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Interview: Amerell: "Ich lasse mich nicht auf die Schlachtbank führen"

Interview

Amerell: "Ich lasse mich nicht auf die Schlachtbank führen"

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    Manfred Amerell im Landgericht in München.
    Manfred Amerell im Landgericht in München. Foto: jok/gb

    Die Affäre um Manfred Amerell und Michael Kempter wurde zuletzt immer pikanter. Im Interview blickt Amerell auf die vergangenen Wochen zurück.

    Warum ist die Schiedsrichter-Affäre derart aus dem Ruder gelaufen?

    Amerell: Das hat mit dem 1. Februar angefangen. Damals wurde ich zum DFB nach Frankfurt beordert. Ich hatte keine Ahnung, worum es geht. Unter anderem waren Präsident Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach (DFB-Generalsekretär, Anm. d. Red.) mit dabei. Nachdem es am Anfang nach Kaffeeklatsch bei Theo aussah, wurde schnell klar, dass es um Kempter geht, und was er behauptet. Ich hab ihnen dann eine SMS gezeigt, die eigentlich klar zeigt, dass Kempter lügt. Das hat sie aber nicht sonderlich interessiert.

    Sie sind kurz darauf als Schiedsrichtersprecher zurückgetreten. Warum?

    Amerell: Meine Glaubwürdigkeit war so angegriffen, dass ich nicht mehr weitermachen konnte. Außerdem ist es wie in der Politik: Wenn du einen Fehler machst, musst du deinen Hut nehmen. Ich habe einen Fehler gemacht, weil ich die notwendige Distanz nicht gewahrt habe.

    Richtig pikant wurde es aber erst, als Sie private E-Mails und SMS von Michael Kempter veröffentlicht haben.

    Amerell: Die Woche nach meinem Rücktritt war hart. Was da auf mich eingestürzt ist, wünsche ich niemandem. Als dann aber Kempter öffentlich behauptet hat, ich hätte ihn sexuell belästigt, musste ich mich verteidigen. Meine einzige Möglichkeit war, zu beweisen, dass Kempter lügt - und das ging nur mit seinen Mails und SMS. Ich bedauere, dass man so ein Zeug an die Öffentlichkeit bringt, aber ich hatte keine andere Chance.

    Etwas eigenartig ist es schon, dass Sie so viele Nachrichten von Kempter gespeichert haben …

    Amerell: Ich habe zum Freund meiner Tochter gesagt, er muss unbedingt die Festplatte meines alten Computers knacken. Da könnten noch Nachrichten von Kempter drauf sein, aber eigentlich hatte ich alle gelöscht. Das ging dann aber schneller als gedacht. Ich hatte die Dateien lediglich in meinen Papierkorb geschoben, den aber nicht geleert. Manchmal ist es eben auch besser, wenn man technisch nicht allzu viel drauf hat.

    Wenn Sie mal in die Zukunft schauen, was wünschen Sie sich, wie die Geschichte ausgehen soll?

    Amerell: Da mache ich mir nichts vor. Irgendwas bleibt immer hängen - und wenn es nur ein Fragezeichen ist. Die sollen die Wahrheit sagen, wenn sie das nicht tun, bin ich gut vorbereitet. Ich lasse mich garantiert nicht auf die Schlachtbank führen. Ich glaube, die haben nicht damit gerechnet, dass ich das durchstehe, aber da haben sie mich wohl falsch eingeschätzt.

    Die vergangenen Wochen waren für Sie und Ihre Familie wahrscheinlich nicht leicht.

    Amerell: Ich möchte meine Familie so weit wie möglich da raushalten. Deswegen kommentiere ich das nicht. Klar ist aber, dass das natürlich alles andere als erfreulich war.

    Gab es Zuspruch aus dem Schiedsrichterkreis?

    Amerell: Natürlich habe ich Freunde, aber die belaste ich mit dieser Situation nicht. Mit denen spreche ich über andere Sachen. Selbstverständlich rede ich mit meinem Anwalt. Ich bekomme auch Aufmunterung von Bekannten, aber letztlich musst du das alleine aufarbeiten. Da kann dir keiner helfen. Das kann niemand nachvollziehen, welcher Druck auf dir liegt. Das geht dann natürlich auch über ins Körperliche.

    Sie sahen bei Ihrem ersten Auftritt erschreckend aus.

    Amerell: Natürlich. Das ist wie mit dem Wetter. Na ja, gerade ist es nur schlecht. Aber manchmal geht es eben halbwegs und manchmal bist du gar nicht auf der Höhe.

    Michael Kempter steckt in einer ähnlichen Situation wie Sie …

    Amerell: Ich habe in dieser Angelegenheit nie gelogen, Kempter auch nie öffentlich attackiert - obwohl mir das schwergefallen ist. Ich hoffe, er kommt gesund durch die ganze Angelegenheit. Aber als Schiedsrichter ist er durch. Von seiner Leistung her ist das schade, weil er ein Juwel war, das wohl größte Talent, das ich jemals gesehen habe.

    Der DFB will Sie wegen Verleumdung und übler Nachrede anzeigen.

    Amerell: Auch da sag ich noch mal: Ich habe in der ganzen Angelegenheit immer die Wahrheit gesagt. Deswegen habe ich davor überhaupt keine Angst.

    DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach behauptet, Sie disqualifizieren sich durch Ihre niveaulosen Aussagen immer weiter.

    Amerell: Wenn ich das zusammenstelle, was in den vergangenen Wochen herausgekommen ist, dann weiß ich gut, wer und was niveaulos ist.

    Interview: Tilmann Mehl

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