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BND-Affäre: So könnte eine bessere Kontrolle der Nachrichtendienste aussehen

BND-Affäre

So könnte eine bessere Kontrolle der Nachrichtendienste aussehen

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    Ein Großteil der BND-Aktivitäten bleiben der Kontroll-Kommission verborgen. (Symbolbild)
    Ein Großteil der BND-Aktivitäten bleiben der Kontroll-Kommission verborgen. (Symbolbild) Foto: Andreas Gebert/Archiv (dpa)

    Es ist, ein wenig, wie bei David und Goliath. Mehr als 11.000 Mitarbeiter beschäftigen der Bundesnachrichtendienst (BND), das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst – auf die Finger aber sehen den drei Geheimdiensten nur ein Staatssekretär im Kanzleramt, neun Bundestagsabgeordnete, die sich einmal im Monat treffen, und ein halbes Dutzend Mitarbeiter. Dass der BND die Kollegen von der amerikanischen NSA offenbar etwas zu bereitwillig mit Informationen aus Deutschland versorgt hat, wusste niemand von ihnen. Entsprechend laut sind nun die Rufe nach einer besseren Kontrolle der Dienste.

    Forderung: BND soll besser kontrolliert werden

    „Ich wäre schon froh, wenn wir nicht alles erst aus der Zeitung erfahren würden.“ Die Nördlinger SPD-Abgeordnete Gabriele Fograscher ist eines der neun Mitglieder des streng geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremiums. Von den Diensten und der Bundesregierung werden sie allerdings nur über das informiert, was sie auch erfahren sollen – für eigene Kontrollen, womöglich sogar unangemeldet, fehlt ihnen nicht nur das Personal, sondern auch das rechtliche Instrumentarium.

    „Natürlich können wir von den Diensten auch Auskunft verlangen“, sagt die 57-Jährige. Das aber gelte nur für Fälle von besonderer Bedeutung wie den aktuellen Skandal oder das Abhören von Angela Merkels Handy durch die Amerikaner. Die SPD-Innenexpertin Eva Högl will das Kontrollgremium deshalb so umbauen und ausstatten, dass es brisante Vorgänge künftig auch selbst unter die Lupe nehmen kann. Dazu, sagt sie, „brauchen wir mehr Leute, mehr Geld und einen leitenden Beamten, der die Kontrolle koordiniert“.

    Ex-BND-Chef Geiger fordert einen Nachrichtendienstbeauftragten

    Der Schritt zu einem eigenen Geheimdienstbeauftragten wäre von da aus nicht mehr weit. Eine entsprechende Umorganisation hat der frühere Präsident von BND und Verfassungsschutz, Hansjörg Geiger, schon lange vor Bekanntwerden der jüngsten Affäre im Gespräch mit unserer Zeitung gefordert: „Ich schlage vor, dass der Bundestag nach dem Vorbild des Wehrbeauftragten einen Nachrichtendienstbeauftragten beruft, der die Arbeit der Dienste kontinuierlich begleitet und Risiken früh erkennt. Das kann das gegenwärtige Kontrollgremium nicht.“

    Während Abgeordnete wie Gabriele Fograscher quasi neben ihrer normalen Abgeordnetentätigkeit noch auf die Geheimdienste achten, würde ein Beauftragter nach Geigers Vorstellungen über einen eigenen Stab verfügen, freien Zugang zu allen Nachrichtendiensten haben, umfassende Auskunftsrechte sowie das Recht auf Zeugenvernehmung. Vom Bundestag könnte er mit Zweidrittelmehrheit für jeweils fünf Jahre gewählt werden.

