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Seehofer in Tschechien: Seehofer und Tscheche Sobotka - Freunde fürs Leben?

Seehofer in Tschechien

Seehofer und Tscheche Sobotka - Freunde fürs Leben?

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    Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (Zweiter von rechts) hat sich als wichtigstes außenpolitisches Ziel gesetzt, das Verhältnis Bayerns zu Tschechien zu stärken.
    Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (Zweiter von rechts) hat sich als wichtigstes außenpolitisches Ziel gesetzt, das Verhältnis Bayerns zu Tschechien zu stärken. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Auch im Jahr 25 nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gibt es viele Dinge im Verhältnis zwischen Bayern und Tschechien, die den Menschen auf beiden Seiten Probleme im Alltag bereiten. Von Tschechen ist zu hören, dass sie sich oft darüber ärgern, wenn sie über die offene Grenze fahren. Wegen vieler Polizeikontrollen fühlen sie sich allein wegen ihres Autokennzeichens von den bayerischen Polizisten unter generellen Drogenverdacht gestellt.

    Ein Dauerärgernis auf beiden Seiten ist für die Menschen die Zugverbindung: Während man bald mit dem ICE direkt nach London fahren kann, dauert eine Bahnreise von München nach Prag heute länger als zu Dampflokzeiten vor hundert Jahren. Einer der Gründe, warum zwischen Bayern und Tschechien politisch weniger vorwärtsging, als sicherlich möglich gewesen wäre, lag an Problemen auf allerhöchster politischer Ebene und am Schatten der Vergangenheit.

    Seehofer: Das Herz Europas soll gemeinschaftlich schlagen

    CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer hat sich als wichtigstes außenpolitisches Ziel gesetzt, das Verhältnis Bayerns zu Tschechien nicht nur zu normalisieren, sondern es regelrecht auf ein freundschaftliches Höchstmaß zu bringen. „Wir machen das für die Menschen in Bayern und Tschechien“, sagt Seehofer an der Seite des tschechischen Ministerpräsidenten Bohuslav Sobotka in der Prager Regierungszentrale. „Wir liegen beide im Herzen Europas und dieses Herz soll gemeinschaftlich schlagen.“ Es ist bereits die dritte offizielle Reise Seehofers nach Prag – obwohl er der erste bayerische Ministerpräsident überhaupt war, der 2010 Tschechien einen Staatsbesuch abstattete. Davor herrschte politische Eiszeit, obwohl Tschechien mit seinen über zehn Millionen Einwohnern als Bayerns Nachbar größer ist als Österreich.

    Stoiber kritisierte die tschechische Regierung regelmäßig

    Seehofers Vorvorgänger Edmund Stoiber lehnte in den 14 Jahren seiner Amtszeit als Ministerpräsident bewusst einen offiziellen Besuch ab. Stattdessen geißelte der damalige CSU-Chef fast jährlich auf dem Vertriebenentag der Sudetendeutschen die Regierung in Prag dafür, dass sie die sogenannten Benes-Dekrete nicht aufheben wolle. Diese waren die Rechtsgrundlage der Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. Stoibers Kritik auf den Vertriebenentagen wurde außerhalb Bayerns oft eher als Randnotiz in den Medien wahrgenommen. In Tschechien jedoch beherrschte das Thema die Titelseiten oft tagelang.

    Im Inland warfen Kritiker Stoiber vor, das deutsch-tschechische Verhältnis trotz der Aussöhnungserklärung von 1997 zu belasten, und, dass er es vor allem auf die Sudetendeutschen als Wähler-Klientel abgesehen habe. Der bayerische Ministerpräsident aber ist seit 1950 von Amts wegen Schirmherr der Sudetendeutschen, die nach Kriegsende zu Bayerns viertem Stamm neben Altbayern, Franken und Schwaben wurden. Auch Stoibers Frau Karin, 1943 im böhmischen Buchau geboren, erlebte die Vertreibung und ihre Folgen von Kindheit an. In Stoiber fanden Vertriebenenpolitiker lange ihren mächtigsten Verbündeten.

    Seehofer kommentiert die alten Streitpunkte kaum noch

    Horst Seehofer leitete auch in der Tschechien-Politik einen Kurswechsel ein – nicht ohne ihn von den Vertretern der Sudeten politisch absegnen zu lassen. Seitdem gilt politisch nur noch der Blick nach vorn statt in die Vergangenheit. Seit 2010 gibt es nur noch einen Satz, den Seehofer zu dem alten Streitthema sagt: „Zu den Benes-Dekreten gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen auf beiden Seiten.“ Auch jetzt in Prag wiederholt er ihn, allerdings nur auf mehrfache Nachfrage.

    Seit die bayerische Seite den Weg für den Neuanfang freigemacht hat, läuft die Reisediplomatie auf Hochtouren: Allein dieses Jahr waren vor Seehofer sechs seiner Minister in Tschechien. Auch jetzt unterzeichnen beide Regierungen ein umfangreiches gemeinsames Wissenschafts- und Forschungsabkommen. Seehofer verspricht zudem, den Ausbau der Bahnstrecke nach Prag voranzubringen, wo Deutschland eine Bringschuld habe. Bei der Bekämpfung der Droge Crystal Meth wollen beide Länder gemeinsam auf Polen einwirken, wo laut Regierungschef Sobotka die größten Rohstoffmengen für illegale tschechische Drogenküchen herkommen.

    Der tschechische Regierungschef Sobotka ist bald in Bayern zu Gast

    Und noch dieses Jahr will Bayern eine eigene „Botschaft“ im Zentrum von Prag eröffnen: Dass zur Einweihung der Ständigen Landesvertretung der tschechische Regierungschef Sobotka sein Kommen zugesagt hat, wertet Seehofer „als sehr starkes Signal“. Zumal es den CSU-Chef offenbar mit Stolz erfüllt, dass er, obwohl nur Landesfürst, in Prag stets auf Augenhöhe wie ein internationler Regierungschef hofiert wird.

    In gut zwei Jahren soll Seehofers außenpolitisches Versöhnungswerk eine Krönung erhalten: Dann soll die tausendjährige Nachbarschaftsgeschichte Böhmens und Bayerns mit einer großen Landesausstellung gefeiert werden. Wie zu hören ist, wollen Nürnberg und Pilsen die Orte der Doppelausstellung werden, die hunderttausende Bayern und Tschechen anlocken soll.

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