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Kommentar: Warum sollen alle anderen nach der Pfeife Athens tanzen?

Kommentar

Warum sollen alle anderen nach der Pfeife Athens tanzen?

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    Die Abstimmung der Griechen war eine Absage an Europa, befindet Walter Roller.
    Die Abstimmung der Griechen war eine Absage an Europa, befindet Walter Roller. Foto: Archivbild, Kay Nietfeld (dpa)

    Die Griechen sind ein freies Volk, das über sein politisches Schicksal und seine Zukunft souverän entscheiden kann. Daraus folgt: Wenn die Griechen ihr Glück außerhalb der Eurozone finden wollen und sich einem Umbau ihres maroden Staatswesens weiter verweigern, dann sollte man sie ziehen lassen. Weder der Euro noch die Europäische Union werden deshalb zerbrechen.

    Ein Referendum gegen den Verbleib in der Eurozone

    Die Griechen haben Anfang des Jahres, zermürbt von den harten Sparauflagen und der Unfähigkeit ihrer Politikerkaste, aus freien Stücken eine linksradikale Bewegung an die Macht gewählt, deren Wortführer von Anfang an auf einen Bruch mit der Rettungspolitik der Gläubiger-Staaten aus waren. Und die Griechen haben sich nun, nach monatelangen und von der Regierung Tsipras abrupt beendeten Verhandlungen, mit klarer Mehrheit gegen die Reformauflagen und für den Konfrontationskurs ausgesprochen. Formal besehen war es kein Votum gegen den Verbleib in der Währungsunion.

    Politisch jedoch läuft es darauf hinaus. 60 Prozent haben sich gegen die in der Eurozone geltenden Spielregeln entschieden und einer Regierung den Rücken gestärkt, die das Land aus ideologischer Verbohrtheit an den Abgrund geführt und ihre „Nein“- Kampagne mit linksnationalistischer Rhetorik gewonnen hat.

    Diese demokratische Entscheidung des Volkes, die einer Absage an Europa gleichkommt, verdient Respekt – was sonst. Tragisch daran ist, dass die Mehrheit offenbar geglaubt hat, damit eine bessere Verhandlungsposition im Tauziehen um die Bedingungen der Milliardenhilfen schaffen zu können. Und wer weiß: Vielleicht wird diese Mehrheit bald schon bedauern, den unrealistischen Versprechen und populistischen Parolen des Volkstribuns Tsipras und seiner „Syriza“-Bewegung vertraut zu haben.

    Neue Verhandlungen sind noch einmal wahrscheinlich

    Es ist ja mit diesem Votum nichts, aber auch gar nichts erreicht worden für die griechische Sache. Es steht nun noch schlimmer um das Land, das ohne die Notkredite der am Rande der Legalität operierenden Europäischen Zentralbank längst zahlungsunfähig wäre. Hätte das griechische Volk mit „Ja“ gestimmt, wäre die Tür für neue Verhandlungen über ein weiteres enormes Hilfsprogramm sperrangelweit offengestanden.

    So aber stellt sich die Frage, warum und worüber eigentlich aufs Neue verhandelt werden soll – mit einer Regierung, die keine Reformen anpackt und von einem sozialistischen Europa träumt, das zur Schuldenunion mutiert und Staatsfinanzierung mit der Druckerpresse betreibt.

    Vermutlich lassen sich Merkel, Hollande & Co. trotzdem noch einmal auf Verhandlungen ein, weil man die Eurozone um nahezu jeden Preis zusammenhalten möchte und ein „Grexit“ einige politische Risiken für die Einheit Europas heraufbeschwört. Nur: Wenn Athen im Stil des abgetretenen Politrockers Varoufakis weiter alles oder nichts spielt, muss endgültig Schluss sein mit dem Theater und der Geldhahn zugedreht werden.

    Hilfe kann es nicht ohne Gegenleistung geben

    Die Regierenden in Athen reden von „Erniedrigung“, „Terrorismus“, „krimineller“ Verschwörung: Das ist dummes Zeug aus dem Handbuch der Demagogie. Worum es tatsächlich geht, ist: Es kann, bei aller Solidarität, keine Hilfe ohne Gegenleistung geben. Zweitens: Europa beruht auf einem Grundkonsens, zu dem auch der Wille zum Kompromiss gehört. Diesen Konsens hat Athen aufgekündigt. Und, drittens: Die Griechen sind nur eines von 19 Völkern in der Eurozone. Warum sollten die anderen 18 Demokratien nach der Pfeife Athens tanzen und sich weiter erpressen lassen?

    Das griechische Volk, das die Zeche für die jahrzehntelange Misswirtschaft seiner Eliten zahlt, kann auf die humanitäre Hilfe der Europäer zählen. Doch wenn Griechenland den Euro behalten will, dann muss es die Spielregeln der Währungsunion akzeptieren.

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