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Tragödie vor Lampedusa: Festnahmen nach Massaker auf Flüchtlingsboot

Tragödie vor Lampedusa

Festnahmen nach Massaker auf Flüchtlingsboot

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    Im Bauch dieses Schiffes muss sich ein grausames Massaker unter Flüchtlingen ereignet haben.
    Im Bauch dieses Schiffes muss sich ein grausames Massaker unter Flüchtlingen ereignet haben. Foto: Matthew Mirabelli, afp

    Italienischen Medienberichten zufolge hat sich auf dem Seeweg nach Italien auf einem Flüchtlingsboot eine Tragödie ereignet. Demnach wurden am Mittwoch fünf Männer im Alter zwischen 21 und 32 Jahren festgenommen, denen vorgeworfen wird, an Bord des Schiffs ein regelrechtes "Massaker" verübt zu haben. Sie sollen mehr als hundert Menschen über Bord geworfen haben, viele der Opfer sollen zuvor erstochen worden sein.

    Italienische und maltesische Marineschiffe hatten am 19. Juli vor der Insel Lampedusa mehr als 560 Menschen von Bord des Flüchtlingsschiffs geborgen. Auf dem völlig überladenen Holzboot wurden zudem die Leichen von 30 Menschen entdeckt, die offenbar von der Besatzung im Schiffsinnern eingeschlossen worden waren und dort der Hitze erlagen oder an Abgasen erstickten. Unter den Opfern war auch ein Säugling.

    Überlebenden zufolge sollen sogar mehr als 180 Flüchtlinge im Mittelmeer ums Leben gekommen sein. Viele von ihnen ertranken offenbar, als ein dänisches Handelsschiff bereits am Samstag Seenotrettung leistete. Zunächst war von 30 Toten die Rede, die an Abgasen im Schiffsbauch erstickt sein sollen. Nach der Ankunft der Überlebenden in der sizilianischen Stadt Messina prüft nun auch die Staatsanwaltschaft die Ereignisse an Bord.

    Einige der dramatischen Szenen sind in Kurzfilmen zu sehen, die bei der Rettung des Boots etwa 150 Kilometer vor der Insel Lampedusa aufgenommen wurden. Die Zeitung La Repubblica hat sie auf ihre Internetseite gestellt. Zu sehen ist dort ein baufälliger, überfüllter Fischkutter in extremer Schräglage, auf dem hunderte Menschen um Hilfe rufen. Einige Flüchtlinge springen ins Wasser. Auf einem zweiten Video berichten Überlebende aus Pakistan und Syrien über die Fahrt. Von den etwa 750 Passagieren hätten 181 Menschen die Überfahrt nicht überlebt, behauptet ein Augenzeuge. Laut italienischer Behörden gingen 568 Migranten in Messina von Bord.

    Im Schiffsbauch des Flüchtlingsbootes sollen Menschen  erstochen worden sein

    La Repubblica zitiert einen 40-jährigen Syrer: „Viele, die im Schiffsbauch waren, allesamt Schwarze, sind erstochen worden von anderen Schwarzen, die nicht wollten, dass sie an Deck kamen, wo kein Platz mehr war.“ Jeder Zentimeter des Schiffs sei voller Menschen gewesen, die wie Tiere gestapelt worden seien. „Einer über dem anderen, darunter auch viele Kinder.“ Auch der Corriere della Sera berichtet von dem Massaker, bei dem „dutzende Flüchtlinge“ während der Überfahrt aus „Platznot“ getötet worden seien. Die Täter hätten „sehr viele Passagiere über Bord geworfen und sich der Leichen der mit Messerstichen oder Schlägen Getöteten entledigt“. Gegen fünf Schlepper, darunter drei Tunesier, werde ermittelt. Nach Darstellung der Zeitung sind sie möglicherweise für die Taten verantwortlich.

    Immer wieder gibt es Berichte über eine regelrechte Klassengesellschaft an Bord der Flüchtlingskähne. Die Schlepper verkaufen Plätze im Schiffsbauch, der sich oft als tödliche Falle erweist. Für 600 bis 900 Euro und fast immer an Afrikaner. Noch teurere Plätze an Deck können sich nur wohlhabendere Flüchtlinge, etwa aus Syrien, leisten.

    Heute wird in Apulien ein Schiff mit 1100 Flüchtlingen erwartet

    Unterdessen reißt der Flüchtlings-Zustrom nicht ab. Allein 6000 Migranten landeten in der vergangenen Woche in Süditalien. Für Mittwoch wird in Taranto (Apulien) ein Schiff mit über 1100 Flüchtlingen erwartet. Nach Angaben des italienischen Innenministeriums sind seit Beginn des Jahres etwa 85 000 Flüchtlinge über das Meer nach Italien gelangt, darunter vor allem Menschen aus Eritrea, Somalia und Syrien. Infolge des Arabischen Frühlings waren im Jahr 2011 mit etwa 62 000 Menschen so viele Flüchtlinge wie nie zuvor über das Mittelmeer nach Italien gekommen. mit afp

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