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Krankenkassen: Kassen wollen Patienten über Risiken aufklären

Krankenkassen

Kassen wollen Patienten über Risiken aufklären

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    Die AOK will ihre Mitglieder besser über Risiken von Diagnosen und Therapien aufklären.
    Die AOK will ihre Mitglieder besser über Risiken von Diagnosen und Therapien aufklären. Foto: Jens Wolf (dpa)

    Patienten in Deutschland sollen sich besser über Nutzen und Nebenwirkungen von Therapien informieren können. Dazu wird das ohnehin schon vielfältige Angebot im Internet jetzt um die „Faktenboxen“ der AOK erweitert. Sie drehen sich unter anderem um das Impfen, Nahrungsergänzungsmittel, das Röntgen bei Rückenschmerzen sowie Stoßwellen-Therapie bei Schmerzen im Ellbogen. Patienten sollen dabei auf einen Blick erkennen, ob eine Untersuchung oder Behandlungsmethode sinnvoll, unnötig oder sogar schädlich ist.

    Das Gesundheitssystem in Deutschland

    Die Beteiligten im deutschen Gesundheitsystem lassen sich in fünf Kategorien aufteilen:

    Die Leistungsempfänger, also Patienten, die Leistungserbringer (Ärzte, Pflegeberufe), Leistungsfinanzierer (Selbstzahler, Arbeitgeber), die Leistungsfinanzierer (Krankenkasse) und der Staat.

    Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie der Staat zahlen regelmäßig Beiträge in die Krankenkassen ein ...

    ... welche wiederum im Krankheitsfall an die Versicherten ausgeschüttet werden, um die Behandlungskosten zu decken.

    In Deutschland gibt es gesetzliche und private Krankenversicherungen. Über 75% Prozent der Deutschen sind gesetzlich versichert ...

    ... wohingegen circa zehn Prozent privat versichert sind. 2,3 Prozent der Deutschen sind anderweitig versichert (Zivildienstleistende, Bundeswehr).

    Arbeitnehmer sind verpflichtet, sich zumindest gesetzlich zu versichern. Private Versicherungen sind nicht verpflichtend und haben teilweise Gewinnerzielungsabsichten.

    Zu den gesetzlichen Krankenkassen zählen AOK, IKK, BKK, DAK und Barmer.

    Private Krankenkassen sind unter anderem Allianz, AXA, DKV, Provinzial, R+V, Victoria und Signal Iduna.

    Im Vergleich mit anderen Staaten lag Deutschland mit seinen Gesundheitsausgaben 2006 auf Rang vier mit Ausgaben von rund 10,6 Prozent des BIP.

    Im Jahr 2007 arbeiteten in Deutschland rund 4,4 Millionen Menschen in der Gesundheitswirtschaft.

    Im Jahr 2012 sollen sich die Reserven der gesetzlichen Krankenkassen auf rund 21,8 Milliarden Euro belaufen.

    Aus Expertensicht bieten Ärzte millionenfach unnütze und sogar riskante Methoden zur Früherkennung und Diagnose an. Dieses Verhalten sei unethisch, kritisierte der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Wolf-Dieter Ludwig (Berlin).

    Beispiel für Risikokompetenz: Früherkennungsuntersuchung auf Eierstockkrebs

    Als Beispiel nannte der Direktor des Berliner Harding-Zentrum für Risikokompetenz, Gerd Gigerenzer, die Früherkennungsuntersuchungen auf Eierstockkrebs per Ultraschall. In Deutschland ließen das pro Jahr rund zwei Millionen Frauen auf eigene Kosten machen. Diese Untersuchung habe keinen Nutzen, sagte er. Das Risiko, an Eierstockkrebs zu sterben, werde dadurch nicht verringert. Stattdessen führe die wenig treffsichere Methode dazu, dass geschätzt 30000-mal unnötigerweise ein verdächtiger Eierstock entfernt werde.

    Patienten ließen sich in Scharen zu möglicherweise schädlichen Angeboten überreden, weil sie schlecht informiert seien und sich schnell von Ärzten Angst einjagen ließen, so Gigerenzer. „Mit mehr Bildung können wir bessere Gesundheit für weniger Kosten bringen.“

    Die meisten Krankenkassen haben Ratgeber im Internet

    Am Harding-Zentrum, das zur Max-Planck-Gesellschaft gehört, sind die Faktenboxen nach US-Vorbild entwickelt worden. Momentan sind es nur elf. Bis zum Jahresende soll das Angebot aber erweitert werden, sagte AOK-Chef Jürgen Graalmann. Dann werden Informationen beispielsweise auch zum umstrittenen PSA-Test (Früherkennung von Prostatakrebs), zu Arzneimitteln und zu Polymedikation (gleichzeitige Einnahme mehrerer Arzneimittel) bereitgestellt.

    Weil sich immer mehr Menschen im Internet über Krankheiten und Therapien informieren, haben die meisten Kassen Ratgeber ins Netz gestellt oder verweisen auf weitere Angebote. Wer nach einer Diagnose verunsichert ist, kann zum Beispiel bei der Techniker Krankenkasse eine 24-Stunden-Ärztehotline anrufen. Die DAK hat für ihre Mitglieder eine Live-Chat-Funktion, bei der man direkt mit einem Sachbearbeiter in Kontakt treten kann. Die Barmer GEK gibt regelmäßig Versorgungsreports heraus, in denen über den Nutzen von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden informiert wird. „Wichtig ist es, die Patienten so zu informieren, dass sie selbst entscheiden können, was für sie am besten ist,“ sagte Barmer-Sprecher Thorsten Jakob unserer Zeitung. (mit dpa) "Kommentar

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