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Gesundheit: Schneller zum Facharzt-Termin? Angeblich genügt künftig ein Anruf

Gesundheit

Schneller zum Facharzt-Termin? Angeblich genügt künftig ein Anruf

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    Die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen, sollen dafür sorgen, dass gesetzlich versicherten Patienten nicht länger als vier Wochen auf einen Facharzttermin warten.
    Die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen, sollen dafür sorgen, dass gesetzlich versicherten Patienten nicht länger als vier Wochen auf einen Facharzttermin warten. Foto: Jens Wolf (dpa)

    Das Amt des Gesundheitsministers ist eines der undankbarsten im Kabinett. Meistens operiert er jenseits der Wahrnehmungsschwelle, und wenn er es doch einmal in die Zeitung oder ins Fernsehen schafft, hat er selten Gutes zu verkünden. Mal steigen die Beiträge zur Pflegekasse, mal die für die Krankenversicherung oder die Zuzahlungen in der Apotheke. Kein Wunder also, dass Hermann Gröhe den neuen Dienst, der gesetzlich Versicherten schneller zu einem Termin beim Facharzt verhelfen soll, feiert wie der Verkehrsminister den Bau einer neuen Autobahn.

    Vom heutigen Montag an soll kein Patient mehr länger als vier Wochen warten, bis sich ein Internist, ein Kardiologe oder ein Orthopäde um ihn kümmert – immer vorausgesetzt, der Hausarzt hat die Behandlung beim Spezialisten auf dem Überweisungsschein als dringlich deklariert. Damit regelt der Gesundheitsminister nun per Gesetz, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte: Eine Behandlung, die sich nicht an den Interessen des Arztes orientiert, sondern alleine an den Bedürfnissen des Patienten. Eine Behandlung mithin, bei der es keinen Unterschied macht, ob dieser Patient gesetzlich versichert ist oder privat. In vielen Praxen, vor allem in denen der Fachärzte, ist genau das jedoch der entscheidende Unterschied: Im Zweifel bekommt ein Privatpatient hier deutlich schneller einen Termin als einer mit der Versichertenkarte der AOK, der DAK oder einer anderen gesetzlichen Kasse.

    Diesen Wettbewerbsnachteil sollen die Termin-Telefone der Kassenärztlichen Vereinigungen nun wenigstens teilweise wettmachen. Ob der Service auch hält, was Gröhe sich verspricht, ist allerdings fraglich: Wer sich an eine der 17 Terminbörsen wendet, bekommt dort ja nicht den Arzt vermittelt, den er vielleicht schon kennt oder der seine Praxis nur zwei Straßen weiter hat, sondern einen x-beliebigen Facharzt, der gerade noch Kapazitäten frei hat und der auch ein gutes Stück entfernt sitzen darf. Vor diese Wahl gestellt werden viele Versicherte sich im wahrsten Sinne des Wortes für die näherliegende Lösung entscheiden – und lieber noch ein paar Tage länger warten. Die wirklich akuten Fälle dulden ohnehin keinen Aufschub: Hier schickt der Hausarzt seine Patienten auch in Zukunft direkt in die Klinik oder versucht, auf dem kleinen Dienstweg selbst einen Facharzt zu organisieren: „Herr Kollege, ich hätte da einen Patienten...“

    Auf dem Land gibt es zu wenig Ärzte - in den Ballungsräumen zu viele

    Wie seine Vorgänger doktert auch der CDU-Mann Gröhe nur an den Symptomen eines Leidens herum, das allmählich chronische Züge annimmt: In den Ballungsräumen gibt es zu viele Ärzte – und auf dem flachen Land zu wenige. Die Hälfte aller Psychotherapeuten, zum Beispiel, hat ihre Praxis nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung in einer Großstadt – obwohl in den Großstädten nur ein Viertel der Bevölkerung lebt. Bei Hals-Nasen-Ohren-Ärzten, Neurologen, Urologen oder Kinderärzten sieht es nicht viel anders aus. In den großen Städten muss ein Kinderarzt rein rechnerisch etwa 2400 Kinder versorgen – auf dem Land mehr als 3800. Die hohen Prämien, die immer mehr Landesregierungen und Kommunen ausloben, um junge Mediziner in die Provinz zu locken, reichen offenbar nicht aus, um dieses Missverhältnis aufzulösen.

    Mit dem neuen Termin-Telefon verhält es sich ähnlich. Es ist der Versuch, eine Fehlentwicklung zu korrigieren, ohne sie wirklich korrigieren zu können. Das Gesundheitswesen ist keine Branche wie das Baugewerbe oder die Metallindustrie, die nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage funktioniert, sondern Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Hier muss der Staat viel stärker regulierend eingreifen, als er es bisher tut.

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