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Olympia 2016: Das erwartete Wunder: Deutsche Mannschaften im Fußball-Endspiel

Olympia 2016

Das erwartete Wunder: Deutsche Mannschaften im Fußball-Endspiel

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    Sara Däbritz ist die Olympia-Entdeckung im Kader der deutschen Frauen-Nationalmannschaft.
    Sara Däbritz ist die Olympia-Entdeckung im Kader der deutschen Frauen-Nationalmannschaft. Foto: Gustavo Andrade, dpa

    Wenn eine deutsche Nationalmannschaft in einem Fußball-Endspiel steht, ist das keine Überraschung. Eigentlich. Die Männer gelten nicht zuletzt wegen des WM-Triumphes 2014 als eines der weltbesten Teams, die Frauen zählen seit Jahren zu den Titelfavoriten. Jetzt, da beide Mannschaften im Endspiel von Olympia stehen, kommt dies dennoch einer Sensation gleich. Wenn auch nur einer kleinen.

    Denn begonnen haben die Olympischen Spiele für die deutschen Teams alles andere als optimal – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Männer-Nationaltrainer Horst Hrubesch hatte große Schwierigkeiten, seinen Kader zusammenzustellen, weil viele Vereine ihre Spieler nicht freigaben. Und die amtierenden Europameister von Silvia Neid hinterließen zu Turnierbeginn nicht den Eindruck, als könnten sie das erklärte Ziel „Gold“ erreichen.

    Den Auftaktsieg gegen ein schwaches Simbabwe bezahlten die Deutschen teuer, mit Simone Laudehr verletzte sich eine der besten Spielerinnen so schwer, dass das Turnier für sie schon vor der Eröffnungsfeier gelaufen war.

    Die weiteren Gruppenspiele, ein glücklicher Punktgewinn durch ein Eigentor kurz vor Spielende gegen Australien und das 1:2 gegen Kanada, weckten Erinnerungen an vergangene Olympia-Leistungen der deutschen Frauen. Richtig warm wurde das Neid-Team nie mit Olympia. Für London 2012 verpasste es die Qualifikation, in Sydney (2000), Athen (2004) und Peking (2008) reichte es zumindest zum dritten Platz und Bronze. Zu wenig, gemessen an den Ambitionen des mehrfachen Welt- und Europameisters.

    Sara Däbritz erzielt drei Tore

    In Rio haben die Frauen somit mehr erreicht als jemals zuvor. Und das, obwohl sie nur dank der besseren Tordifferenz in die K.-o.-Phase einzogen. Dabei sind es nicht die spektakulären Tore von Alexandra Popp und Anja Mittag, die das deutsche Spiel in Rio prägen. Den Unterschied machte in Rio wiederholt die dreifache Torschützin Sara Däbritz, die bisher in der Nationalmannschaft keine Hauptrolle einnahm.

    Däbritz ist nicht die Einzige, die bei Olympia überrascht. Melanie Behringers Karriere in der Nationalmannschaft schien vorüber. Bei Olympia schenkt die Bundestrainerin dem 30-jährigen Kapitän des FC Bayern das Vertrauen. Mit Leistung zahlt Behringer zurück.

    Letzte Hürde auf dem Weg zu Gold ist Schweden (Freitag, 22.30 Uhr), das sich im Elfmeterschießen gegen die USA und das favorisierte Brasilien durchsetzte. „Die sind nicht erfreut, gegen uns zu spielen“, betont Behringer selbstbewusst. „Schweden liegt uns.“ Die Goldmedaille ist nach einem gebrauchten Start ins Turnier zum Greifen nah.

    Gezielte Talentförderung des DFB

    Der Augsburger Philip Max und Nils Petersen steigerten sich mit dem deutschen Team von Spiel zu Spiel.
    Der Augsburger Philip Max und Nils Petersen steigerten sich mit dem deutschen Team von Spiel zu Spiel. Foto: Alan Morici, dpa

    Frauen wie Männer profitieren von der gezielten Talentförderung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Das Geld dafür ist in der Dachorganisation vorhanden. Beispiel: Für rund 89 Millionen Euro wird der DFB ab 2017 in Frankfurt am Main eine eigene Akademie errichten.

    Nach dem katastrophalen Abschneiden bei der EM 2000 revolutionierte der Verband seine Ausbildung, legte Wert auf Basisarbeit, Eliteschulen und Leistungszentren entstanden. Die Nationalteams und Vereine verfügen seitdem über einen gut ausgebildeten Unterbau. Der WM-Titel der Männer ist ein Ergebnis davon.

    Wie gut dieser Unterbau inzwischen ausgebildet ist, verdeutlicht das Olympia-Team der Männer. Trotz der unzähligen Absagen verfügt Hrubesch weiter über eine schlagkräftige Mannschaft. Weltmeister Matthias Ginter, Julian Brandt oder die Zwillinge Lars und Sven Bender befinden oder befanden sich im erweiterten Kreis der A-Nationalmannschaft.

    Fehlende Abstellungspflicht stellt Olympia-Trainer vor Probleme

    Dass keine Abstellungspflicht der Vereine besteht, stellte neben Deutschland auch andere Nationen vor Probleme. Olympia-Trainer wie Horst Hrubesch suchten händeringend Spieler, Titelverteidiger Mexiko musste auf Leverkusens Chicharito verzichten, Dänemark auf Gladbachs Andreas Christensen. Brasiliens Neymar ist einziger Superstar des Turniers. Der Finaleinzug Deutschlands fußt folglich nicht nur auf eigener Stärke, er erklärt sich auch durch die Schwäche anderer Fußball-Nationen. Dass Honduras um Bronze spielt, verdeutlicht das.

    Die sichere Silbermedaille ist der größte Erfolg für ein Männerteam der Bundesrepublik. Einzig die DDR gewann 1976 Gold. Die letzte Medaille gewannen vor 28 Jahren Klinsmann und Co., als sie in Seoul Bronze holten. Kein aktueller Olympia-Kicker war da geboren.

    Mit jedem Spiel gewann das Hrubesch-Team an Sicherheit, selbst die Verletzung von Kapitän und Schlüsselspieler Leon Goretzka verkraftete es. Andere sprangen ein. Serge Gnabry war beim FC Arsenal nur Reservist, zusammen mit dem 27-jährigen „Oldie“ Nils Petersen (SC Freiburg) führt er in Rio mit sechs Treffern die Torschützenliste an.

    Silvia Neid und Horst Hrubesch hören nach Olympia auf

    Aussagekraft über die Leistungsstärke des Teams hatten das 4:0 gegen Portugal und das 2:0 gegen Nigeria. Dass die deutschen Männer im Endspiel stehen, verwundert nicht.

    Das Traumfinale gegen Brasilien steigt im legendären Maracanã, einem Hexenkessel (Samstag, 22.30 Uhr). Die Brasilianer haben die Deutschen während des Turniers ausgepfiffen, wohl als Reaktion auf das 1:7 bei der WM 2014. Doch davon ließ sich das Team nicht irritieren. Lukas Klostermann kündigte an: „Jetzt ist alles möglich. Wir werden noch mal alles reinhauen.“

    Sowohl Silvia Neid als auch Horst Hrubesch werden nach Olympia als Nationaltrainer aufhören, Gold wäre für beide ein krönender Abschluss. (mit joga)

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