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Presesstimen zu Istanbul: Presse zu Anschlag: "Türkei braucht Beistand und keine Häme"

Presesstimen zu Istanbul

Presse zu Anschlag: "Türkei braucht Beistand und keine Häme"

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    Verzweiflung: Ein Verwandter von Umut Sakaroglu, einem Zoll-Offizier, der bei dem Terroranschlag auf den Istanbuler Flughafen umgekommen war, bei der Beerdigung.
    Verzweiflung: Ein Verwandter von Umut Sakaroglu, einem Zoll-Offizier, der bei dem Terroranschlag auf den Istanbuler Flughafen umgekommen war, bei der Beerdigung. Foto:  Sedat Suna (dpa)

    "Der mörderische Terroranschlag des Islamischen Staates (IS) auf den Atatürk-Airport zeigt, dass es größere Krisen in den internationalen Angelegenheiten gibt als den Austritt Großbritanniens aus der EU. Es wäre natürlich rein akademisch zu überlegen, wo die Türkei heute stehen würde, wenn man ihr nach dem Antrag auf Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft 1961 irgendwann eine Art Mitgliedschaft gewährt hätte. 

    Was wir hingegen sicher wissen ist, dass die Türkei sich auf einem gefährlichen Weg befindet. Gefährlich, denn ihre Sicherheit wird bedroht von Terrorismus und Separatismus, während ihr hart erkämpfter Säkularismus und ihre - gemessen an den regionalen Standards - demokratische und liberale Gesellschaft durch eine in wachsendem Maße autoritäre Regierung gefährdet wird, die geneigt ist, militante Islamisten zu beschwichtigen. (...)

    Bombenanschläge in Istanbul: ein Überblick

    Die türkische Metropole Istanbul war in den vergangenen Monaten immer wieder das Ziel von Attentaten mit Bomben. Einige Fälle:

    Juni 2016: Die Explosion einer ferngezündeten Autobombe tötet im Zentrum Istanbuls elf Menschen, 36 weitere werden verletzt. Bei den Toten handelt es sich um sechs Polizisten und fünf Zivilisten. Eine PKK-Splittergruppe bekennt sich auf ihrer Internetseite zu der Tat.

    Mai 2016: Bei einem Autobombenanschlag auf das Militär werden fünf Soldaten und drei Zivilisten verletzt. Das Auto detoniert in der Nähe einer Kaserne, als ein Militärfahrzeug vorbeifuhr. Nach türkischen Medienberichten bekannte sich die kurdisch-nationalistische PKK zu dem Anschlag.

    März 2016: Ein Attentäter sprengt sich auf der zentralen Einkaufsstraße Istiklal in die Luft und reißt vier Menschen mit in den Tod, 39 weitere werden verletzt. Drei der Todesopfer sind Israelis, eines ist aus dem Iran. Laut türkischer Regierung hatte der Attentäter Verbindungen zur sunnitischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

    Januar 2016: Bei einem Anschlag im historischen Zentrum Istanbuls werden zwölf Deutsche getötet. Der Angreifer sprengt sich mitten in einer deutschen Reisegruppe in der Nähe der Hagia Sophia und der Blauen Moschee in die Luft. Der Attentäter gehörte nach Angaben der türkischen Regierung dem Islamischen Staat (IS) an.

    August 2015: Bei einem Bombenanschlag und einem anschließenden Angriff auf eine Polizeiwache werden mindestens vier Menschen getötet. Eines der Todesopfer ist Polizist, die drei anderen sind die Attentäter. Laut türkischen Medien bekannte sich die PKK zu der Tat.

    Die Türkei ist zwar eine regionale Supermacht, doch ihre Streitkräfte sind nicht auf einen asymmetrischen Krieg eingestellt, wie ihn der IS führt. Der IS mag in Syrien und im Irak einige schwere Niederlagen erlitten haben, doch er ist nicht zusammengebrochen und es sieht auch nicht danach aus, dass er dies bald tut."  The Independent,

    "Es ist wieder passiert. Der Terror hat diesmal den Atatürk-Flughafen in Istanbul getroffen, wo am Dienstagabend mindestens 41 Menschen getötet und noch mehr Unschuldige verletzt wurden. Nach dem Angriff mit mehreren Selbstmordattentätern hat die Türkei das einzig Richtige gemacht: den Flughafen schnell wieder geöffnet, angefangen, aufzuräumen und versucht, mit dem Alltag weiterzumachen. So muss es sein. Der Terror kann und darf nie unseren Lebensmut und unseren Alltag zerstören. Erst, wenn das passiert, haben die Terroristen gewonnen." Politiken (Kopenhagen)

    Wie steht es um den Anti-Terror-Kampf der türkischen Regierung?

    "Nach Regierungsangaben deutet alles auf den Islamischen Staat (IS) als Urheber des Anschlags hin. Zu erwähnen, dass auch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) dahinterstecken könnte, verkniff man sich diesmal. Doch erschöpfen sich damit die Fragen nicht: Wie konnte es den Attentätern gelingen, mit Waffen in das Gebäude zu gelangen? Wer übernimmt Verantwortung? Wie steht es um den Anti-Terror-Kampf der Regierung? Warum verkündet der Justizminister, wie viele der Extremisten verhaftet, aber nicht, wie viele wieder auf freien Fuß gesetzt wurden?

    Natürlich braucht die Türkei jetzt Beistand und Solidarität, keine Häme. Dem Schrecken vom Brüsseler Flughafen, wo sich am 22. März IS-Leute in die Luft sprengten, steht der 28. Juni in nichts nach. Warum hält sich die globale Teilnahme trotzdem in Grenzen? Über 200 Zivilisten kamen durch Anschläge allein in Istanbul und Ankara seit vergangenem Herbst ums Leben. Hinzu kommen die ungezählten Toten im Kurdenkonflikt. Doch der Terror ist eben nicht nur eine Heimsuchung, er resultiert auch aus politischen Fehlern, die sich die AKP-Regierung bis heute nicht eingestehen will. Wenn sie stattdessen nur martialische Parolen verkündet und den Verdacht nährt, aus der Angst noch Kapital zu schlagen, ist ihr kaum zu helfen." Neue Zürcher Zeitung

    "Erdogan war lange Zeit von zwei Gedanken besessen: die Kurden zu vernichten und Baschar al-Assad zu Fall zu bringen. Dabei ist er das Risiko eingegangen, den Kontakt zu den Dschihadisten zu suchen. Durch seine Annäherung an Russland jedoch ändert er seine Strategie, was  ihn dazu führen sollte, sich klarer zum Kampf gegen den Islamischen Staat zu stellen. Er hat keine andere Wahl mehr. Die Terrororganisation zwingt ihn dazu."Dernières Nouvelles d'Alsace,

    "Erdogan muss sich nun endgültig für ein Lager entscheiden und damit aufhören, mit kurzfristigen Strategien zu spielen. Man muss nicht das Format eines großen Politikers haben, um ein Diktatur zu sein. Wir haben gesehen, welches Unheil ein kleiner österreichischer Maler im 20. Jahrhundert angerichtet hat. Es ist leichter, prächtige Paläste zu erbauen und die Welt zu täuschen, als ein Staatsmann zu sein, der Frieden schafft.  La Presse de la Manche

    "Der Flughafen in Istanbul ist in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Drehkreuze für Reisen von Europa nach Asien geworden. Der Angriff der militanten Terroristen - nach allem, was wir wissen, blutrünstige Verbrecher des Islamischen Staates - war uns geografisch näher, als wir uns eingestehen wollen. Der Terrorismus zielt auf Flughäfen und Flugzeuge, weil sie Weltoffenheit, Prosperität und westlichen Lebensstil symbolisieren. Israel reagiert auf die Gefahr anders als andere Staaten: Beim Betreten des Flughafens in Tel Aviv werden die Passagiere von Sicherheitskräften befragt, um diejenigen zu erkennen, die eine terroristische Gefahr darstellen. Man nennt diese Methode "profiling" und sie ist kein ganz koscheres Vorgehen. Doch es funktioniert. Ist das vielleicht der richtige Weg?" ospodarske noviny", Tschechien dpa/AZ Anschlag in Istanbul: Was wir bislang wissen und was nicht

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