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Hintergrund: Mohammed Karikaturen: auch Dänemark erlebte schon blutige Proteste

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Mohammed Karikaturen: auch Dänemark erlebte schon blutige Proteste

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    Verschiedene dänische Zeitungen zeigten 2006 die umstrittene Mohammed-Karikatur, die den Propheten als Mann mit einer Bombe samt brennender Zündschnur im Turban porträtierte.
    Verschiedene dänische Zeitungen zeigten 2006 die umstrittene Mohammed-Karikatur, die den Propheten als Mann mit einer Bombe samt brennender Zündschnur im Turban porträtierte. Foto: Str, dpa

    Rudi Carrell landete einen großen Lacherfolg, als er in seiner satirischen „Tagesshow“ am 15. Februar 1987 verschleierte Iranerinnen zeigte, die Unterwäsche auf den Ayatollah Khomeini werfen. Doch nicht nur dem holländischen Showmaster sollte das Lachen bald vergehen. Die nur 14 Sekunden lange Bildmontage löste einen ernsten diplomatischen Konflikt zwischen Deutschland und dem Iran aus. Erst eine Entschuldigung Carrells beruhigte die Lage.

    Angesichts des Anschlags in Paris auf das Satiremagazin Charlie Hebdo mag das wie eine harmlose Anekdote klingen, aber dabei blieb es nicht lange. Die Veröffentlichung der „Satanischen Verse“ von Salman Rushdie im Jahre 1988 entfachte einen nie gekannten Proteststrom in der muslimischen Welt. Und wieder spielte Khomeini eine Rolle. Anfang 1989 belegte der Ayatollah den Schriftsteller mit einer „Fatwa“ – einem muslimischen Rechtsspruch. Der Schiitenführer rief darin zur Tötung Rushdies wegen Gotteslästerung und des Abfalls vom Islam auf. Die Drohung wurde äußerst ernst genommen. Fortan eilte der Autor streng bewacht über viele Jahre von Versteck zu Versteck.

    Dänische Mohammed-Karikaturen lösten Tumulte aus

    Salman Rushdie lebt, Theo van Gogh starb am 2. November 2004 in Amsterdam – gut drei Jahre, nachdem Al-Kaida-Terroristen Flugzeuge in die New Yorker Twin Towers gelenkt hatten. Der wegen seiner polemisch-islamkritischen Äußerungen und Werke umstrittene niederländische Filmregisseur wurde auf offener Straße erstochen.

    Und die Eskalation ging weiter. Die weltweiten, religiös getriebenen Konflikte hatten längst nicht nur eine blutige militärische Dimension, sondern parallel dazu auch eine kulturelle und mediale Komponente. Wer daran noch Zweifel gehegt haben mag, dem wurden die letzten Illusionen angesichts der weltweiten Folgen, die die Veröffentlichung von zwölf Mohammed-Karikaturen in der dänischen Zeitung Jyllands-Posten am 30. September 2005 hatte, genommen.

    Zunächst passierte einige Wochen gar nichts. Als aber dänische Imame – also Vorbeter ihrer religiösen Gemeinschaft – Anfang 2006 die Zeichnungen in der arabischen Welt bekannt machten, geriet die Situation in einigen islamischen Staaten völlig außer Kontrolle. Die Imame sollen zudem obszöne und weitaus beleidigendere Zeichnungen hinzugefügt haben, die von der Jyllands-Posten weder veröffentlicht noch in Auftrag gegeben worden waren.

    Die dänischen Zeichner erhielten Morddrohungen

    Bei blutigen Protesten starben mehr als 150 Menschen. Eine Explosion der Gewalt, die auch die Journalisten der Jyllands-Posten völlig überraschte. Die dänische Botschaft in Syrien stand in Flammen. Ebenso die diplomatischen Vertretungen Norwegens, Schwedens und Chiles – alles Länder, in denen die islamkritischen Zeichnungen nachgedruckt worden waren. In Teheran verhinderten bewaffnete Sicherheitskräfte den Sturm auf die Botschaften westlicher Länder, darunter Deutschlands. Dort hatte die Welt die Karikaturen abgedruckt – weitere Blätter folgten.

    Es hagelte förmlich Morddrohungen gegen die Zeichner der Karikaturen. Von millionenschweren Kopfgeldern aus verschiedenen Quellen war die Rede. Auch in vielen europäischen Ländern gingen zehntausende Moslems – meist friedlich – auf die Straße. Der damals amtierende dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen stärkte der Redaktion zunächst demonstrativ den Rücken. Doch auch in der westlichen Welt gab es Kritik an der Jyllands-Posten, die zu einer aufgehetzten Diskussion um die Grenzen der Pressefreiheit führte.

    Die Angst vor islamischen Terroranschlägen ist wieder da

    Die Ruhe, die einige Wochen später einkehrte, war trügerisch. Mehr als zwei Jahre später, im Juni 2008, kamen bei einem Bombenanschlag auf die dänische Botschaft in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad mindestens acht Menschen ums Leben.

    Auch die Jagd auf die Karikaturisten der Jyllands-Posten ging weiter: Kurt Westergaard – er hatte den Propheten Mohammed mit einer Bombe als Turban gezeichnet – entkam einem Anschlag nur um Haaresbreite. Er rettete sich vor einem Attentäter in einen Sicherheitsraum, der in seiner Wohnung installiert worden war, nachdem die dänische Polizei Mordpläne gegen Westergaard aufgedeckt hatte.

    Seine französischen Kollegen von Charlie Hebdo starben am Mittwoch in Paris. Auch sie hatten es gewagt, Mohammed-Karikaturen zu zeichnen. Vor der Redaktion von Jyllands-Posten in Kopenhagen stehen jetzt wieder bewaffnete Sicherheitskräfte. Die Angst ist zurück.

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