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Frankreich: Macrons Schachzug

Frankreich

Macrons Schachzug

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    Staatspräsident Macron (r.) und sein neuer Premier Edouard Philippe.
    Staatspräsident Macron (r.) und sein neuer Premier Edouard Philippe. Foto: afp

    Der gemäßigt konservative Politiker Edouard Philippe wird neuer französischer Premierminister. Kurz vor seinem Berlin-Besuch ernannte Staatschef Emmanuel Macron den 46-jährigen Abgeordneten und Bürgermeister der nordfranzösischen Hafenstadt Le Havre am Montag zum Regierungschef, wie der Präsidentenpalast mitteilte. Macron will vor der Parlamentswahl im Juni ein breites politisches Bündnis schmieden, um eine Regierungsmehrheit für seine sozialliberalen Reformvorhaben zu gewinnen.

    Philippe gehört zum moderaten Flügel der konservativen Republikaner-Partei um Ex-Premier Alain Juppé. Der Bartträger gilt als modern und offen und hat keine Berührungsängste mit anderen politischen Lagern: Als Student war er Anhänger des sozialistischen Reformpolitikers Michel Rocard. Während des diesjährigen Präsidentschaftswahlkampfs schrieb er eine wöchentliche Kolumne für die linke Tageszeitung Libération. Macron hatte schon vor der Wahl angekündigt, das traditionelle Rechts-Links-Schema in Frankreich zu durchbrechen.

    Im Rennen um den Präsidentenposten waren die Kandidaten der Sozialisten und der bürgerlichen Rechten schon im ersten Wahlgang ausgeschieden. Macron hatte am Sonntag die Macht als jüngster Präsident aller Zeiten übernommen. Die übrigen Regierungsmitglieder sollen an diesem Dienstag ernannt werden. Juppé deutete an, dass er nach der Parlamentswahl im Juni Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit Macron sieht. Falls die bürgerliche Rechte keine Mehrheit in der Nationalversammlung bekomme, „würde das Land es nicht verstehen, wenn wir eine systematische Opposition betreiben“, sagte der populäre 71-Jährige. Etwa 20 Politiker der Republikaner und der Zentrumspartei UDI appellierten bereits an ihr eigenes Lager, Macrons „ausgestreckte Hand“ zu ergreifen. „Die Rechte und das Zentrum müssen das Ausmaß des politischen Wandels erkennen, der unter ihren Augen geschieht“, schrieben sie.

    In Berlin betonten Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sie wollten den Machtwechsel in Paris nutzen, um neuen Elan in die Europapolitik zu bringen. Sie vereinbarten die Ausarbeitung eines Reform-Fahrplans zur Stärkung der EU – auch, um das weitere Erstarken der Populisten zu verhindern. Merkel verspricht sich nach eigenen Worten eine „neue Dynamik“ in den deutsch-französischen Beziehungen. Macron kündigte eine enge Abstimmung mit Berlin an. Mit seinen Plänen für tief greifende Wirtschafts- und Sozialreformen wolle er nicht nur seinem Land mehr Wohlstand bringen und die Massenarbeitslosigkeit eindämmen, sondern auch das Vertrauen Deutschlands zu Frankreich stärken.

    Der Präsident betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung stärkerer Investitionen, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Arbeitslosigkeit zu senken. „Was jetzt die Eurozone besonders braucht, ist eine entschlossene Investitionspolitik“, sagte er. Nötig seien dafür auch „frische Haushaltsmittel“. Dies sei ein „Ziel des gemeinsamen Fahrplans, an dem wir arbeiten wollen“.

    Macron hat wiederholt institutionelle Reformen in der Eurozone vorgeschlagen – etwa die Berufung eines Finanzministers der Eurozone oder die Aufstellung eines gemeinsamen Haushalts. Die Bundesregierung betrachtet diese Pläne zurückhaltend, weil sie die Zustimmung aller EU-Staaten erfordern würde und ihre Umsetzung vermutlich zeitaufwendig wäre.

    Prinzipiell zeigte sich Merkel am Montag aber zu einem solchen Reformschritt bereit. „Aus deutscher Sicht ist es möglich, die Verträge zu ändern“, sagte sie (dpa, afp)

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