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"Döner-Morde": Sorge um rechten Terror: Herrmann für neues NPD-Verbotsverfahren

"Döner-Morde"

Sorge um rechten Terror: Herrmann für neues NPD-Verbotsverfahren

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    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist angesichts der rechtsextremen Mordserie für ein neues Verfahren zum NPD-Verbot. dapd
    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist angesichts der rechtsextremen Mordserie für ein neues Verfahren zum NPD-Verbot. dapd

    Nach Bekanntwerden des rechtsextremen Hintergrunds in der sogenannten Döner-Mordserie und vor dem Hintergrund des NPD-Bundesparteitags in Neuruppin ist die Debatte um ein Verbot der Partei neu entbrannt. Joachim Herrmann (CSU), Bayerischer Staatsminister des Innern, sprach sich angesichts der rechtsextremen Mordserie für ein neues Verfahren zum NPD-Verbot aus: "Ich bin dafür, dass wir das NPD-Verbot wieder auf die Tagesordnung setzen", sagte Herrmann am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Günther Jauch". Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe müsse die rechtlichen Hürden für ein solches Verfahren überdenken. "Da muss auch Karlsruhe seine Meinung dazu ändern", sagte Herrmann.

    Der Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir, warnte vor zu hohen Erwartungen an ein NPD-Verbot. "Man muss ernsthaft über das NPD-Verbot nachdenken. Aber die Diskussion um die NDP dient auch dazu, von der eigentlichen Diskussion, abzulenken", sagte Özdemir. "Wir müssen darüber reden, dass NPD und Rechtsradikale in manchen Teilen Deutschlands, vor allem im Osten unserer Republik, gesellschaftlich hegemonial geworden sind."

    Bosbach warnt vor neuem NPD-Verbotsverfahren

    Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), warnte dagegen vor einem neuen NPD-Verbotsverfahren. "Die dramatischen Erkenntnisse der letzten Tage ändern nichts daran, dass sich der Staat seit dem plötzlichen Aus des NPD-Verbotsverfahrens 2003 dank Karlsruhe in einem echten Dilemma befindet", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Einerseits verlangt das Gericht, dass vor einem neuen Antrag alle V-Leute abgezogen werden.

    Die Döner-Morde

    Die Morde an acht türkischen und einem griechischen Staatsangehörigen in den Jahren 2001 bis 2006 wurden unter den sogenannten Döner-Morden als Serie erfasst.

    Am 9. September 2000 wird in Nürnberg der Blumengroßhändler Enver Simsek an seinem Arbeitsplatz mit Kugeln aus zwei Waffen erschossen. Er war türkischer Staatsangehöriger.

    Mehrere Monate später, am 13. Juni 2001, wird ebenfalls in Nürnberg der Schneider Abdurrahim Özüdogru mit zwei Kopfschüssen getötet. Er war allein an seinem Arbeitsplatz.

    Schon wenige Tage später, am 27. Juni 2001, wird in Hamburg der Gemüsehändler Süleyman Taskörpü erschossen.

    Am 29. August 2001 fällt der Gemüsehändler Habil Kilic in München einem unbekannten Killer zum Opfer.

    Am 25. Februar 2004 schlägt der Mörder nach einer längeren Pause wieder zu und tötet in Rostock den Döner-Verkäufer Yunus Turgut.

    Erneut vergeht eine längere Pause, ehe am 9. Juni 2005 der Dönerbudenbesitzer Ismail Yasar erschossen aufgefunden wird. Tatort war wieder Nürnberg.

    Knapp eine Woche später, am 15. Juni 2005, wird der aus Griechenland stammende Theodoros Boulgarides erschossen. Er arbeitete für einen Schlüsseldienst in München.

    Nach einer mehrmonatigen Pause wird in Dortmund am 4. April 2006 der Kioskbesitzer Mehmet Kubasik getötet.

    Schon zwei Tage später wird in Kassel der 21-jährige Halit Yozgat in seinem Internet-Café erschossen.

    Alle neun wurden mit einer Pistole der tschechischen Marke Ceska mit Schalldämpfer am helllichten Tag regelrecht hingerichtet.

    Andererseits sind wir zu Beobachtung und Gefahrenabwehr dringend auf Infos aus dem Innenleben der Partei angewiesen. Ein erneutes Verfahren würde Jahre dauern. Und deshalb wäre der Erkenntnisverlust gerade wegen der Gefährlichkeit der NPD höchst riskant." Bosbach fügte hinzu: "Wenn in immer kürzeren Abständen ein Verbotsantrag gefordert wird, der dann doch nicht kommt, hinterlässt der Staat einen hilf- und kraftlosen Eindruck."

    Das sind die deutschen Geheimdienste

    In Deutschland gibt es drei Geheimdienste: Den Bundesnachrichtendienst (BND), das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und den Militärischen Abschirmdienst (MAD) der Bundeswehr.

    Zusätzlich verfügen die Bundesländer über eigene Landesämter für den Verfassungsschutz.

    Offiziell spricht man übrigens nicht von Geheimdiensten, sondern von Nachrichtendiensten. Auch das Wort "Spionage" hört man offiziell nur ungern. Stattdessen spricht man eher von "Aufklärung" oder "Informationsgewinnung mit nachrichtendienstlichen Methoden".

    Die Arbeit aller drei deutschen Geheimdienste wird vom Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) überprüft. Das PKG ist ein Gremium des deutschen Bundestags.

    Der Bundesnachrichtendienst (BND) mit Sitz in Pullach bei München und Berlin ist für die Auslandsaufklärung zuständig. Seine 6000 Mitarbeiter beschaffen also Informationen aus dem Ausland oder über das Ausland. Daneben ist der BND auch immer häufiger bei der Beschaffung von Informationen über die organisierte Kriminalität im Einsatz.

    BND-Mitarbeiter arbeiten offen oder verdeckt. Sie observieren, werten Medien aus, spionieren, führen Auslandsagenten, und überwachen Telefone oder Internetverbindungen.

    Grundlage für die Arbeit des BND ist das Gesetz über den Bundesnachrichtendienst von 1990 (BNDG).

    Der deutsche Inlandsgeheimdienst ist das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Die rund 2500 Mitarbeiter haben die Aufgabe, Informationen über verfassungsfeindliche und extremistische Aktivitäten zu sammeln. Daneben ist das BfV für die Spionageabwehr zuständig.

    Die Verfassungsschützer arbeiten offen und verdeckt. Sie werten Medien aus, überwachen Telefone und Internetverbindungen, arbeiten mit sogenannten V-Leuten, die aus der extremistischen oder verfassungsfeindlichen Szene heraus berichten.

    Das Bundesamt für Verfassungsschutz untersteht dem Bundesinnenministerium. Grundlage seiner Arbeit ist das Bundesverfassungsschutzgesetz.

    Das Amt für den militärischen Abschirmdienst (MAD) ist der Geheimdienst der Bundeswehr. Es beschäftigt rund 1250 Mitarbeiter.

    Hauptaufgaben des MAD sind die Spionageabwehr und die Sabotageabwehr. Außerdem soll der Militärische Abschirmdienst Extremismus und Terrorismus abwehren.

    Der MAD ist auch an Auslandseinsätzen der Bundeswehr beteiligt. Dort sammeln seine Mitarbeiter Informationen die nützlich sein könnten, um die Sicherheit der Bundeswehr im Ausland zu gewährleisten.

    Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) pocht auf einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot. GdP-Vorsitzender Bernhard Witthaut sagte der "Passauer Neuen Presse", dass sich diese Frage jetzt umso dringender stelle. "Die Gewerkschaft der Polizei fordert bereits seit längerem ein neues Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Ein Verbot der NPD würde auch den Sicherheitsbehörden helfen. Die Partei könnte keine regulären Parteitage mehr abhalten. Die NPD hätte von einem Tag auf den anderen ihre finanzielle Basis verloren", sagte Witthaut. "Eine braune Terrorzelle wird man mit einem neuen Verfahren sicherlich nicht verhindern können. Ein NPD-Verbot wäre aber ein schwerer Schlag für die gesamte rechtsextreme Szene in Deutschland." dapd

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