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Anschlag in Ankara: Zahl der Toten nach Terroranschlag am Bahnhof steigt auf 86

Anschlag in Ankara

Zahl der Toten nach Terroranschlag am Bahnhof steigt auf 86

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    Bei dem Terroranschlag auf eine regierungskritische Friedensdemonstration in der türkischen Hauptstadt Ankara sind mindestens 86 Menschen getötet worden. 186 Menschen seien bei den Explosionen am Samstag verletzt worden, sagte Gesundheitsminister Mehmet Müezzinoglu am Samstag bei einer Pressekonferenz.

    Ziel des "abscheulichen Angriffs" am Samstag seien laut dem Innenministerium die Demokratie und der Frieden in der Türkei gewesen. Auf Bildern waren nach dem Anschlag Leichen zu sehen, die mit Flaggen und Bannern unter anderem der HDP bedeckt waren. Ein Video zeigt, wie junge Demonstranten tanzen, als hinter ihnen eine der Bomben detoniert. Für den Abend wurde über Twitter zu Demonstrationen in mehreren türkischen Städten aufgerufen.

    Tödliche Anschläge in der Türkei

    In der Türkei haben Anschläge schon viele Menschen das Leben gekostet. Einige Fälle:

    Januar 2016: Bei einem Anschlag im historischen Zentrum Istanbuls werden elf Deutsche getötet. Der Angreifer sprengt sich mitten in einer deutschen Reisegruppe in der Umgebung der Hagia Sophia und der Blauen Moschee in die Luft. Der Attentäter gehörte nach Angaben der türkische Regierung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) an.

    Oktober 2015: Am Rande einer regierungskritischen Demonstration in der Hauptstadt Ankara reißen zwei Sprengsätze mehr als 100 Menschen in den Tod. Die Staatsanwaltschaft macht die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verantwortlich.

    September 2015: Bei einem Bombenanschlag in Igdir in der Osttürkei werden zwölf Polizeibeamte getötet. Zuvor starben bei einem Angriff der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK und Gefechten im südosttürkischen Daglica in der Provinz Hakkari 16 Soldaten.

    August 2015: Bei einem Bombenanschlag und einem anschließenden Angriff auf eine Polizeiwache in der Millionenmetropole Istanbul werden mindestens vier Menschen getötet. Zwei Frauen greifen zudem das US-Konsulat an, eine wird festgenommen. Sie soll Mitglied der linksextremen Terrororganisation DHKP-C sein.

    Juli 2015: Im südtürkischen Grenzort Suruc reißt ein Selbstmordattentäter 33 pro-kurdische Aktivisten mit in den Tod. Die Behörden machen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verantwortlich, die sich allerdings nie zu der Tat bekennt.

    Juni 2015: Zwei Tage vor der türkischen Parlamentswahl verüben Unbekannte in der südosttürkischen Kurden-Metropole Diyarbakir einen Sprengstoffanschlag auf eine Veranstaltung der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP. Mindestens vier Menschen sterben.

    Mai 2013: Bei der Explosion zweier Autobomben in der Grenzstadt Reyhanli werden mehr als 50 Menschen getötet. Die Regierung beschuldigt türkische Linksextremisten mit Kontakten zum Regime im benachbarten Syrien.

    September 2011: Drei Menschen sterben in der türkischen Hauptstadt Ankara, als im Regierungsviertel eine Bombe explodiert. Eine Splittergruppe der PKK bekennt sich zur Tat. (dpa)

    Am Sonntag in drei Wochen sind in der Türkei Neuwahlen für das Parlament angesetzt. Mitte November ist in der Nähe der südtürkischen Stadt Antalya der G20-Gipfel geplant, an dem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel teilnehmen soll.

    Die Menschen wollten in Ankara demonstrieren

    Was ist die pro-kurdische Partei HDP?

    Die pro-kurdische HDP (Halklarin Demokratik Partisi/Demokratische Partei der Völker) trat am 7. Juni erstmals zu einer Parlamentswahl an.

    Die regierungskritische HDP ist eine Dachorganisation verschiedener kurdischer, linker und alternativer Parteien. Bei der Wahl im Juni gelang ihr ein Überraschungserfolg: Sie gewann 13,1 Prozent der Stimmen und 80 Sitze im Parlament.

    Es war das erste Mal, dass eine pro-kurdische Partei die Zehnprozenthürde überwand und ins Parlament in Ankara einzog. Parteiämter werden in der HDP von Männern und Frauen gleichberechtigt besetzt. Angeführt wird die Partei von einer Doppelspitze aus Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag.

    Demirtas hatte vor der Wahl im Juni angekündigt, die Pläne des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan zu durchkreuzen, ein Präsidialsystem in der Türkei einzuführen.

    Damit gelang es der HDP, auch Wähler außerhalb des kurdisch geprägten Südostens der Türkei zu gewinnen. Durch den Einzug der HDP in das Parlament verfehlte Erdogans islamisch-konservative AKP die absolute Mehrheit. Allerdings hat Erdogan für den 1. November Neuwahlen ausgerufen.

    Erdogan übt regelmäßig scharfe Kritik an Demirtas und rückt die HDP in die Nähe zur verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die HDP betont dagegen, dass sie unabhängig von der PKK sei. (dpa)

    Zu der Demonstration in Ankara hatten die pro-kurdische Partei HDP und andere regierungskritische Gruppen aufgerufen. Bereits am 20. Juli war es im südtürkischen Suruc zu einem Anschlag auf pro-kurdische Aktivisten mit 34 Toten gekommen; die Bluttat wurde der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zugeschrieben. Kurz danach eskalierte der Konflikt zwischen der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK und der Regierung, der seit Juli Hunderte Menschen das Leben kostete.  

    Der Ko-Vorsitzende der HDP, Selahattin Demirtas, sprach von einem "barbarischen Angriff" in Ankara und erhob schwere Vorwürfe gegen die islamisch-konservative AKP-Regierung. Die Regierung habe nie die Verantwortlichen für das Blutbad von Suruc und für einen Anschlag zuvor auf eine HDP-Veranstaltung in der Kurdenmetropole Diyarbakir präsentiert. "Ihr seid Mörder. An Euren Händen klebt Blut."

    Mindestens zwei Explosionen

    Laut Innenministerium kam es am Samstag um 10.04 Uhr (Ortszeit/09.04 MESZ) vor dem Hauptbahnhof in Ankara zu mindestens zwei Explosionen. Teilnehmer der Demonstration waren dazu aufgerufen, sich ab 10.00 Uhr am Bahnhof zu versammeln. Die Demonstration sollte um 12.00 Uhr beginnen. Die Nachrichtenagentur Anadolu meldete, es gebe unbestätigte Berichte, dass es sich um einen Selbstmordanschlag gehandelt haben könnte. 

    Anadolu berichtete, Präsident Recep Tayyip Erdogan sei mit Ministerpräsident Ahmet Davutoglu und anderen Kabinettsmitgliedern zu einem Krisentreffen zusammengekommen. Davutoglu kündigte an, den Wahlkampf für drei Tage auszusetzen. 

    Bei der Parlamentswahl am 7. Juni war es der HDP als erster pro-kurdischer Partei jemals gelungen, ins Parlament in Ankara einzuziehen. Dadurch verfehlte die AKP die absolute Mehrheit. Nachdem Koalitionsgespräche scheiterten, rief Erdogan für den 1. November Neuwahlen aus. Die Opposition warf Erdogan vor, mit diesen Wahlen eine ausreichende AKP-Mehrheit für ein Verfassungsreferendum erzielen zu wollen. Erdogan will die Verfassung ändern, um ein Präsidialsystem mit sich selber an der Spitze einführen zu können. 

    Medienberichten zufolge wollte die PKK vor der Wahl eine erneute einseitige Waffenruhe ausrufen. Die Regierung kündigte daraufhin an, die Militäreinsätze gegen die PKK würden fortgesetzt. dpa/AZ

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