Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Trump gegen alle – und zurück bleibt ein Scherbenhaufen

Kommentar

Trump gegen alle – und zurück bleibt ein Scherbenhaufen

    • |
    "Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei", sagt Angela Merkel nach dem G7-Gipfel.
    "Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei", sagt Angela Merkel nach dem G7-Gipfel. Foto: Michael Kappeler (dpa)

    Wenigstens die Kulisse war perfekt. Paolo Gentiloni, seit Dezember Ministerpräsident von Italien, ließ nichts unversucht, den Gipfel der sieben führenden westlichen Industriestaaten plus der EU zu einem Erfolg werden zu lassen. Taormina, die Siedlung auf einer natürlichen Terrasse des Monte Tauro auf Sizilien, die mit ihrem einzigartigen Blick auf das Meer wie auf den Ätna alle Besucher begeistert, sollte mit ihren Reizen für eine entspannte, heitere Atmosphäre sorgen.

    Doch die Postkartenidylle von Taormina reichte nicht aus, um die tiefen Gräben zwischen dem neuen US-Präsidenten Donald Trump und den anderen Gipfelteilnehmern zu überbrücken. Hinter den verschlossenen Türen des Konferenzzentrums brachen die Konflikte offen aus. Selbst erfahrene Diplomaten konnten sich nicht erinnern, dass bei einem Gipfel die Fronten derart verhärtet waren – und bis zum Schluss auch blieben.

    G7-Gipfel endet mit einer mageren Abschlusserklärung

    Mühsame Gespräche beim G7-Gipfel, den manche Beobachter für gescheitert halten.
    Mühsame Gespräche beim G7-Gipfel, den manche Beobachter für gescheitert halten. Foto: Guido Bergmann/Bundesregierung (dpa)

    Ein Gipfel, den normalerweise die Unterhändler der Mächtigen bis ins kleinste Detail vorbereiten und dabei die Kunst beherrschen, bestehende Differenzen in den unverbindlichen Abschlusserklärungen hinter wolkigen, wohlklingenden Formulierungen zu verstecken. Das war dieses Mal anders. So mussten die Staats- und Regierungschefs am Ende ihrer Beratungen mit (fast) leeren Händen und einer enttäuschend mageren Abschlusserklärung die Heimreise antreten. Vor allem beim Klimaschutz gab es keine Einigung, auch in der Flüchtlingspolitik blieb man weit hinter den Erwartungen zurück.

    Einer gegen alle anderen und gegen alles, was den anderen wichtig ist. Donald Trump war offenbar mit der festen Absicht nach Taormina gekommen, stur an seinen Positionen festzuhalten und sich keinen Millimeter zu bewegen. Er feierte denn auch den Gipfel als Erfolg. Ein Pyrrhussieg des Egoismus, aber eine schwere Niederlage für die G7. So kann Zusammenarbeit auf der internationalen Ebene nicht funktionieren, die stets ein gegenseitiges Geben und Nehmen ist und von allen Beteiligten die Kompromissbereitschaft verlangt. Wer auf seinen Maximalforderungen beharrt und nur an sich selber denkt, steht am Ende mit leeren Händen da und schadet auch sich selber.

    Bewährungsprobe wartet auf dem G20-Gipfel in Hamburg

    EU-Ratspräsident Donald Tusk steht beim Gruppenfoto neben Kanadas Premierminister Justin Trudeau, Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel, US-Präsident Donald Trump, Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Japans Premierminister Shinzo Abe, Großbritanniens Premierministerin Theresa May sowie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
    EU-Ratspräsident Donald Tusk steht beim Gruppenfoto neben Kanadas Premierminister Justin Trudeau, Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel, US-Präsident Donald Trump, Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Japans Premierminister Shinzo Abe, Großbritanniens Premierministerin Theresa May sowie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Foto: Michael Kappeler (dpa)

    Nach Taormina stellt sich sogar die Frage, ob G7 als Format überhaupt noch eine Zukunft hat. Die Gruppe, die sich einmal ihrer ökonomischen Macht wegen als eine Art Weltregierung verstand, ist zerfallen: Mit diesem US-Präsidenten, der ausschließlich seine eigene kurzatmige Agenda verfolgt, ist es nicht möglich, sich auf gemeinsame Positionen zu verständigen. Das aber hat zur Folge, dass Europa noch enger zusammenrücken und sich mehr denn je auf seine eigene Kraft und Stärke besinnen muss.

    Im G20-Format besteht die Chance, für Vorhaben wie den Freihandel, den Klimaschutz oder die Flüchtlingsproblematik neue Verbündete zu finden. Mehr denn je kommt es dabei auf Deutschland und Frankreich an. Wenn beide Länder mit einer Stimme sprechen, sind Fortschritte möglich, allen Widerständen zum Trotz.

    Taormina ist eine Zäsur. Washington hat sich aus G7 verabschiedet, erfreut sich an seiner selbst gewählten Isolation. Nun lastet auf Berlin und Paris die ganze Verantwortung, die Gruppe der Industrienationen anzuführen, alle Augen richten sich auf Angela Merkel und Emmanuel Macron. Die Bundeskanzlerin hat die Herausforderung angenommen. Europa, so sagte sie gestern, müsse sein Schicksal nun in die eigene Hand nehmen.

    Die Bewährungsprobe wartet bereits in fünf Wochen beim G20-Gipfel in Hamburg auf Merkel. Dann muss sich endgültig zeigen, ob die Staatengemeinschaft noch handlungsfähig ist.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden