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Kommentar: Terror in Straßburg: Wieder war der Attentäter der Polizei bekannt

Kommentar

Terror in Straßburg: Wieder war der Attentäter der Polizei bekannt

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    In Straßburg sind drei Menschen bei einem Terroranschlag getötet wurden.
    In Straßburg sind drei Menschen bei einem Terroranschlag getötet wurden. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Mit einem Schlag sind das Grauen und das Entsetzen, die verdrängt worden waren, wieder da. Wieder hat es in der Adventszeit einen schweren Anschlag durch einen islamistischen Attentäter gegeben, wieder wurden wenige Tage vor Weihnachten, dem Fest der Liebe, unschuldige Menschen Opfer eines radikalisierten Täters, der glaubte, im Namen einer Religion ein Blutvergießen anrichten zu müssen – oder die Religion als Vorwand für einen persönlichen Rachefeldzug missbrauchte. So genau weiß man das noch nicht.

    Fast auf den Tag genau zwei Jahre nach dem schweren Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz, bei dem zwölf Menschen ums Leben kamen, ist nun das elsässische Straßburg Schauplatz eines menschenverachtenden Anschlags geworden. Die Berliner wissen, welche Wunden ein derartiges Ereignis reißt, wie schwer es ist, danach wieder zur Normalität zurückzukehren und unbeschwert einen Weihnachtsmarkt zu besuchen.

    Mehr noch: Es gibt deutliche Parallelen zwischen den beiden Anschlägen. Wieder war es ein fanatischer Einzeltäter mit nordafrikanischen Wurzeln, wieder war er der Polizei als Straftäter bekannt. Und zwar nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschland und in der Schweiz. Vom Amtsgericht Singen wurde er wegen schweren Einbruchdiebstahls zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und nach einem Jahr in Haft nach Frankreich abgeschoben. Als Gefährder, gar als islamistischer Terrorist war er den hiesigen Sicherheitsbehörden dagegen nicht bekannt, eher ein Kleinkrimineller, der keine Ausbildung und keinen Job hatte und sich im Gefängnis radikalisierte.

    Sicherheitsvorkehrungen auf Weihnachtsmärkten sind so hoch wie nie

    Was heißt das für die innere Sicherheit, nicht nur in Frankreich, sondern auch hier? Die bittere Wahrheit ist: Da jeder, aus welchem Grund auch immer, zum Amokläufer werden und seine düsteren Gewaltfantasien in die Realität umsetzen kann, kann es in einer freien und offenen Gesellschaft keinen hundertprozentigen Schutz geben. Schon jetzt sind die Sicherheitsvorkehrungen an den Weihnachtsmärkten so hoch wie nie, es gibt Betonpoller und Video-Überwachung, verstärkte Polizei-Patrouillen und zum Teil Taschenkontrollen beim Einlass. Die Alternative hieße, die Weihnachtsmärkte hinter verschlossenen Mauern abzuhalten. Das aber will niemand.

    Deutschland hat die Konsequenzen aus dem Anschlag gezogen, seine Sicherheitsbehörden personell und strukturell gestärkt. Auf einem anderen Blatt steht die Frage, wie gut und erfolgreich die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene ist. Der Berliner Attentäter Anis Amri beispielsweise konnte ungehindert nach dem Anschlag bis nach Mailand fahren, der Straßburger Attentäter bewegte sich permanent im Dreiländereck.

    Brauchen wir ein europäisches BKA?

    Auf dem Tisch liegt der Vorschlag, Europol zu einer Art europäischem BKA umzubauen und nach dem Vorbild des deutschen Gemeinsamen Terrorabwehrzentrums ein europäisches Pendant zu schaffen, wo die Informationen aller Sicherheitsbehörden zusammenlaufen und ausgewertet werden. Aber wer erlebt hat, wie widerwillig die Bundesländer einen Teil ihrer Zuständigkeiten an den Bund abgegeben haben, der ahnt, wie groß erst der Widerstand der nationalen Regierungen sein wird. Und doch ist im Schengen-Raum mit seinen offenen Grenzen eine Übertragung nationaler Kompetenzen an europäische Behörden unumgänglich.

    In einer freiheitlichen Gesellschaft, die sich trotz aller Bedrohungen ihre Freiheiten von niemandem nehmen lassen will, garantiert nur ein Mehr an Zusammenarbeit auch ein Mehr an Sicherheit.

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