    Großteil der BND-Aktivitäten bleibt Kontroll-Gremien verborgen

    Bisher kümmern sich neben dem Parlamentarischen Kontrollgremium zwei weitere politische Instanzen um die Geheimdienste – und jede für sich hat damit ihre Probleme. Im Kanzleramt gibt es mit dem früheren Vizepräsidenten des Verfassungsschutzes, Klaus-Dieter Fritsche, inzwischen zwar einen eigenen Staatssekretär für die Aufsicht über die Dienste, die diskrete Zuarbeit des Bundesnachrichtendienstes für die NSA aber blieb auch dort unentdeckt. Außerdem tagt einmal im Monat die sogenannte G-10-Kommission, ein vierköpfiges Gremium, das immer dann eingeschaltet werden muss, wenn ein Dienst ein Telefon abhören oder einen Mailverkehr mitlesen will.

    Das sind die deutschen Geheimdienste

    In Deutschland gibt es drei Geheimdienste: Den Bundesnachrichtendienst (BND), das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und den Militärischen Abschirmdienst (MAD) der Bundeswehr.

    Zusätzlich verfügen die Bundesländer über eigene Landesämter für den Verfassungsschutz.

    Offiziell spricht man übrigens nicht von Geheimdiensten, sondern von Nachrichtendiensten. Auch das Wort "Spionage" hört man offiziell nur ungern. Stattdessen spricht man eher von "Aufklärung" oder "Informationsgewinnung mit nachrichtendienstlichen Methoden".

    Die Arbeit aller drei deutschen Geheimdienste wird vom Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) überprüft. Das PKG ist ein Gremium des deutschen Bundestags.

    Der Bundesnachrichtendienst (BND) mit Sitz in Pullach bei München und Berlin ist für die Auslandsaufklärung zuständig. Seine 6000 Mitarbeiter beschaffen also Informationen aus dem Ausland oder über das Ausland. Daneben ist der BND auch immer häufiger bei der Beschaffung von Informationen über die organisierte Kriminalität im Einsatz.

    BND-Mitarbeiter arbeiten offen oder verdeckt. Sie observieren, werten Medien aus, spionieren, führen Auslandsagenten, und überwachen Telefone oder Internetverbindungen.

    Grundlage für die Arbeit des BND ist das Gesetz über den Bundesnachrichtendienst von 1990 (BNDG).

    Der deutsche Inlandsgeheimdienst ist das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Die rund 2500 Mitarbeiter haben die Aufgabe, Informationen über verfassungsfeindliche und extremistische Aktivitäten zu sammeln. Daneben ist das BfV für die Spionageabwehr zuständig.

    Die Verfassungsschützer arbeiten offen und verdeckt. Sie werten Medien aus, überwachen Telefone und Internetverbindungen, arbeiten mit sogenannten V-Leuten, die aus der extremistischen oder verfassungsfeindlichen Szene heraus berichten.

    Das Bundesamt für Verfassungsschutz untersteht dem Bundesinnenministerium. Grundlage seiner Arbeit ist das Bundesverfassungsschutzgesetz.

    Das Amt für den militärischen Abschirmdienst (MAD) ist der Geheimdienst der Bundeswehr. Es beschäftigt rund 1250 Mitarbeiter.

    Hauptaufgaben des MAD sind die Spionageabwehr und die Sabotageabwehr. Außerdem soll der Militärische Abschirmdienst Extremismus und Terrorismus abwehren.

    Der MAD ist auch an Auslandseinsätzen der Bundeswehr beteiligt. Dort sammeln seine Mitarbeiter Informationen die nützlich sein könnten, um die Sicherheit der Bundeswehr im Ausland zu gewährleisten.

    Ein Großteil der Aktivitäten des BND allerdings bleibt auch dieser Kommission verborgen, weil ausländischer Telekommunikationsverkehr, der beispielsweise über die zentralen Internet-Konten in Frankfurt läuft, nach Auffassung des Dienstes ungehindert überwacht werden darf. „Wenn sie einen Afrikaner abhören, der mit einem Afghanen telefoniert“, sagt der frühere Bundestagsabgeordnete Frank Hofmann, eines der Mitglieder der G-10-Runde, „dann lassen die uns draußen.“ Der Frankfurter Richter Bertold Huber, der stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, hält das für verfassungswidrig. Nicht-Deutsche, argumentiert er, sind durch das Grundgesetz in Deutschland genauso geschützt wie Deutsche.

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