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Diplomatie: Wird Puigdemont ausgeliefert?

Diplomatie

Wird Puigdemont ausgeliefert?

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    Ob Katalanenführer Carles Puigdemont an Spanien ausgeliefert wird, ist fraglich.
    Ob Katalanenführer Carles Puigdemont an Spanien ausgeliefert wird, ist fraglich. Foto: Kay Nietfeld, dpa (Archiv)

    Seit seiner überraschenden Festnahme im März lebt der katalanische Separatistenchef Carles Puigdemont unter Auflagen auf freiem Fuß in Deutschland – nun könnte er doch noch nach Spanien ausgeliefert werden: Das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht entschied, dass eine Überstellung Puigdemonts an Spanien zulässig sei, schränkte jedoch zugleich die Auslieferungsgründe ein. Ob es tatsächlich zu einer Überstellung des Katalanen an die spanische Justiz kommt, ist deshalb fraglich.

    Puigdemont könnte bei einer Auslieferung in Spanien nach einer Überstellung lediglich wegen des minderschweren Vorwurfs der Untreue angeklagt werden. Dabei geht es darum, dass er mehrere Millionen Euro Staatsgelder für das katalanische Unabhängigkeitsreferendum ausgegeben haben soll, das zuvor vom spanischen Verfassungsgericht verboten worden war. Die spanische Justiz wertet dies als Veruntreuung von Steuergeldern. Eine Auslieferung wegen Rebellion, dem Hauptvorwurf Spaniens, erklärte das deutsche Gericht dagegen für unzulässig: Die Vorwürfe gegen Puigdemont würden nach deutschem Recht weder den Tatbestand des Hochverrats noch des Landfriedensbruchs erfüllen.

    Pedro Sánchez fährt einen Entspannungskurs

    Bei einer Verurteilung wegen Rebellion hätten Puigdemont bis zu 30 Jahre Haft gedroht, bei schwerer Veruntreuung beträgt die Höchststrafe zwölf Jahre. Puigdemont begrüßte die Entscheidung, ihn nicht wegen Rebellion an Spanien ausliefern zu wollen. „Damit ist die Hauptlüge des Staates ausgelöscht“, erklärte er, „wir werden bis zum Ende kämpfen, und wir werden gewinnen“. Unerwähnt ließ er, dass die deutschen Richter seinen Vorwurf, er werde von Spaniens Justiz politisch verfolgt, als „abwegig“ zurückwiesen.

    Hinter einer tatsächlichen Auslieferung stehen aber weiterhin viele Fragezeichen. Spanien ist inzwischen politisch ein ganz anderes Land als das, welches Puigdemont im Herbst 2017 in einer Nacht- und Nebel-Aktion verlassen hatte. Seit dem Sturz des konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy fährt sein sozialistischer Nachfolger Pedro Sánchez einen Entspannungskurs in der Katalonienkrise.

    Puigdemont könnte zudem den deutschen Beschluss vor dem Verfassungsgericht anfechten, die spanische Justiz könnte den Fall dem Europäischen Gerichtshof vorlegen. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass Spanien angesichts der deutschen Auflagen auf die Überstellung ganz verzichtet. Puigdemont müsste dann bei Rückkehr in seine Heimat weiterhin mit Festnahme und einem Prozess wegen Rebellion rechnen, sogar in Abwesenheit. (mit dpa)

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