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Nachruf: Horst Herold (95) ist tot - Er war der letzte Gefangene der RAF

Nachruf

Horst Herold (95) ist tot - Er war der letzte Gefangene der RAF

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    Der Terrorjäger: Horst Herold in den siebziger Jahren.
    Der Terrorjäger: Horst Herold in den siebziger Jahren. Foto: Heinz Wieseler, dpa

    Der Tag, den Horst Herold nie vergessen hat, beginnt mit einer Krisensitzung im Kanzleramt. Auf dem Tisch steht ein Kassettenrekorder, aus dem gleich die Stimme des entführten Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer zu hören sein wird. „Ich bin nicht bereit, aus diesem Leben abzutreten, um die Fehler der Regierung, der sie tragenden Parteien und die Unzulänglichkeit des von ihnen hochgejubelten BKA-Chefs zu decken“, sagt Schleyer. Dass er vermutlich gezwungen wurde, das zu sagen, tröstet Herold nicht. Er ist der Mann, den der Entführte meint, der Chef des Bundeskriminalamtes. Sechs Tage später, am 18. September 1977 ist Schleyer tot, erschossen von einem Kommando der RAF.

    BKA-Chef Horst Herold war der Terroristenjäger

    Wenige Fahnder können sich im deutschen Terrorherbst so in die Psyche der Terroristen hineindenken wie der frühere Staatsanwalt und promovierte Völkerrechtler Herold. Niemand setzt schon damals so konsequent auf die Hilfe des Computers – und niemand kommt Schleyers Entführern so nahe wie Horst Herold, der am Freitag im Alter von 95 Jahren gestorben ist. Seine Programme sind es, seine Tat- und Täterprofile, die ein Hochhaus mit Tiefgarage in Köln, nicht weit von einer Autobahnauffahrt entfernt, für das wahrscheinlichste Versteck halten. Einem Hinweis auf ein entsprechendes Appartement, in dem Schleyer tatsächlich gefangen gehalten wurde, geht aber niemand nach. Herold, der Erfinder der Rasterfahndung, hat alles richtig gemacht – und doch alles falsch.

    Er sei der letzte Gefangene der RAF, hat er später gerne gesagt. Auch 15 Jahre nach seinem Ausscheiden wird er noch rund um die Uhr von Leibwächtern bewacht, ehe die RAF sich selbst auflöst. Sein Vorschlag, ihm ein neues Leben in den USA zu ermöglichen, wird abgelehnt. Um ihn besser schützen zu können, muss der gebürtige Thüringer aus seiner Wahlheimat Nürnberg auf ein Kasernengelände in Rosenheim ziehen, wo er in einem eigens für ihn errichteten Fertighaus lebt. Erst nach dem Tod seiner Frau im vergangenen Jahr kehrt er wieder nach Nürnberg zurück.

    Schleyer wusste, dass ihn die RAF im Visier hatte. Der letzte Eintrag in seinem Terminkalender lautete: „Herold anrufen.“

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