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Fragen und Antworten: EZB senkt den Leitzins: Was heißt das für uns Sparer?

Fragen und Antworten

EZB senkt den Leitzins: Was heißt das für uns Sparer?

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    Einen Kredit aufzunehmen, ist teuer. Dagegen will die EZB Maßnahmen ergreifen, um die Konjunktur anzukurbeln.
    Einen Kredit aufzunehmen, ist teuer. Dagegen will die EZB Maßnahmen ergreifen, um die Konjunktur anzukurbeln. Foto: Oliver Berg/Archiv- und Symbolbild (dpa)

    Es war eine historische Entscheidung: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins auf ein neues Rekordtief von 0,15 Prozent gesenkt. Zugleich beschloss die EZB einen Strafzins von minus 0,1 Prozent für Geldreserven, die die Banken bei der EZB zwischenlagern, statt sie Unternehmen als Kredite zur Verfügung zu stellen.

    Was heißt das für Sparer, für Lebensversicherungen und für die Altersvorsorge?  Hier die wichtigsten Antworten:

    Warum hat die EZB die Zinsen noch weiter gesenkt?

    Weil die Europäische Zentralbank Angst vor einer Deflation hat, also einem massiven Preisverfall in Europa. Wenn Verbraucher und Unternehmen glauben, dass die Preise immer weiter sinken, kaufen sie nichts ein, sondern warten erst einmal ab. Dadurch wird die Konjunktur abgewürgt. Dem will die EZB entgegenwirken. Sie senkt die Leitzinsen. Damit werden Kredite billiger - und Firmen und Verbraucher ermuntert, mehr Geld auszugeben auch auf Pump. Das wiederum kurbelt die Wirtschaft an und die Preise können wieder steigen, weil ja auch die Nachfrage steigt.

    Die Zinsen sind schon jetzt extrem niedrig. Ist die Wirkung verpufft?

    Ja. Bisher haben sich die Hoffnungen auf eine Rückkehr der Inflation zerschlagen. Im Mai ging die Rate im Euroraum sogar auf 0,5 Prozent zurück. Selbst in Deutschland, wo der Konjunkturmotor brummt und Löhne steigen, sank die Teuerung nach europäischer Berechnung im Mai auf 0,6 Prozent. "Der Sicherheitsabstand zur Nulllinie im Euroraum ist damit wieder sehr gering", warnt Ökonom Johannes Mayr von der BayernLB.

    Warum ist die Inflation trotz der Mini-Zinsen so niedrig?

    Das liegt unter anderem an weltweit sinkenden Energie- und Nahrungsmittelpreisen. Dieser Effekt wird durch den relativ starken Euro noch verstärkt. Zum Teil ist der geringe Preisauftrieb aber auch hausgemacht: Die Krisenländer im Euroraum müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken, indem sie Preise senken.

    Was bedeutet die Senkung des Leitzinses für uns Sparer?

    Niedrige Zinsen werden in der Regel relativ schnell an Kunden weitergereicht. Da Sparer ohnehin schon lange unter Mini-Zinsen auf Sparbuch oder Tagesgeldkonto leiden, hagelt es aus Deutschland Kritik: "Niedrigzinsen enteignen Sparer und reißen Lücken in die Altersvorsorge künftiger Rentner", wettern Sparkassen, Volksbanken und Versicherer.

    Rettet die EZB also Krisenstaaten auf Kosten deutscher Sparer?

    Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), kritisierte die EZB für die erwartete Zinssenkung: "Sie plündert die Ersparnisse aus, sie bedroht die Lebensversicherung." Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding verteidigt, Aufgabe der Notenbank sei, für stabile Preise zu sorgen: "Zu behaupten, die EZB enteigne die europäischen Sparer, verkennt das Mandat der EZB. Ihre Aufgabe ist es nicht, Sparern selbst in Zeiten einer Finanzkrise einen gewünschten Ertrag auf risikoarme Anlagen zu sichern." Mit europäischen Aktien, spanischen Rententiteln oder guten Unternehmensanleihen hätten Sparer auch in der Krise auskömmliche Renditen erzielen können - wenn sie bereit waren, Risiken in Kauf zu nehmen.

    Welche Folgen haben die Niedrigzinsen für Lebensversicherungen?

    Viele Lebensversicherer haben wegen des niedrigen Zinsniveaus große Probleme, frühere Zusagen an Kunden einzuhalten. Denn sie bekommen für sicher angelegtes Geld heute nur noch wenig Zinsen, haben aber in der Vergangenheit ihren Kunden höhere Zinsen versprochen.

    Die Bundesregierung hat darauf reagiert: Versicherungsnehmer sollen künftig weniger stark in den Genuss der sogenannten "Bewertungsreserven" kommen. Betroffen sind vor allem Kunden, deren Police bald fällig wird. Sie bekommen weniger Geld ausbezahlt, müssen mit Einbußen von sechs bis sieben Prozent rechnen. 

    Haben Verbraucher auch Vorteile?

    Wie Unternehmen profitieren sie von günstigen Kreditzinsen - wenn die Banken die Senkung weiterreichen. Prinzipiell ist billiges Geld gut für Schuldner: Verbraucher können eine Waschmaschine, ein Auto oder ein Haus günstiger finanzieren, gleiches gilt für Investitionen von Unternehmen und Staatsschulden. Letzteres entlastet indirekt auch Steuerzahler.

    Was hat es mit dem Negativzins von minus 0,1 für Banken auf sich, der ebenfalls beschlossen wurde?

    Der negative Einlagezins bedeutet, dass Geschäftsbanken, die über Nacht Geld bei der EZB deponieren, fortan keine Zinsen für das Geld von der EZB bekommen, sondern dafür zahlen müssen, dass sie es bei der EZB zwischenlagern.

    Müssen Sparer nun auch negative Zinsen fürchten?

    Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon schob derartigen Befürchtungen vorsorglich einen Riegel vor. "Wir werden das sicher nicht an unsere Kunden weitergeben. Wir können den Sparern nicht sagen: Jetzt musst Du für Dein Vermögen auch noch Strafe zahlen", sagte er in Interviews. Volksbanken-Präsident Uwe Fröhlich betonte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", dass zwar nicht mit negativen Zinsen im Kundengeschäft zu rechnen sei: "Zu befürchten ist jedoch - insbesondere im Zusammenspiel mit einer weiteren Zinssenkung der EZB -, dass der Sparzins künftig noch schmaler ausfallen wird, als er ohnehin schon ist."  AZ, dpa

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