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Spanien: Was tun, wenn es nach zwei Wahlen noch keine Regierung gibt?

Spanien

Was tun, wenn es nach zwei Wahlen noch keine Regierung gibt?

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    Der seit Dezember nur noch als amtierender Ministerpräsident regierende Mariano Rajoy hat mit seiner konservativen Volkspartei wieder keine absolute Mehrheit erringen können.
    Der seit Dezember nur noch als amtierender Ministerpräsident regierende Mariano Rajoy hat mit seiner konservativen Volkspartei wieder keine absolute Mehrheit erringen können. Foto: Ballesteros (dpa)

    Wäre es da nicht doch einfacher, fragte einst Bertolt Brecht, „die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes“? Auf diesen Gedanken könnte in Spanien mancher Politiker kommen, nachdem das Volk auch bei der zweiten Parlamentswahl innerhalb von fünf Monaten keine Partei mit einer Mehrheit ausgestattet hat. Vielleicht würde ein anderes Volk besser wählen...

    Spanier wollen wohl eine Koalition von Sozialisten und Konservativen

    Aber, ernsthaft, die Politiker haben sich gefälligst nach dem Votum der Bürger zu richten. In Spanien hat sich erst nach dem Tod des Diktators Francisco Franco im Jahr 1975 eine Demokratie herausgebildet, die durch einen Putschversuch im Jahr 1981 nochmals in den Grundfesten erschüttert wurde. Aber sie ist inzwischen doch fest verankert. Abwechselnd regieren seit Jahrzehnten die Sozialisten und die Konservativen in Madrid. Eine Große Koalition zwischen diesen beiden konträren politischen Strömungen hat allerdings keine Tradition in diesem südeuropäischen Land. Und doch ist es offenbar genau das, was das spanische Volk von seinen Politikern jetzt verlangt.

    Der seit Dezember nur noch als amtierender Ministerpräsident regierende Mariano Rajoy hat mit seiner konservativen Volkspartei wieder keine absolute Mehrheit erringen können, aber er liegt erneut in Front und wurde überraschenderweise sogar gestärkt. Nach gängigem Demokratieverständnis hat er damit den Regierungsauftrag erhalten. Das ist bemerkenswert, weil seine Partei von zahlreichen Korruptionsskandalen erschüttert wird. Andererseits kann Rajoy auf erste Wachstumserfolge hinweisen, nachdem er Spanien als Antwort auf die zum großen Teil hausgemachte Finanzkrise eine rigide Sparpolitik verordnet hat.

    Die Sozialisten, deren unfähiger Regierungschef Zapatero Spanien in den Jahren vor 2011 in die Krise hatte hineinrutschen lassen, leiden immer noch unter den Folgen des damals erlittenen dramatischen Ansehensverlustes. Ihr heutiger Anführer Pedro Sánchez muss fürchten, die Partei endgültig in die politische Bedeutungslosigkeit zu führen, wenn er den Konservativen als Steigbügelhalter dient. Beispiele von anderen Großen Koalitionen – auch in Deutschland – zeigen, dass die Wähler dem jeweiligen Juniorpartner den Dienst an der Demokratie nicht unbedingt honorieren.

    Der nationale Zusammenhalt in Spanien wird infrage gestellt

    Den Sozialisten sitzt zudem die linkspopulistische Podemos-Partei im Nacken, die sich für diese Wahl mit mehreren kleinen Parteien verbündet hat. Es war erwartet worden, dass diese aus dem Protest gegen die Sparpolitik hervorgegangene Gruppierung zur stärksten Kraft auf der Linken aufsteigen würde. Doch solche Spekulationen haben die Wähler durchkreuzt. Damit ist auch der Traum von der linken Mehrheit geplatzt.

    Vielleicht wirkte Griechenland als abschreckendes Beispiel: Die in Athen regierenden Linkspopulisten von Syriza bieten keine politische Alternative, sondern vollstrecken den von den internationalen Geldgebern erzwungenen Sparkurs. Das mag dazu beitragen, dass der Zuspruch für Alternativ-Parteien in Südeuropa wieder zurückgeht.

    Immerhin ist ein möglicher EU-Austritt im Süden kein aktuelles Thema. Viel stärker ist der nationale Zusammenhalt gefährdet. In Spanien gibt es Autonomiebestrebungen in Katalonien, in Andalusien und im Baskenland. Wenn in Madrid auf längere Sicht keine Regierungsbildung gelingen sollte, werden die Zentrifugalkräfte auf der Iberischen Halbinsel gestärkt. Dann droht Spanien am Ende tatsächlich die Unregierbarkeit.

    Das Land braucht deshalb eine neue politische Kultur des Kompromisses. Dafür müssen die Parteien im Parlament jetzt endlich über ihren Schatten springen.

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