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Österreich: Sieg für FPÖ: Bundespräsidentenwahl muss wiederholt werden

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Sieg für FPÖ: Bundespräsidentenwahl muss wiederholt werden

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    Alexander Van der Bellen (Grüne) gewann in der Stichwahl knapp gegen Norbert Hofer (FPÖ). Nun muss die Bundespräsidentenwahl wiederholt werden.
    Alexander Van der Bellen (Grüne) gewann in der Stichwahl knapp gegen Norbert Hofer (FPÖ). Nun muss die Bundespräsidentenwahl wiederholt werden. Foto:  Christian Bruna (dpa)

    Die österreichische Bundespräsidentenwahl muss wegen Unregelmäßigkeiten bei der Stimmenauszählung wiederholt werden. Das teilte der Verfassungsgerichtshof des Landes am Freitag nach Überprüfung einer Wahl-Anfechtung der rechten FPÖ mit.

    "Die Entscheidung macht niemanden zu einem Verlierer oder Gewinner", hieß es in der öffentlich verkündeten Begründung des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs, Gerhart Holzinger. Das Urteil diene dazu, das Vertrauen in den Rechtsstaat und die Demokratie zu stärken. Die FPÖ hatte die Wahl nach der knappen Niederlage ihres Kandidaten Norbert Hofer wegen zahlreicher Gesetzesbrüche in Bezirkswahlbehörden angefochten. Der Grünen-nahe Alexander Van der Bellen hatte vor sechs Wochen die Stichwahl gegen Hofer mit nur 31.000 Stimmen Vorsprung gewonnen.

    Der neue Präsident hätte in der kommenden Woche vereidigt werden sollen. Nun muss das dreiköpfige Präsidium des Nationalrats, dem auch Hofer angehört, die Amtsgeschäfte des Staatsoberhaupts kommissarisch übernehmen. Neuwahlen werden für den Herbst erwartet. Wiederholt werden soll nur der zweite Wahlgang, bei dem Van der Bellen und Hofer als die beiden bestplatzierten Kandidaten der ersten Runde gegeneinander angetreten waren.

    Das Gericht hatte an fünf Verhandlungstagen 90 Zeugen zur Klärung der Vorwürfe geladen. Zahlreiche Wahl-Verantwortliche räumten bei Befragungen Regelverstöße bei der Auszählung der Briefwahlstimmen ein. Demnach wurden etliche Vorschriften verletzt. So wurden aus Zeitnot Kuverts vorzeitig geöffnet und Stimmen auch teils von nicht Befugten ausgezählt.

    Wie es zur Stichwahl in Österreich kam

    Am 24. April hatten die Österreicher per Direktwahl in einer ersten Runde über ihren neunten Bundespräsidenten abgestimmt. Sechs Kandidaten buhlten um die Stimmen der Bürger - so viele wie erst einmal zuvor. Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik schaffte es kein Vertreter der etablierten Parteien in die Stichwahl.

    Das ist der Verfassungsgerichtshof von Österreich

    Der österreichische Verfassungsgerichtshof ist oberster Hüter der Einhaltung der Verfassung der Alpenrepublik. Er prüft Gesetze und Verordnungen und ist damit für die demokratische und rechtsstaatliche Ordnung im Land zuständig.

    Der VfGH wird nur tätig, wenn Berechtigte einen Antrag zur Überprüfung vermuteter Unregelmäßigkeiten stellen.

    Das Gericht mit Sitz in der Wiener Innenstadt besteht aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und zwölf weiteren Mitgliedern. Außerdem stehen sechs Ersatzmitglieder bereit.

    Die Juristen werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag von Regierung und Parlament ernannt. Die Richter dürfen nicht älter als 70 Jahre sein.

    Entscheidungen des Gerichts werden mit Stimmenmehrheit hinter verschlossenen Türen gefällt. Ob über eine Sachlage einstimmig oder nur mit knappem Konsens abgestimmt wurde, wird im Gegensatz zu anderen Ländern nicht bekanntgegeben.

    Eine so große und öffentliche Verhandlung wie zur Anfechtung der Bundespräsidentenwahl durch die rechte FPÖ hat es in der Geschichte des Gerichts noch nie gegeben. (dpa)

    Am 22. Mai standen sich der Gewinner der ersten Runde, der Kandidat der Rechtspopulisten Norbert Hofer (45), und der ehemalige Grünen-Chef Alexander Van der Bellen (72) in der Stichwahl gegenüber.  Der gelernte Flugzeugtechniker Hofer erhielt in der ersten Runde 35,1 Prozent der Stimmen, Wirtschaftsprofessor Van der Bellen 21,3 Prozent. In der Stichwahl drehte sich das Ergebnis: 50,3 Prozent wählten Van der Bellen, 49,7 Prozent Hofer.

    Die Wahlbeteiligung war nach einem intensiven Medienwahlkampf mit knapp 73 Prozent hoch. 4,6 Millionen Österreicher gaben ihre Stimme ab. Das Ergebnis stand erst nach Auszählung der Wahlkarten einen Tag später fest. Die unterlegene FPÖ focht die Wahl wegen zahlreicher Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof an. dpa/AZ

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