestigkeit trug ihm den Spitznamen "Bruder Johannes" ein. Vor dem israelischen Parlament bat er um Verzeihung für den Holocaust.

    Horst Köhler (CDU): 2004 - 2010 Er war der erste Bundespräsident, der nicht zum politischen Establishment zählte. Köhler kritisierte die internationalen Finanzmärkte und äußerte sich vielfach zu gesellschaftspolitischen Themen. Als er öffentlich eine Notwendigkeit militärischer Einsätze in besonderen Fällen betonte, wurde er heftig kritisiert und trat anschließend von seinem Amt zurück.

    Christian Wulff (CDU): 2010 - 2012 Als er sein Amt als Nachfolger von Horts Köhler antrat, war er mit 51 Jahren der jüngste Bundespräsident in der Geschichte der BRD. Doch dann begann das Schlamassel. Von der Inanspruchnahme eines günstigen Privatkredits über kostenlose Urlaube bei Unternehmern bis zur staatlichen Mitfinanzierung einer umstrittenen Lobby-Veranstaltung: Christian Wulff sah sich über Monate hinweg mit vielen Vorwürfen konfrontiert. Die Staatsanwaltschaft Hannover beantragte am 16. Februar 2012 beim Bundestag die Aufhebung der Immunität Wulffs, um strafrechtliche Ermittlungen einleiten zu können. Einen Tag später erklärte Wulff seinen Rücktritt.

    Joachim Gauck (Parteilos): 2012-2017 Joachim Gauck wurde 1940 in Rostock geboren. Nach dem Abitur studierte er Theologie. Von 1965 bis 1990 stand er im Dienst der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und arbeitete viele Jahre als Pastor. Am 18. März 2012 wählte die Bundesversammlung Joachim Gauck zum elften Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland.

    Kulturstaatsministerin Monika Grütters erinnerte an von Weizsäckers Zeit als Regierender Bürgermeister West-Berlins von 1981 bis 1984: "Er hat der eingemauerten Halbstadt West-Berlin ein modernes Gesicht gegeben und den Aufbruch der Stadt aus der Provinzialität in eine offene Weltmetropole eingeleitet", sagte die CDU-Politikerin.

    Aus Sicht von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat von Weizsäcker in vielen Funktionen zum Zusammenhalt der Gesellschaft beigetragen. "Dies galt nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch im Verhältnis zu unseren europäischen Nachbarn."  

    EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bescheinigte dem Verstorbenen: "Von Weizsäcker hat sich um Deutschland und um ganz Europa hohem Maße verdient gemacht." Seine Rede zum 8. Mai sei "prägend für eine Generation und das Selbstbild Deutschlands als integrierende Kraft in der Mitte des Kontinents" gewesen. Frankreichs Staatspräsident François Hollande erklärte, von Weizsäcker habe durch seine persönliche Geschichte, sein politisches Engagement und seine moralische Haltung die Geschichte seines Landes geprägt. dpa

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