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Bamf-Affäre: Kommt Horst Seehofer bei der Aufklärung schnell genug voran?

Bamf-Affäre

Kommt Horst Seehofer bei der Aufklärung schnell genug voran?

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    Betretene Mienen: Innenminister Horst Seehofer und Bamf-Chefin Jutta Cordt (mit dem Rücken zum Betrachter) nach der Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses.
    Betretene Mienen: Innenminister Horst Seehofer und Bamf-Chefin Jutta Cordt (mit dem Rücken zum Betrachter) nach der Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses. Foto: Wolfgang Krumm, dpa

    Im Bremer Asylskandal kommt Horst Seehofer nicht zur Ruhe. Nach der Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses am Dienstag reißt die Kritik am Bundesinnenminister nicht ab. Und sie kommt weiter auch vom Koalitionspartner. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagt zu unserer Redaktion: „Wir könnten bei der Aufklärung schon viel weiter sein. Die Union trägt seit 13 Jahren Verantwortung im Innenministerium. Während dieser Zeit sind alle Probleme entstanden, die nun ans Tageslicht kommen. Ich erwarte von Herrn Seehofer, dass er jetzt liefert.“

    Seehofer und Jutta Cordt, die Chefin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), hatten am Dienstag in einer mehrstündigen Sitzung Fragen der Abgeordneten beantwortet. Es ging nicht nur um die Vorgänge in der Bremer Bamf-Außenstelle, in der mindestens 1200 Migranten unrechtmäßig Asyl erhalten haben sollen. Sondern um die gesamte Asylpolitik der Bundesregierung in den vergangenen Jahren.

    Der Innenausschuss verständigte sich darauf, zu weiteren Sitzungen in der Sache zusammenzukommen. Dabei könnten auch der frühere Kanzleramtschef und Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier (CDU) und die ehemaligen Bamf-Leiter Frank-Jürgen Weise und Manfred Schmidt befragt werden. Für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, wie ihn FDP und AfD fordern, ist dagegen weiter nicht die erforderliche Mehrheit in Sicht. Seehofer hatte sich nach der Sitzung „namens der Bundesregierung“ bei der Bevölkerung für den „handfesten, schlimmen Skandal“ beim Bamf in Bremen entschuldigt. Und seine früheren Ankündigungen bekräftigt, die Affäre vollständig aufzuklären und die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen.

    Bamf gab mehr als 50 Millionen Euro für Unterstützung durch Unternehmensberatungen aus

    Seehofer hat inzwischen erste personelle Konsequenzen gezogen und einen Spitzenbeamten im Innenministerium in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Der Ministerialdirektor sei ein enger Vertrauter von Seehofers Amtsvorgänger Thomas de Maizière gewesen und habe zuletzt die Abteilung Migration im Innenministerium geleitet, hieß es. Das Ministerium bestätigte zwar, dass die Stelle im Rahmen der „organisatorischen und personellen Neuausrichtung des Hauses“ neu besetzt worden sei, bestritt aber einen Zusammenhang mit den Vorfällen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

    Bekannt wurde inzwischen zudem, dass im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zeitweise auch Leiharbeiter sensible Daten aus Asylverfahren einsehen konnten. Pikant: Auf eine Anfrage der Linkspartei hatte die Bundesregierung noch kürzlich geantwortet, dass Externe aus Datenschutzgründen keinen Zugriff aufs Asylsystem hätten.

    Für Aufregung sorgt auch die Nachricht, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge von 2015 bis 2018 mehr als 50 Millionen Euro für die Unterstützung durch Unternehmensberatungen ausgegeben hat. So kritisierte die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke, es sei „geschmacklos, wie auf marktwirtschaftliche Effizienz getrimmte Beraterfirmen aus der Not einer überlasteten Asylbehörde ein für sie lohnendes Geschäft in Millionenhöhe gemacht haben“.

    Vieles im Bamf-Skandal ist noch unklar

    Um Geld geht es auch in einem anderen Vorgang: Das Bundesinnenministerium hat angeordnet, zu prüfen, wo 8,5 Millionen Euro gelandet sind, die das skandalumwitterte Bremer Flüchtlingsamt an auswärtige Stellen überwiesen hat. Gegen die frühere Leiterin der Bremer Bamf-Filiale, Ulrike B., und weitere Personen, darunter Anwälte und Übersetzer, wird ermittelt – unter anderem wegen des Verdachts auf Korruption. In der Bild-Zeitung hat Ulrike B. bestritten, im Zusammenhang mit Asylentscheidungen Geld angenommen zu haben. Sie argumentierte, es müssten die Menschen in Not zählen, nicht die Zahlen. Und überhaupt: Erst ein Drittel des Skandals sei bisher bekannt.

    Die Bundespolizeigewerkschaft hat gegenüber dem Handelsblatt eine Überprüfung aller Asyl-Entscheidungen seit 2015 gefordert. Damit dies personell geleistet werden könne, müssten neue Asylanträge „auf das absolut rechtlich erforderliche Mindestmaß“ reduziert werden. Der Polizei müsse erlaubt werden, Ausländer ohne Einreiseberechtigung an den Grenzen in sichere Nachbarstaaten zurückzuweisen.

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