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Kommentar: Sondierungsgespräche: Union und SPD raufen sich zusammen

Kommentar

Sondierungsgespräche: Union und SPD raufen sich zusammen

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    Sind sie die Gesichter der neuen Regierung? Horst Seehofer, Martin Schulz und Angela Merkel im Willy-Brandt-Haus in Berlin.
    Sind sie die Gesichter der neuen Regierung? Horst Seehofer, Martin Schulz und Angela Merkel im Willy-Brandt-Haus in Berlin. Foto: Maurizio Gambarini, dpa

    Die blamable Hängepartie um die Bildung einer neuen Bundesregierung geht langsam zu Ende. Nach dem Scheitern der „Jamaika“-Verhandlungen ist es CDU, CSU und SPD gelungen, sich auf die Grundzüge eines gemeinsamen Programms zu verständigen. Man hat sich zusammengerauft – aus Verantwortung für das Land, aus schierer Angst vor Neuwahlen und einer weiteren Abstrafung durch die Wähler, denen der ganze Theaterdonner längst auf die Nerven geht.

    Noch ist das neue schwarz-rote Bündnis nicht in trockenen Tüchern. Der Koalitionsvertrag muss erst noch ausgehandelt, das von den Parteispitzen abgesegnete Sondierungspapier in vielen Punkten präzisiert werden. In der Europapolitik beispielsweise ist noch völlig unklar, was sich hinter den wohlklingenden Textpassagen wirklich verbirgt und was dies für die deutschen Finanzen bedeutet. Und am Ende müssen ja noch die Mitglieder der SPD, deren linker Flügel vehement in die Opposition strebt, ja sagen. Aber die Basis der Sozialdemokratie müsste schon jeden Sinn für die Realitäten eingebüßt haben, wenn sie den Zug Richtung Merkel IV noch entgleisen ließe. Es geschähe ja um den Preis einer Demontage der Parteiführung und des Risikos, bei Neuwahlen noch unter die 20 Prozent zu rutschen.

    Neuauflage der Groko - alles spricht für eine Regierung vor Ostern

    Nein, es spricht nun alles dafür, dass Union und SPD handelseinig werden und Deutschland noch vor Ostern wieder eine stabile, international handlungsfähige Regierung bekommt. Jede Spekulation über eine Minderheiten-Regierung unter Merkel ist vom Tisch. Offenbar hat sich auch in der SPD die Erkenntnis durchgesetzt, dass Europas größte Nation mit wechselnden Mehrheiten nicht zu regieren ist. Es mag sein, dass ein „Jamaika“-Bündnis irgendwie attraktiver gewesen wäre, für neue Impulse oder gar eine Art von „Aufbruchstimmung“ gesorgt hätte. Wieder eine Große Koalition mit den bekannten Gesichtern und der Neigung, auf ausgetretenen Pfaden Politik zu machen: Das ist nicht gerade sexy. Doch es ist durchaus respektabel, was die Verlierer der Bundestagswahl vereinbart haben.

    Natürlich steckt das Sondierungspapier voller Kompromisse. Nach dem Motto: Du kriegst die Mütterrente, wenn ich die Grundrente bekomme. Oder: Keine Bürgerversicherung, dafür die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung. Koalitionsgespräche sind nun mal ein Geben und Nehmen. Dass die GroKo mehr investieren will (in den Breitbandausbau, in die Schulen, in die Förderung des Wohnungsbaus), den Familien unter die Arme greift und soziale Probleme wie das Defizit an Pflegekräften anpackt, zielt in die richtige Richtung. Für die so genannten „kleinen Leute“ ist einiges drin. In der Steuerpolitik jedoch geht es leider so weiter wie bisher: Ganze zehn Milliarden Steuerentlastung – und das, obwohl man aus dem Vollen schöpfen kann. Auf keinem anderen Feld ist der mangelnde Ehrgeiz, Strukturen zu verändern, so spürbar. Reparieren, nachbessern, das soziale Netz dichter knüpfen, Versäumtes nachholen: Aus diesem Geist ist dieser Vertrag entstanden. Und, seien wir ehrlich: Viel mehr, Kühnes oder Innovatives gar, war nicht zu erwarten.

    SPD kann mit Sondierungsergebnis zufrieden sein

    Die SPD, von der nun alles abhängt, kann zufrieden sein. Sie hat, gemessen an ihren mickrigen 20 Prozent, durchaus gepunktet. Die CDU ist froh, Merkels Kanzlerschaft zu erträglichen Konditionen sichern zu können. Und weil die Einwanderungspolitik eindeutig die Handschrift der Union trägt und die SPD jetzt eine Art „Obergrenze“ für die jährliche Zuwanderung mitträgt, kann sich der CSU-Verhandlungsführer Seehofer des Beifalls seiner Partei sicher sein.

    Lesen Sie zum Thema auch: Steuern, Beiträge, besseres Klima: Was die GroKo-Pläne bedeuten

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