Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Neuer Gesetzesentwurf: Gesundheitsminister Bahr sieht Patientenrecht gestärkt

Neuer Gesetzesentwurf

Gesundheitsminister Bahr sieht Patientenrecht gestärkt

    • |
    Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) spricht im Bundestag über Rechte von Patientinnen und Patienten. Foto: Wolfgang Kumm dpa
    Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) spricht im Bundestag über Rechte von Patientinnen und Patienten. Foto: Wolfgang Kumm dpa

    "Ich glaube, dass es genau der richtige Ausgleich ist zwischen den Patienteninteressen und den Ärzteinteressen", sagte der Minister am Freitagmorgen im Deutschlandfunk.

    Medizinische Kunstfehler - dramatische Folgen

    Gut ein Jahr nach dem Tod der 23-jährigen Pornodarstellerin «Sexy Cora» bei einer Schönheitsoperation erhebt die Hamburger Staatsanwaltschaft Anklage gegen die Narkoseärztin. Sie habe während der Brustvergrößerung nicht für ausreichende Beatmung gesorgt, was zum Herzstillstand führte. Die Reanimationsmaßnahmen seien nicht fachgerecht gewesen.

    Ein früherer Chefarzt und Klinikbesitzer aus NRW, der die Wunden frisch operierter Patienten mit Zitronensaft desinfiziert hatte, wird wegen Körperverletzung und fahrlässiger Tötung im März 2011 zu vier Jahren Haft verurteilt. Außerdem hatte er gesunde Organe entnommen.

    Ein mehrfach vorbestrafter Schönheitschirurg muss 2005 für sechseinhalb Jahre in Haft. Aus Sicht des Landgerichts Nürnberg-Fürth hatte er Frauen nicht kunstgerecht und mit mangelnder Hygiene operiert. Nach dem Tod einer Patientin war der Arzt in Sachsen-Anhalt zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nach der Haft verlegte er seine Praxis nach Nürnberg.

    Sechs Jahre nach dem Tod einer Patientin wird ein Klinikchef aus Bayern 2005 wegen Totschlags und Körperverletzung zu drei Jahren Haft verurteilt. Bei der Herz-OP der 55-Jährigen wurde eine Schlagader verletzt. Dennoch kam die Frau erst Stunden später in eine größere Klinik. Grund für die Verzögerung waren laut Landgericht Regensburg persönliche Differenzen mit einer konkurrierenden Klinik.

    Der Chefarzt eines Krankenhaus in Baden-Württemberg vergisst ein Operationsbesteck im Bauch einer Patientin. Das 30 Zentimeter lange Instrument wird erst neun Monate später auf einer Röntgenaufnahme entdeckt. Der Mediziner wird 1999 für seinen Fehler zu einer Geldstrafe von 24 000 Mark (rund 12 300 Euro) verurteilt.

    Bahr: Beweislast liegt nur bei groben Behandlungsfehlern bei Ärzten

    Nach dem neuen Gesetzentwurf liegt die Beweislast nur bei groben Behandlungsfehlern bei den Ärzten. "Wenn Ärzte schwierige Fälle scheuen, weil sie Angst vor Klagen haben, wäre das fatal", sagte Bahr der "Passauer Neuen Presse". Dafür müssten die Mediziner häufig auch Risiken eingehen. Die Beweislast komplett umzukehren, würde außerdem zu mehr Bürokratie und Dokumentation führen.

    Das Gesundheitssystem in Deutschland

    Die Beteiligten im deutschen Gesundheitsystem lassen sich in fünf Kategorien aufteilen:

    Die Leistungsempfänger, also Patienten, die Leistungserbringer (Ärzte, Pflegeberufe), Leistungsfinanzierer (Selbstzahler, Arbeitgeber), die Leistungsfinanzierer (Krankenkasse) und der Staat.

    Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie der Staat zahlen regelmäßig Beiträge in die Krankenkassen ein ...

    ... welche wiederum im Krankheitsfall an die Versicherten ausgeschüttet werden, um die Behandlungskosten zu decken.

    In Deutschland gibt es gesetzliche und private Krankenversicherungen. Über 75% Prozent der Deutschen sind gesetzlich versichert ...

    ... wohingegen circa zehn Prozent privat versichert sind. 2,3 Prozent der Deutschen sind anderweitig versichert (Zivildienstleistende, Bundeswehr).

    Arbeitnehmer sind verpflichtet, sich zumindest gesetzlich zu versichern. Private Versicherungen sind nicht verpflichtend und haben teilweise Gewinnerzielungsabsichten.

    Zu den gesetzlichen Krankenkassen zählen AOK, IKK, BKK, DAK und Barmer.

    Private Krankenkassen sind unter anderem Allianz, AXA, DKV, Provinzial, R+V, Victoria und Signal Iduna.

    Im Vergleich mit anderen Staaten lag Deutschland mit seinen Gesundheitsausgaben 2006 auf Rang vier mit Ausgaben von rund 10,6 Prozent des BIP.

    Im Jahr 2007 arbeiteten in Deutschland rund 4,4 Millionen Menschen in der Gesundheitswirtschaft.

    Im Jahr 2012 sollen sich die Reserven der gesetzlichen Krankenkassen auf rund 21,8 Milliarden Euro belaufen.

    Gesundheitsminister Bahr kritisiert Härtefallfonds

    Opposition und Krankenkassen halten die Regierungspläne für unzureichend. Für Opfer eines Behandlungsfehlers gebe es keine Verbesserung im Vergleich zu heute, kritisierte beispielsweise die Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink. Den Vorschlag, einen Härtefallfonds für Patienten mit schweren Schäden einzurichten, wies Bahr allerdings zurück. "Mir liegt kein umsetzbares Konzept vor", sagte der 35-Jährige. "Das wäre nicht der richtige Weg." Am Freitag berät der Bundestag in erster Lesung über den Gesetzentwurf. dpa/AZ

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden