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Leitartikel: Und wieder mal wird Griechenland mit Hilfsmilliarden gerettet

Leitartikel

Und wieder mal wird Griechenland mit Hilfsmilliarden gerettet

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    Griechenland ist weiter auf finanzielle Unterstützung der Euroländer angewiesen.
    Griechenland ist weiter auf finanzielle Unterstützung der Euroländer angewiesen. Foto: Jens Büttner (dpa)

    Seit sieben Jahren hängt Griechenland am Tropf der anderen Euro-Staaten. Seit sieben Jahren pumpt Europa Milliarden Euro in ein zahlungsunfähiges Land. Seit sieben Jahren versuchen die Geberländer mithilfe der Europäischen Zentralbank (EZB), dem Land auf die Beine zu helfen. Ein Ende der Krise jedoch ist trotz der Rettungspakete im Gesamtumfang von rund 300 Milliarden noch immer nicht in Sicht.

    Im Sommer braucht die Regierung des Sozialisten Tsipras wieder mal frisches Geld. Diesmal geht es um sechs Milliarden, die aus dem 2015 bereitgestellten dritten Hilfstopf fließen sollen. Und wieder beginnt jenes bekannte Ritual, das in langwierigen, teils dramatisch inszenierten Verhandlungen besteht und erfahrungsgemäß mit der Verkündung eines „Durchbruchs“ endet.

    Das griechische Schauspiel wiederholt sich

    Das geht so: Bundesfinanzminister Schäuble, der Wortführer der auf einen griechischen Spar- und Reformkurs drängenden Staaten, will Sanierungsfortschritte sehen, ehe das Geld überwiesen wird. Die EU-Kommission drückt im Bunde mit Italienern und Franzosen ein Auge zu und findet, dass die Deutschen zu hart sind. Die griechische Regierung sagt erst mal empört „Nein“ und macht daheim ihre Gläubiger für das Elend des Volkes verantwortlich. Erst am Ende des Verhandlungsmarathons, wenn es kurz vor zwölf und der Konkurs ganz nah ist, erklärt sich Athen zu weiteren Ausgabenkürzungen und Reformen bereit. Und siehe da: Griechenland ist wieder mal gerettet.

    Die Geberstaaten wissen genau, dass es die Griechen mit der Umsetzung ihrer Zusagen nicht so genau nehmen und schon mal – wie Ende 2016 geschehen – mit dem Geld anderer und ohne Absprache 600 Millionen Euro „Weihnachtsgeld“ an Rentner auszahlen. Aber sie sind zufrieden – schließlich ist Hellas ja, angeblich, nun auf einem „guten Weg“. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorhersagen zu können, dass auch die derzeitige Verhandlungsrunde nach diesem Drehbuch verlaufen wird.

    Dem genervten europäischen Steuerzahler, der für die Milliarden-Transfers geradestehen muss, wird das immer gleiche Schauspiel geboten. Charakterdarsteller und Handlungsstränge mögen wechseln. Aber eines steht fest: Griechenland soll unter allen Umständen in der Eurozone gehalten werden – koste es, was es wolle. Zu groß ist die Furcht vor einer Kettenreaktion, die das ganze System zum Einsturz bringen könnte. Es gibt keinen Plan B, der den geordneten, womöglich nur temporären Ausstieg eines Landes vorsieht.

    Europa ist auf dem Weg in die Transfer-Union

    Und niemand, weder in Brüssel, Paris noch in Berlin, hat ein Interesse daran, den Streit ausgerechnet im Wahljahr 2017 auf die Spitze zu treiben oder gar einen „Grexit“ zu riskieren. Es käme ja dem Eingeständnis gleich, hunderte von Milliarden in den Sand gesetzt und Konkursverschleppung betrieben zu haben – zulasten der Steuerzahler. Und spätestens dann ließe sich nicht mehr vertuschen, dass die Regeln der Währungsunion nach Belieben gedehnt werden und Europa entgegen allen Versprechen auf dem Weg in eine Transfer-Union ist, in der die Staaten für die Schulden anderer haften.

    Gut möglich, dass es 2018 – nach den Wahlen in Deutschland! – zu einem Teilerlass der griechischen Schulden kommt. Es glaubt ja ohnehin keiner mehr, dass das Geld jemals zurückgezahlt wird. Wirklich helfen allerdings würde dies den Griechen auch nicht. Ihr Problem ist, dass der überregulierte, aufgeblähte Staatsapparat nicht funktioniert und die Wirtschaft nicht wettbewerbsfähig ist. Dem ist nicht mit Sparen allein, sondern nur mit einer reformerischen Runderneuerung beizukommen – ein Kraftakt, wozu noch keine griechische Regierung willens und imstande war.

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