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Biathlon: „Ich hab’s vergeigt“

Biathlon

„Ich hab’s vergeigt“

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    In der Ungewissheit ist es unmöglich, noch ein Gespür für die Zeit zu haben. Eine gefühlte Ewigkeit stehen sie da. Alle. Tippeln umher. Eingesperrt im Innenraum wie nervöse Rinder. Es läuft ein Protest. Eingelegt von der deutschen Mannschaftsführung. Dominik Windisch, Italiens Schlussmann, hatte sich im Zielsprint der Mixed-Staffel zwei Korridore offengehalten, statt sich für einen zu entscheiden. Der Biathlon-Weltverband IBU sagt nach einer halben Stunde Beratung: Protest abgewiesen. Begründet es damit, der Deutsche habe kein Tempo verloren. Aus der Sicht von Arnd Peiffer, dem Leidtragenden, eine blöde, da unfaire und unlogische Entscheidung.

    Es bleibt dabei: Italien jubelt über Bronze hinter Frankreich und Norwegen, das deutsche Team mit der tadellosen Vanessa Hinz, der laufstarken Laura Dahlmeier, einem souveränen Erik Lesser und dem untröstlichen Arnd Peiffer wird Vierter. Geschlagen. Geplättet. Gefrustet.

    Allen voran der 30-jährige Peiffer, der erst am Mittag erfahren hatte, dass er für den angeschlagenen Simon Schempp ins Quartett rutscht. „Das alles ändert letztlich nichts daran, dass ich es vergeigt habe“, sagt Arnd Peiffer. „Und zwar sowohl auf der Strecke als auch am Schießstand.“ Alle Trümpfe in der Hand zu haben und nichts daraus gemacht zu haben, das wurmt ihn am meisten. Die Sache mit dem Zielsprint kommt obendrauf. „Das lenkt aber nicht davon ab, dass ich es versaut habe.“ Selbstkritik eines Supertraurigen.

    Schimpfen ist das Ventil für Erik Lesser. Er hat wieder die Holzmedaille. Wieder Blech und feuchte Augen. „Das ist normalerweise eine Disqualifikation“, wettert er. „Das müssen wir akzeptieren“, meint hingegen Bundestrainer Gerald Hönig. Weil Drumrumreden nicht hilft, drückt es Laura Dahlmeier auf gut Deutsch aus: „Für den Arnd ist es ein Scheißtag.“ Sie flüchtet sich in die Hoffnung. Morgen (12.15 Uhr) steht die Staffel an, da greift sie wieder an. Arnd Peiffer aber mag sich nur verkriechen. Am liebsten wegbeamen von diesem Ort. Weniger, um besser mit der Enttäuschung klarzukommen, weil er im Stehendanschlag erst das Nervenflattern, dann den Körper nicht mehr unter Kontrolle bekam. Mehr aus Gram, den anderen die große Sause und die Chance auf Gold vermasselt zu haben. Der Blick in die Gesichter verrät die Gefühlswelten. Peiffer sackt gleich nach dem verlorenen Zielsprint in sich zusammen.

    Schon als er sich nach dem Stehendschießen in die Strafrunde aufmacht, diese verdammt bitteren Extrameter skatet, treibt es ihm Wut und Frust in die Augen. Hölzern fühlt er sich im Laufen, am Schießstand spürt er „wahnsinnig viel Bewegung auf der Waffe“. Der Könner kann es sich nicht erklären, sagt daher nur: „Es tut mir wahnsinnig leid für meine drei Mitstreiter, die einen super Job gemacht haben. Ich hätte es gerne gesehen, dass sie belohnt werden. Ich habe es mit meiner Leistung verhindert.“

    Die Mixed-Staffel wurde früher belächelt. Inzwischen ist die jüngste olympische Disziplin im Biathlon umkämpfter als andere Formate. Es gelingt vielen Nationen, je zwei starke Frauen und Männer aufzustellen. Entsprechend prominent liest sich die Startliste. Fourcade, Svendsen, Bö, Domratschewa, alle sind sie da. „Für viele ist es ein Highlight im gesamten Programm“, sagt Gerald Hönig. Alle pokern, halten ihre Aufstellung bis zuletzt geheim. Auch die Deutschen warteten bis nach dem letzten Training, um Klarheit zu haben, ob sich Laura Dahlmeier, Hönigs stärkste Waffe, fit genug fühlt. Dann plagten Simon Schempp Halsschmerzen, er verzichtete. Peiffer war Plan B.

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