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Kommentar: Erbschaftsteuer: Dieses Urteil wird die Wirtschaft verschmerzen

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Erbschaftsteuer: Dieses Urteil wird die Wirtschaft verschmerzen

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    Weite Teile der Regelung bei der Erbschaftsteuer wurden verworfen, aber kleinere Familienbetriebe können auch in Zukunft steuerfrei vererbt werden.
    Weite Teile der Regelung bei der Erbschaftsteuer wurden verworfen, aber kleinere Familienbetriebe können auch in Zukunft steuerfrei vererbt werden. Foto: Jens Büttner, dpa

    Ralf Stegner ist ein strammer Linker und immer für eine irrwitzige Idee gut. Ginge es nach ihm, wäre der Streit um die Erbschaftsteuer schnell gelöst: Ein Unternehmer, der sie nicht bezahlen kann, weil sein Kapital in seiner Firma steckt, beteiligt einfach den Staat an ihr – und schon ist die Steuerschuld getilgt. Nur weil ein Betrieb von einer Generation an die nächste übergeben wird, so die krude Logik dahinter, muss der Fiskus dem Erben noch keinen Steuervorteil gewähren. Lieber enteignet er den säumigen Zahler kalt.

    Zum Glück für die deutsche Wirtschaft ist der Genosse Stegner nur stellvertretender Vorsitzender der SPD und damit ein Mann von überschaubarem Einfluss. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das weite Teile der gegenwärtigen Regelung bei der Erbschaftsteuer verworfen hat, wird zwar auch der Großen Koalition noch schwer zu schaffen machen. So radikal wie zeitweise befürchtet aber ist es dann doch nicht ausgefallen. Kleinere Familienbetriebe können auch in Zukunft steuerfrei vererbt werden. Und darauf, vor allem, kommt es an. Ihre Eigentümer schwimmen in der Regel nicht im Geld, sondern haben ihr Vermögen in ihren Betrieben gebunden. Sie lassen es arbeiten, schaffen Arbeitsplätze und damit einen volkswirtschaftlichen Mehrwert, den der Staat mit dem Verzicht auf die Erbschaftsteuer honoriert.

    Die Politik Privilegien streichen und eine Lösung finden

    Auf dem schmalen Grat zwischen Gerechtigkeit und Gleichmacherei hat sich die erste Große Koalition 2009 für diesen sehr pragmatischen, aber nicht wirklich gerechten Ansatz entschieden. Nun ist es an der zweiten, die Reform von damals wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Nicht zu Unrecht moniert Karlsruhe, dass die großzügigen Steuervorteile keineswegs nur für kleine Handwerker und aufstrebende Mittelständler gelten, sondern auch für millionen- und milliardenschwere Konzernerben, die sehr wohl in der Lage wären, ihre Erbschaftsteuern zu bezahlen.

    Alles andere ist jetzt Sache der Politik, die in den nächsten eineinhalb Jahren eine Reihe von Privilegien streichen und eine Lösung finden muss, die in zwei, drei Jahren nicht wieder am Verfassungsgericht scheitert. Bis dahin, darf man annehmen, werden viele Unternehmer bereits Fakten schaffen – und ihre Firmen deutlich früher vererben als eigentlich geplant.

    Die SPD möchte den Anteil der begünstigten Unternehmer klein halten

    Ein gutes Jahr nach der Wahl hat Karlsruhe der Koalition ein Urteil auf den Tisch geknallt, das alle Ingredienzien für einen handfesten Hauskrach enthält. Während die SPD den Anteil der begünstigten Unternehmer klein halten will und ihre Landesfinanzminister bereits auf zusätzliche Einnahmen in Milliardenhöhe spekulieren, steht die Union bei der Wirtschaft im Wort: keine Steuererhöhungen in dieser Legislatur. Mit jedem Unternehmen, dessen Erben ab 2016 Erbschaftsteuer zahlen, entwertet sie dieses Versprechen – auch wenn sich der öffentliche Ärger darüber in Grenzen halten wird, solange der Staat nur bei den Reichen und Mächtigen abkassiert und Omas kleines Reihenhaus weiterhin steuerfrei vererbt werden kann.

    Für die radikalste und einfachste Lösung fehlt Union wie SPD der Mut: Dazu müsste die Koalition Ausnahmen, Freibeträge und Rabatte rigoros zusammenstreichen und im Gegenzug die Steuersätze von bis zu 50 Prozent kräftig senken. Wenn jeder, der etwas erbt, ob Firmenanteil, Aktiendepot oder Immobilie, davon zehn Prozent an den Fiskus abführt, würden sich Verfahren wie das in Karlsruhe schnell erübrigen. Das allerdings hieße, dass auch das eigene Häuschen nicht mehr von der Erbschaftsteuer verschont bliebe.

    Die Regierung, die das beschließt, muss erst noch gewählt werden.

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