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Kommentar zur AfD: Und wieder scheitert eine Partei an sich selbst

Kommentar zur AfD

Und wieder scheitert eine Partei an sich selbst

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    In welche Richtung nun? Frauke Petry beim AfD-Parteitag in Essen. Die neu gewählte AfD-Vorsitzende hatte sich am Vortag gegen Parteigründer Bernd Lucke durchgesetzt.
    In welche Richtung nun? Frauke Petry beim AfD-Parteitag in Essen. Die neu gewählte AfD-Vorsitzende hatte sich am Vortag gegen Parteigründer Bernd Lucke durchgesetzt. Foto: Maja Hitij (dpa)

    Eine Partei zu gründen, ist nicht schwer – sie zu etablieren, umso mehr. Bernd Lucke hat am Wochenende nichts anderes erlebt als vor mehr als zehn Jahren der Hamburger Rechtspopulist Ronald Schill oder zuletzt die Piraten: Im Rausch der ersten Erfolge hat auch die Alternative für Deutschland begonnen, sich zu überschätzen, sie hat Menschen angezogen, die in anderen Parteien aus guten Gründen nie reüssiert hätten, und sich in Personaldebatten verhakt, die auch den wohlwollendsten Wähler verschrecken. Parteien wie die von Schill, die Piraten oder jetzt die AfD scheitern nicht an den äußeren Umständen oder an der Überlegenheit der Konkurrenz, sondern an der destruktiven Lust, mit der sie sich mit sich selbst beschäftigen.

    Mit Petry rückt die AfD weiter nach rechts

    So gesehen ist der Aufstieg von Frauke Petry zur neuen Vorsitzenden nur folgerichtig. Die Partei, die ihren Gründer jetzt verstoßen hat, ist nicht mehr die Partei, die Lucke aus der Taufe gehoben hat. Angetreten, um dem diffusen Unbehagen über die immer teureren Hilfspakete für klamme Euroländer eine Stimme zu geben, hat sie sich zu einer Bewegung entwickelt, deren Geschäftsmodell nicht nur auf der Angst vor einer schwachen Währung gründet, sondern neuerdings auch auf der Angst vor Überfremdung oder der Angst vor Kriminalität. Nicht von ungefähr beschreibt einer ihrer Landesvorsitzenden die AfD als „die Pegida-Partei“.

    Unter Frauke Petry, die diesen Kurswechsel mit erzwungen hat, rückt die Alternative für Deutschland nun weiter nach rechts – in einen Bereich, in dem bisher keine politische Kraft dauerhaft Fuß gefasst hat. Wenn dann noch Teile des Lucke-Lagers die Partei verlassen, könnte die 40-Jährige bald ihre Probleme bekommen, eine saubere Trennlinie zwischen ihrer eigenen, nationalkonservativen Linie und der extremen Rechten zu ziehen. Wie breit die Schnittmengen sind, zeigt das Ergebnis der Sachsen-Wahl vor knapp einem Jahr: Die AfD zog mit ihrer Spitzenkandidatin Petry damals in den Landtag ein – dafür flog die NPD nach zehn Jahren wieder heraus. Stand Lucke noch für einen scharfen Abgrenzungskurs nach ganz rechts, spielt seine Nachfolgerin teilweise mit den gleichen Ressentiments wie die Pegida-Bewegung oder die NPD.

    Mit Lucke verliert die AfD ihre Identität

    In den neuen Bundesländern, in denen die politischen Fliehkräfte seit jeher größer sind als in den alten, mag diese Strategie bei der einen oder anderen Wahl noch aufgehen. Ihr großes Ziel, den Bundestag, wird Frauke Petry so nicht erreichen. Mit der Abwahl Luckes hat die Alternative für Deutschland nicht nur ihren Spiritus Rector verloren, sondern auch ihre Identität.

    So grenzwertig sein Anti-Euro-Kurs in der Sache auch ist, er hat der AfD immerhin zu einer gewissen Unverwechselbarkeit verholfen. Ob die Partei unter Frauke Petry nun tatsächlich zu einer deutschen Kopie des französischen Front National mutiert, wie er befürchtet, muss sich zwar erst noch zeigen. Ganz abwegig aber ist der Vergleich mit Marine Le Pen sicher nicht.

    Eine Partei zu gründen, ist nicht schwer – und womöglich wird Lucke das sogar noch einmal tun. Anders als bei seinem ersten Versuch, sollte er dann aber nicht nur auf sich selbst setzen. Dass die AfD sich gerade zerlegt, hat auch ihr Gründer mit zu verantworten. Mit professoraler Überheblichkeit hat Lucke sich viel zu lange für sakrosankt gehalten, er hat seine Rivalin viel zu lange unterschätzt und die Zahl seiner Fernsehauftritte viel zu lange als eine Art Äquivalent für seine politische Bedeutung genommen.

    Wohin das führt, zeigen die jüngsten Umfragen: Obwohl die Griechenland-Krise Wasser auf ihre Mühlen ist, stagniert die Alternative für Deutschland bei Werten zwischen vier und fünf Prozent – und bald werden es noch weniger sein.

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