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Medienberichte: TTIP-Verhandlungen: USA setzen Europa extrem unter Druck

Medienberichte

TTIP-Verhandlungen: USA setzen Europa extrem unter Druck

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    TTIP sehen Kritiker als Sackgasse. Nun zitieren Medien aus dem Rohentwurf für das Handelsabkommen.
    TTIP sehen Kritiker als Sackgasse. Nun zitieren Medien aus dem Rohentwurf für das Handelsabkommen. Foto: Olivier Hoslet, dpa

    Der Rohentwurf für TTIP liegt der "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR vor. Demnach droht Washington unter anderem damit, Exporterleichterungen für die europäische Autoindustrie zu blockieren, um im Gegenzug zu erreichen, dass die EU mehr US-Agrarprodukte abnimmt.

    Gleichzeitig attackiere die US-Regierung das grundlegende Vorsorgeprinzip beim EU-Verbraucherschutz, der 500 Millionen Europäer derzeit vor Gentechnik und Hormonfleisch in Nahrungsmitteln bewahrt, berichten die Medien aus dem Entwurf, der bislang nur von Parlamentariern und anderen ausgewählten Menschen unter strenger Aufsicht eingesehen werden durfte.

    Die Dokumente offenbaren den Medien zufolge zudem, dass sich die USA dem dringenden europäischen Wunsch verweigern, die umstrittenen privaten Schiedsgerichte für Konzernklagen durch ein öffentliches Modell zu ersetzen.

    Greenpeace will TTIP-Dokumente am Montag veröffentlichen

    "Süddeutsche Zeitung", WDR und NDR gaben an, die Dokumente seien ihnen in Abschrift von der Umweltorganisation Greenpeace zugeleitet worden. Greenpeace kündigte an, die Unterlagen am Montag (11.00 Uhr) auf einer Pressekonferenz in Berlin zu präsentieren. Zeitgleich werde Greenpeace Niederlande sie im Internet zugänglich machen.

    Laut Greenpeace Deutschland handelt es sich um 13 Vertragskapitel, welche rund die Hälfte des gesamten Abkommens darstellten. Die knapp 250 Seiten zeigen demnach den Stand vor der am Freitag abgeschlossenen 13. Verhandlungsrunde vom April.

    TTIP - Pro und Contra gegen den Handelspakt

    Das geplante Freihandelsabkommen TTIP mit den USA stößt vor allem in der deutschen Bevölkerung auf heftigen Widerstand. Ein Überblick über Argumente von Befürwortern und Kritikern:

    Argumente pro TTIP: Der Wegfall von Zöllen und mehr gemeinsame Standards kurbeln die Wirtschaft an und schaffen neue Jobs. Mit 800 Millionen Verbrauchern entsteht der größte Wirtschaftsraum der Welt.

    Argumente pro TTIP: Nur ein Zusammenschluss zwischen USA und Europa verhindert, dass Asien künftig die führende Rolle im Welthandel spielt.

    Argumente pro TTIP: Deutschland profitiert als größte Exportnation Europas über die Maßen vom Freihandel. Jeder vierte Arbeitsplatz in der Bundesrepublik hängt direkt oder indirekt vom Export ab.

    Argumente pro TTIP: Gemeinsame Standards, beispielsweise für die Produktion von Autos, ermöglichen Kosteneinsparungen bei der Herstellung. Das könnte zu sinkenden Preisen für die Verbraucher führen.

    Argumente pro TTIP: Europa und die USA rücken auch politisch weiter zusammen.

    Argumente contra TTIP: Es besteht die Gefahr, dass europäische Vorschriften zum Schutz von Verbrauchern, Arbeitnehmern oder der Umwelt gelockert werden, weil sie als Handelshemmnisse eingestuft werden könnten.

    Argumente contra TTIP: Über Regeln zum sogenannten Investitionsschutz bekommen internationale Großkonzerne die Möglichkeit, nationales Recht und nationale Politik auszuhebeln. Die Parlamente verlieren hingegen an Einfluss.

    Argumente contra TTIP: Zahlreiche Menschen in ärmeren Ländern verlieren ihre Jobs, weil es Unternehmen außerhalb der neuen Freihandelszone schwerer haben werden, ihre Waren in den USA oder Europa zu verkaufen.

    Argumente contra TTIP: Zölle spülen jedes Jahr Milliardensummen in die Staatskassen bzw. den EU-Haushalt. Dieses Geld würde fehlen.

    Argumente contra TTIP: TTIP gefährdet die kulturelle Vielfalt in Europa, weil staatliche Subventionen auf den Prüfstand kommen könnten. (dpa)

    Mit der Veröffentlichung will Greenpeace den Bürgern einen ungefilterten Einblick in den Verhandlungsstand geben. Während die EU ihre Vorschläge veröffentlicht, beharren die USA bislang auf Geheimhaltung ihrer Positionen. TTIP-Gegner üben immer wieder scharfe Kritik an dieser Intransparenz.

    Greenpeace-Handelsexperte Jürgen Knirsch sprach mit Blick auf die Unterlagen von einem "Albtraum", der "sehr bald Realität werden" könnte. Besondere Sorge bereiten ihm die Forderungen der USA nach einer Lockerung des Verbraucherschutzes.

    So wollten die Vereinigten Staaten Produktverbote zum Schutz der menschlichen Gesundheit nur zulassen, wenn diese wissenschaftlich belegt seien, berichten "SZ", WDR und NDR. Europa dagegen verbietet Produkte wie hormonbehandeltes Fleisch oder Genfood häufig schon vorsorglich bei Hinweisen auf Risiken. In den USA kommt es dagegen oft erst zu Verboten, wenn Menschen zu Schaden gekommen sind.

    TTIP-Kritiker sehen Befürchtungen bestätigt

    Klaus Müller vom Bundesverband der Verbraucherzentralen sagte zur "SZ": "Es bestätigen sich in den Texten bisher so ziemlich alle unsere Befürchtungen bezogen auf das, was die US-Amerikaner bei TTIP in Bezug auf den Lebensmittelmarkt erreichen wollen."

    Aus den Verhandlungstexten lässt sich den Medien zufolge ablesen, wie verhärtet die Fronten sind. An vielen Stellen führen die Unterlagen die Positionen der USA und der EU gesondert an, ohne dass gemeinsame Formulierungen gefunden worden wären.

    Seit 2013 verhandeln die EU und die USA unter strenger Geheimhaltung über ein Freihandelsabkommen, das den Warenfluss zwischen den beiden Partnern vereinfachen und Arbeitsplätze schaffen soll. Gegen TTIP gab es in Deutschland regelmäßig Proteste, wie erst kürzlich vor dem Besuch von US-Präsident Barack Obama in Hannover. Die Kritiker sehen durch TTIP Gefahren für Rechtsstaat und Demokratie und befürchten den Abbau europäischer Standards etwa beim Verbraucherschutz.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Obama hatten vergangene Woche in Hannover für einen baldigen Abschluss des umstrittenen Abkommens geworben. Dagegen drohte Frankreichs Präsident François Hollande am Sonntag mit einem Scheitern, sollte das Abkommen den französischen Agrarsektor bedrohen.

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