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WM: Fechten: Eine Sportart hat sich verabschiedet

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Fechten: Eine Sportart hat sich verabschiedet

Tilmann Mehl
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    Ein Bild aus glücklicheren Tagen: Anja Fichtel mit Trainer Emil Beck.
    Ein Bild aus glücklicheren Tagen: Anja Fichtel mit Trainer Emil Beck. Foto: dpa

    Schuld waren d’Artagnan und seine drei Freunde Athos, Porthos und Aramis – allesamt Musketiere. Nur weil der Deutsche Emil Beck im Kino saß und sah, wie die eleganten Franzosen auf Treppen und Brücken schwungvoll den Degen durch die Luft sausen ließen, fand Tauberbischofsheim den Weg auf die Landkarte der Sporbegeisterten. Es liegt dort – anders als im deutschen Autobahn-Atlas – neben Kerpen, Brühl und Leimen.

    Städtchen, die ohne ihre bekanntesten Söhne oder Töchter bis auf die jeweiligen Einwohner kaum jemand kennen würde. Emil Beck fand Gefallen am Fechten. Er gründete in Tauberbischofsheim einen Verein, der Jahrzehnte später als Hort etlicher olympischer Medaillen gelten sollte. Die Nischensportart blieb weiterhin Nischensportart. Kinder griffen nicht zu Tausenden zu Degen oder Florett. Aber Anja Fichtel, die kannte jeder. Sabina Bau ebenfalls. Und wer bitte kann jemals den Namen Zita Funkenhauser vergessen, der ihn schon mal gehört hat? Gold, Silber und Bronze in Seoul 1988. Der größte deutsche Fecht-Erfolg aller Zeiten.

    Gestern ist der letzte deutsche Fechter bei der Weltmeisterschaft im chinesischen Wuxi ausgeschieden. Das Team fliegt ohne WM-Medaille nach Hause, erstmals seit 1971. Die Olympischen Spiele vor zwei Jahren verließ die Mannschaft auch schon ohne Edelmetall. Das deutsche Fechten steckt in der Krise. Es interessiert nur niemanden.

    Beck starb 2006. Aber immer noch ist er das Synonym für den Fechtsport hierzulande. Britta Heidemann, Imke Duplitzer oder Peter Joppich feierten zwar später noch Erfolge, die große Zeit des Fechtens aber ist vorbei. So wie keine Mantel- und Degen-Filme mehr produziert werden, haben Florett und Säbel aus deutscher Sicht keine Bedeutung mehr für den Medaillenspiegel. Tauberbischofsheim war mal der Nabel der Fechtwelt. Mittlerweile ist es eine 13 000-Einwohner-Stadt in Baden-Württemberg. Leimen allerdings hat auch schon lange keinen Wimbledonsieger mehr hervorgebracht.

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