Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Nachruf: Peter Hintze haderte nicht mit seinem Schicksal

Nachruf

Peter Hintze haderte nicht mit seinem Schicksal

    • |
    Peter Hintze, als er seinen Gesetzentwurf zur Sterbehilfe vorstellte: Kanzlerin Merkel würdigte den verstorbenen Pastor als „Mann des offenen Wortes, aber auch des Ausgleichs“.
    Peter Hintze, als er seinen Gesetzentwurf zur Sterbehilfe vorstellte: Kanzlerin Merkel würdigte den verstorbenen Pastor als „Mann des offenen Wortes, aber auch des Ausgleichs“. Foto: Bernd von Jutrczenka. dpa (Archiv)

    Gezeichnet von der Schwere seiner Krankheit war er schon seit Längerem. CDU-Bundestagsvizepräsident Peter Hintze, der sich lange Zeit ein frisches, beinahe jugendhaftes Aussehen bewahrt hatte, wusste schon länger, dass er an einer unheilbaren Krebserkrankung leide. Vor Jahren schon musste er sich einer schweren Operation unterziehen, doch der Krebs kam zurück. Hintze musste erneut in die Klinik, zuletzt wurde er künstlich ernährt.

    In der Nacht zum Sonntag starb der evangelische Pastor und frühere CDU-Generalsekretär im Alter von 66 Jahren in Köln. In Berlin löste diese Nachricht Trauer und Bestürzung aus, Politiker aller Parteien würdigten den leidenschaftlichen Parlamentarier, der über die Parteigrenzen hinweg hohes Ansehen genoss und mehrfach fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe für wichtige gesellschaftspolitische Themen auf den Weg gebracht hatte – zuletzt für eine Liberalisierung der Sterbehilfe.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte Hintze als „Mann des offenen Wortes, aber auch des Ausgleichs“. Er habe sich stets durch „klare Positionen“ ausgezeichnet und seine Überzeugungen mit „großer Leidenschaft und Sachkenntnis“ verteidigt. Die CDU verliere „eine ihrer herausragenden Persönlichkeiten“. Peter Hintze gehörte zu den engsten Vertrauten Merkels. Der begnadete Strippenzieher und Organisator von Mehrheiten im Hintergrund war einer ihrer wichtigsten Verbindungsmänner in den größten CDU-Landesverband Nordrhein-Westfalen hinein.

    Dabei war der gebürtige Bad Honnefer ursprünglich ein „Kohl-Mann“, der von dem früheren CDU-Chef und Bundeskanzler maßgeblich gefördert wurde. Nach einem Studium der evangelischen Theologie in Bonn zog er 1980 als 30-Jähriger erstmals in den Bundestag ein. Dort machte er rasch Karriere, bereits 1983 ernannte ihn der damalige CDU-Bundesfamilienminister Heiner Geißler zum Bundesbeauftragten für den Zivildienst. Nach der Wiedervereinigung kreuzten sich seine Wege mit denen der jungen ostdeutschen CDU-Abgeordneten Angela Merkel.

    Als sie 1991 Bundesministerin für Frauen und Jugend wurde, stand er ihr als parlamentarischer Staatssekretär zur Seite. 1992 ernannte ihn Helmut Kohl zum Generalsekretär der CDU. Für Furore sorgte seine „Rote-Socken-Kampagne“ gegen die Zusammenarbeit von SPD und PDS in Sachsen-Anhalt im Bundestagswahlkampf 1994, die der Union noch einmal einen knappen Sieg bescherte. Allerdings konnte auch Hintze vier Jahre später nicht die Abwahl von Helmut Kohl und der CDU/CSU-FDP-Regierung verhindern. Wegen massiver Kritik an seiner Wahlkampfführung trat er als Generalsekretär zurück.

    Seine zweite Karriere gelang ihm an der Seite Merkels, die er von Anfang an unterstützte. Nach dem Wahlsieg 2005 wurde er Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, 2013 schließlich Bundestagsvizepräsident. Immer wieder vertrat der Rheinländer, der wegen seines Humors, seines ausgleichenden Wesens und seines menschlichen Umgangs mit Vertretern aller anderen Parteien geschätzt wurde, liberale Positionen, mit denen er im Gegensatz zur eigenen Partei wie zu den beiden christlichen Kirchen stand. So lehnte er ein Verbot der Präimplantationsdiagnostik ab und schmiedete dafür ein breites überparteiliches Bündnis, das im Bundestag eine Mehrheit fand. Bei der Freigabe der Sterbehilfe wurde dagegen seine Position abgelehnt. Er selber haderte mit seinem Schicksal nicht. Gott, sagte der in zweiter Ehe verheiratete Vater eines Sohnes, habe etwas mit seinem Leben, aber nicht mit seinem Tod zu tun.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden