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Überwachung: Das sollten Sie zur neuen Vorratsdatenspeicherung wissen

Überwachung

Das sollten Sie zur neuen Vorratsdatenspeicherung wissen

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    Die neue Vorratsdatenspeicherung soll kommen: Jedem Menschen in Deutschland muss künftig bewusst sein, dass seine Telefon- und Internetkommunikation zehn Wochen gespeichert wird.
    Die neue Vorratsdatenspeicherung soll kommen: Jedem Menschen in Deutschland muss künftig bewusst sein, dass seine Telefon- und Internetkommunikation zehn Wochen gespeichert wird. Foto: Frank Rumpenhorst/Archiv (dpa)

    Die neue Vorratsdatenspeicherung kommt: Jedem Menschen in Deutschland muss künftig bewusst sein, dass seine Telefon- und Internetkommunikation zehn Wochen lang gespeichert wird - ohne Anlass und ohne einen konkreten Verdacht. Ermittler können auf diese Daten dann unter bestimmten Umständen zugreifen.

    Die Bundesregierung verspricht sich von der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung Hilfe bei der Aufklärung von Verbrechen. Kritiker sehen in ihr einen schweren Eingriff in Freiheits- und Bürgerrechte. Die Fakten im Überblick:

    Welche Daten werden künftig gespeichert?

    Gespeichert werden die so genannten Verkehrsdaten, die bei der Telekommunikation anfallen. Das sind insbesondere die Telefonnummern der beteiligten Anschlüsse sowie Zeitpunkt und Dauer des Anrufs. Beim Mobilfunk wird auch der Standort registriert.

    Gespeichert werden außerdem bei Computern die IP-Adressen einschließlich des Zeitpunktes und der Dauer einer IP-Adressen-Vergabe. Die IP-Adresse ist eine Art Fingerabdruck, die PCs beim Besuch von Webseiten im Internet hinterlassen.

    Nicht gespeichert werden Daten von E-Mails, auch aufgerufene Internetseiten werden nicht erfasst. Die Inhalte der Kommunikation sind für die Speicherung tabu. Im Gesetzentwurf heißt es: "Der Inhalt der Kommunikation, Daten über aufgerufene Internetseiten und Daten von Diensten der elektronischen Post dürfen auf Grund dieser Vorschrift nicht gespeichert werden."

    Wie lange werden die Daten gespeichert?

    Die Verbindungsdaten werden grundsätzlich zehn Wochen gespeichert, bei den Standortdaten gelten vier Wochen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Standortdaten besonders sensibel sind, denn sie geben Auskunft darüber, in welcher Funkzelle sich das jeweilige Mobilfunkgerät befindet. Der Aufenthaltsort des Nutzers kann dabei auf bis zu weniger als einem Kilometer genau ermittelt werden.

    Die relativ kurze Speicherfrist soll ausschließen, dass Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile erstellt werden: Solche Profile sollen dem Gesetzentwurf zufolge generell verboten sein.

    Kritiker gehen allerdings davon aus, dass Bewegungsprofile trotzdem recht einfach erstellt werden können.

    Wer darf die gespeicherten Daten abrufen?

    Die Strafverfolgungsbehörden dürfen die gespeicherten Daten bei bestimmten Verdachtsfällen abrufen - wenn ein Richter dem zustimmt. Bei diesem Richtervorbehalt gibt es keine Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft. Damit ist ausgeschlossen, dass anstelle eines Richters ein Staatsanwalt die Datenabfrage erlaubt, wenn er Gefahr im Verzug sieht.

    Bei welchen Straftaten ist der Zugriff erlaubt?

    Die Strafverfolgungsbehörden dürfen die Daten beim Verdacht auf schwere Straftaten abrufen - so etwa Mord oder Totschlag, Hochverrat, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, sexuellem Kindesmissbrauch, schwerem Raub, schwerem Bandendiebstahl, Drogenvergehen, Kriegsverbrechen und Menschenhandel. 

    Aber auch bei allen Taten, die "mittels Telekommunikation" begangen werden, dürfen die Daten abgerufen werden (§ 100g (1) Abs. 2) . Dies könnte, fürchten Kritiker, schon eine einfache Beleidigung in einem Internetforum sein.

    Werden Betroffene über den Abruf der Daten informiert?

    Wer von einem Datenabruf betroffen ist, hat grundsätzlich das Recht, darüber informiert zu werden. Gilt nach gerichtlicher Prüfung ausnahmsweise eine heimliche Verwendung, muss der Betroffene nachträglich informiert werden. Davon kann aber wiederum abgewichen werden, wenn ein Richter dies bestätigt.  

    Was geschieht nach Ablauf der Speicherfrist?

    Die Telekommunikationsanbieter, die die Daten speichern, müssen diese nach Ablauf der Speicherfrist löschen. Kommt ein Unternehmen dieser Pflicht nicht nach, droht ein Ordnungsgeld. 

    Wie werden Berufsgeheimnisträger geschützt?

    Wer als Mitarbeiter einer Behörde beziehungsweise einer kirchlichen oder sozialen Organisation anonym berät, unterliegt der Schweigepflicht. Seine Daten werden grundsätzlich nicht gespeichert. Bei diesen und allen anderen Berufsgeheimnisträgern, die nach der Strafprozessordnung ein Zeugnisverweigerungsrecht besitzen, dürfen die Daten nicht abgerufen werden - auch wenn sie zuvor gespeichert worden sind. Darunter fallen Seelsorger, Rechtsanwälte, Ärzte, Apotheker, Abgeordnete und Journalisten.  

    Wie wirksam hilft eine Vorratsdatenspeicherung bei der Aufklärung von Verbrechen?

    Eine vom Bundesjustizministerium beim Freiburger Max-Planck-Institut für Strafrecht in Auftrag gegebene Untersuchung kam schon 2012 zum Schluss, dass eine Vorratsdatenspeicherung die Aufklärungsquote praktisch nicht verbessert.

    Was sagen Kritiker zur geplanten Vorratsdatenspeicherung?

    Sie halten die anlasslose Überwachung aller Bundesbürger für unverhältnismäßig, verfassungswidrig und damit für illegal. "Es kann nicht sein, dass die Unschuldsvermutung in Deutschland einfach so aufgehoben wird", sagt etwa Markus Beckedahl, Sprecher des Vereins Digitale Gesellschaft e.V. und Betreiber von netzpolitik.org. 

    War die Vorratsdatenspeicherung nicht von Gerichten untersagt worden?

    Ja, sogar zweimal. Mit Urteil vom 2. März 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig erklärt. Mit Urteil vom 8. April 2014 erklärte auch der Europäische Gerichtshof die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig. Nun also erfolgt der nächste Versuch der Bundesregierung, ein rechtssicheres Gesetz zu verabschieden.

    Wird die neue Vorratsdatenspeicherung diesmal Bestand haben?

    Das ist unklar. Etliche Kritiker haben schon angekündigt, gegen die Vorratsdatenspeicherung zu klagen. Mehrere Fachleute kommen dabei zum Schluss, dass der Gesetzentwurf mit heißer Nadel gestrickt wurde und deshalb voller Mängel stecktafp, bo

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