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Bill Kaulitz: Nach dem Monsun bleibt von Tokio Hotel bloß: Billy

Bill Kaulitz

Nach dem Monsun bleibt von Tokio Hotel bloß: Billy

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    Bill Kaulitz präsentierte im Mai sein Kunstprojekt.
    Bill Kaulitz präsentierte im Mai sein Kunstprojekt. Foto: Jörg Carstensen (dpa)

    Was für wunderbare Vorlagen, um sich über ihn lustig zu machen! Die blondierten Haare, all die Piercings und der feine Vollbart, die den ach so empfindsamen Blick umrahmen, der klobige Silberschmuck an den inzwischen auch kräftig tätowierten Händen – und dann rekelt er sich im total künstlerischen Schwarz-Weiß-Video zur ersten Single, einer zarten Ballade freilich, auch noch so rührend herzschmerzhaft allein in den Laken. „I’m Not OK“ heißt das heute erscheinende Comeback-Album von Bill Kaulitz. Ach ja, wirklich? Mit dir stimmt was nicht?

    Neustart mit Tokio Hotel zündete nicht richtig

    Und so könnte der Text einfach spöttisch weiterfließen. Weil: Ist ja nicht mehr so gelaufen, das Geschäft mit Tokio Hotel zuletzt. Das, was 2006 im Örtchen Loitsche bei Magdeburg so unfassbar begonnen hatte, mit Super-Hits wie „Durch den Monsun“, Millionen verkaufter Platten, Kreischstatus von Buenos Aires über Moskau bis nach Tokio, Cover-Geschichten in Teenie- und Mode-Magazinen, weil Bill ja auch ein Trendsetter war mit seinem geschlechtlich eher unspezifischen, geschminkten, schwarzen Irokesen-Emo-Style – bei der „großen“ Rückkehr 2014 mit dem Album „Kings of Suburbia“ und der anschließenden Tour eben nicht mehr so gezündet. Der damalige Mega-Plattenvertrag ist auch ausgelaufen. Drum jetzt: Neuanfang, Neuerfindung, solo, bloß noch „Billy“, dafür als „Hybridkünstler“, weil zu den fünf Songs ein ganzer Schwarz-Weiß-Film und ein 128-Seiten-Heft voller ganz ganz künstlerischer Fotos, wohlgemerkt Bill zeigend, nicht von ihm gemacht. Trotzdem: ernsthafter Künstler jetzt, Botschaft angekommen, klar, oder? Zur Sicherheit dann jetzt exklusiv bei Vernissagen präsentiert in Berlin, Mailand, Paris … Ganz schön bedeutend also, klar, oder?

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    Bloß, dass das viel zu billig wäre, all diese Häme. Denn dieser Bill Kaulitz hat ja auch einfach unglaublich vieles richtig gemacht. Er ist an dem plötzlich Ruhm mit zarten 16 nicht verrückt geworden (schauen Sie sich einen normalen 16-Jährigen an, stellen Sie sich das vor, dann wissen Sie, dass das eine Leistung ist). Justin-Bieber-hafte Skandale totale Fehlanzeige. Stattdessen hat er mit dem bei Tokio Hotel mitmusizierenden Zwillingsbruder Tom die reife Entscheidung getroffen, nach all dem vielleicht besser in Los Angeles zu leben, wo zwei wie sie gar nicht auffallen, ein Leben haben, einfach den Führerschein machen können und durch die Gegend brausen. Insofern also ist die Exzentrik dieser Rückkehr eine sehr milde, fast schöne Form der gereiften Teeniestar-Blüten. Will sich eben probieren, der Bill. In einem ohnehin längst unrettbar hysterischen Popmarkt. Inszeniert als Ikone. Mit dem, was er kann und mag. Das sind nun mal Emo-Sachen, Balladen von der Suche nach Liebe. Mitunter schlimm pathetisch und doch ergreifend schön wie vor zwei Jahren bereits in „Run, Run, Run“. Also Bill, äh Billy: You Are OK!

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