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Hilflos im Umgang mit Ungarn

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Hilflos im Umgang mit Ungarn

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    Zehntausende protestierten jüngst in Budapest gegen das neue Hochschulgesetz.
    Zehntausende protestierten jüngst in Budapest gegen das neue Hochschulgesetz. Foto: Attila Kisbenedek, afp

    Seit Jahren liegen die EU und Viktor Orbán im Dauer-Clinch. Der ungarische Regierungschef änderte wiederholt Verfassung und Gesetze, um die Macht seiner rechtskonservativen Fidesz-Partei zu zementieren. In der Vergangenheit beließ es Brüssel meist bei Ermahnungen – Strafen folgten selten. Doch Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker begrüßte Orbán bei einem EU-Gipfel schon mit „Hallo Diktator“. Hier eine Auswahl von Streitpunkten zwischen Brüssel und Budapest:

    Ein neues Hochschulgesetz bedroht die Existenz der vom US-Milliardär George Soros gegründeten Universität in Budapest. Gegen das Gesetz demonstrierten zuvor Zehntausende in Budapest. Juncker kritisierte die Entscheidung Orbáns, doch EU-Justizkommissarin Vera Jourova sagte, sie glaube nicht, dass „Vertragsverletzungsverfahren oder andere Maßnahmen der Europäischen Kommission“ in der Frage „viel helfen“. Am heutigen Mittwoch befasst sich die Kommission mit Orbáns Gesetz.

    Die ungarische Regierung startete Anfang April eine Bürgerbefragung unter dem Titel „Stoppt Brüssel!“. Gefragt wird etwa, was Ungarn tun soll, „wenn Brüssel es zwingen will, illegale Einwanderer ins Land zu lassen – trotz der jüngsten Serie von Terrorangriffen in Europa?“. Juncker sprach von einem „verzerrten Fragebogen“ und kritisierte „die Art und Weise, Schlechtes über Brüssel zu sagen“.

    Nach der Ermordung einer Verkäuferin bei einem Raubüberfall sagte Orbán im April 2015, die Frage der Todesstrafe müsse „in Ungarn auf die Tagesordnung gesetzt werden“. Es gab massiven Protest aus dem Europaparlament. Juncker erinnerte den ungarischen Regierungschef daran, dass die Todesstrafe in der EU verboten ist. Nach wochenlangem Streit ruderte Orbán zurück und versicherte, er plane „keine Schritte zur Wiedereinführung der Todesstrafe“.

    In der Flüchtlingspolitik bot Orbán Brüssel von Anfang an Paroli. Die EU beschloss 2015 mehrheitlich, zehntausende Asylbewerber auf alle Mitgliedstaaten zu verteilen. Dagegen klagte Orbán vor dem Europäischen Gerichtshof. Bis heute hat Ungarn keinen einzigen Flüchtling aufgenommen, die Hauptankunftsländer Italien und Griechenland hat es also nicht entlastet. Die EU-Kommission drohte wiederholt mit einem Vertragsverletzungsverfahren, verzichtete aber bisher darauf.

    Seit Jahren hagelt es Kritik aus Brüssel und den Mitgliedstaaten wegen Orbáns Vorhaben, die Bürgerrechte, die Unabhängigkeit der Justiz sowie die Medien- und Meinungsfreiheit einzuschränken. Vor diesem Hintergrund verabschiedete die EU 2014 einen mehrstufigen Rechtsstaats-Mechanismus gegen „Demokratie-Sünder“. Die Strafen darin reichen bis zum Entzug von Stimmrechten auf europäischer Ebene. Angewendet wurde er bisher aber nur im Falle Polens. (afp)

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