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Dritte Liga: FC Ingolstadt: Aufstieg oder Tristesse

Dritte Liga

FC Ingolstadt: Aufstieg oder Tristesse

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    Der FC Ingolstadt will zurück in die zweite Liga.
    Der FC Ingolstadt will zurück in die zweite Liga. Foto: Roland Geier

    Von Andreas Kornes Ingolstadt. Stell dir vor, es ist zweite Bundesliga und keiner geht hin. Dieses leicht abgewandelte Zitat des amerikanischen Dichters Carl Sandburg traf vergangene Saison ziemlich genau auf den FC Ingolstadt zu. 5530 Zuschauer kamen durchschnittlich zu den 17 Heimspielen. Nur Ahlen hatte noch weniger Zuschauer (4597 im Schnitt).

    Ingolstadt stieg in die 3. Liga ab und sank auch in der Zuschauergunst noch einmal. Das letzte Heimspiel am heutigen Samstag (13.30 Uhr) gegen Sandhausen nicht mitgerechnet, sahen bislang durchschnittlich 3364 Fußballfans die Partien der Schanzer. Im 20er-Feld der 3. Liga belegt Ingolstadt damit Platz zwölf der Zuschauer-Statistik. Und das, obwohl der FCI die torgefährlichste Offensive der Liga hat, spielerisch immer wieder Glanzlichter setzte und jetzt sogar vor der Rückkehr in die zweite Bundesliga steht.

    Woran liegt es also, dass die Zuschauer dem FC Ingolstadt die kalte Schulter zeigen? Hat Ingolstadt angesichts dieses Desinteresses den Aufstieg verdient?

    Blickt man gen Aue, ist diese Frage durchaus berechtigt. Dort feierte vergangenes Wochenende eine ganze Region den Aufstieg ihrer Mannschaft. Es herrschte grenzenlose Begeisterung, Ausnahmezustand. In Braunschweig und Osnabrück, die härtesten Konkurrenten des FCI im Kampf um den Aufstieg, herrscht ebenfalls Euphorie. Beide Vereine begrüßten im Schnitt über 10 000 Zuschauer zu ihren Heimspielen. Nur Dynamo Dresden mit durchschnittlich 14 525 Besuchern pro Partie übte eine noch stärkere Anziehungskraft aus.

    In Ingolstadt dagegen ist von Aufstiegseuphorie nur wenig zu spüren. Hinter vorgehaltener Hand wird auch beim FC Ingolstadt über dieses Phänomen beraten. Gründe werden gesucht - und gefunden. Nach vielen Jahren ohne Profifußball in der Stadt haben sich viele in Richtung Nürnberg oder München orientiert. Dort wird und wurde in modernen Arenen Fußball der Spitzenklasse geboten. Die Anziehungskraft des FCI reicht noch nicht aus, die Stadt und das Umland wieder zurück zu erobern.

    Die Marketingstrategen des Vereins mühen sich zwar dies zu ändern, allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. Oft herrscht in der öffentlichen Wahrnehmung das Bild eines Vereins vor, bei dem sich vor allem die VIPs die Klinke in die Hand geben. Und in der Tat, die A-, B- und C-Prominenz aus lokaler Politik und Wirtschaft lässt sich fast kein Heimspiel entgehen.

    Selbst Audi-Chef Rupert Stadler wird immer wieder auf der Tribüne gesichtet, ebenso Ingolstadts Oberbürgermeister Alfred Lehmann und manchmal sogar Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer. Auf der anderen Seite des Spielfeldes, auf den Stehrängen der Gegengerade, herrscht dagegen oftmals gähnende Leere. Das weite unüberdachte Rund des ehemaligen ESV-Stadions lädt bei schlechtem Wetter nicht zum Verweilen ein.

    Dazu kommt, dass sich vor allem die älteren Fußballanhänger der beiden Vereine MTV und ESV, aus denen der FC Ingolstadt 2004 hervor ging, spinnefeind sind. Eine neue Fankultur jenseits dieser alten Fehde steckt noch in den Kinderschuhen. Aue, Dresden, Braunschweig oder Osnabrück sind dagegen Vereine, die auf eine lange Tradition zurück blicken können. Über viele Jahre ist dort ein Stamm an treuen Anhängern gewachsen, der selbst durch schlimmste sportliche und finanzielle Krisen nicht zu erschüttern ist.

    Diesen Vorsprung in kurzer Zeit aufzuholen ist ganz offenbar nicht möglich. Rein sportlich betrachtet haben die Verantwortlichen des FC Ingolstadt vieles richtig gemacht. Quasi aus dem Nichts haben sie ihren Verein in die 2. Bundesliga gehievt. Identifikationsfiguren wie der schillernde Andreas "Zecke" Neuendorf wurden verpflichtet. Der ehemalige Bayern-Profi Thorsten Fink beerbte den schmucklosen Jürgen Press auf der Trainerbank.

    All dies brachte nicht den gewünschten Erfolg. Sportlich ging es fast so schnell wieder bergab wie es zuvor bergauf gegangen war. Selbst die attraktiven Derbys gegen Nürnberg und die Münchner Löwen fanden nur deshalb vor vollen Rängen statt, weil die Gäste tausende Fans mitbrachten. Die Entscheidungen, lange an Fink festzuhalten und dann ausgerechnet den alternden Horst Köppel als Trainer für den Neuaufbau zu engagieren waren falsch. Erst unter dem jungen Michael Wiesinger ging es wieder aufwärts.

    Jetzt schickt sich der FCI an, in die zweite Bundesliga zurück zu kehren, im Sommer wird das neue Stadion fertig. Ob der junge Verein nun den Aufstieg verdient hat? Diese Frage lässt sich trotz all dieser Argumente nicht beantworten. Ohnehin kann nur die Mannschaft die Antwort geben. Rein sportlich betrachtet steckt in ihr genügend Qualität, um der tristen 3. Liga zu entfliehen.

    Das Umfeld dagegen ist (noch) nicht reif für die zweite Bundesliga. Es bleibt die Frage, ob der FCI kommende Saison in seinem neuen Stadion vor mehr Zuschauern spielen wird. Mit Blick auf die Finanzen ist der Verein zum Aufstieg verdammt - wenn nicht in dieser Saison, dann doch spätesten in der kommenden. Über viele Jahre wird der FCI die Schulden für sein neues Stadion abstottern müssen. Mit den zusätzlichen Millionen aus dem Topf der Fernsehgelder wäre dies natürlich deutlich leichter zu bewerkstelligen.

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